„Die großen Kirchen haben sich in einem elitären Elfenbeinturm verschanzt“
Ein Leserbrief des ehemaligen Pfarrers Sebastian Schulte in der „Pforzheimer Zeitung“ macht seit einigen Tagen in den sozialen Netzwerken die Runde. Schulte teilte anlässlich des ersten Christopher Street Day (CSD) in der badischen 127.000-Einwohnerstadt mächtig gegen die evangelische Kirche aus.
Auch die Pfarrerin und Dekanin Christiane Quincke bedachte er mit Kritik: Schulte warf ihr anlässlich ihrer Schirmherrschaft beim CSD Heuchelei und Bigotterie vor: Sie habe sich „für politische Zwecke instrumentalisieren“ lassen. Während der Corona-Zeit habe Quincke ihre Rolle als „Hirtin“ dagegen alles andere als angemessen ausgefüllt. Mit strikter Ausgrenzung ungeimpfter Menschen per 2G-Regel habe sie „ihre Schafe verlassen und sich am Ende selbst geweidet“. Eine öffentliche Entschuldigung sei „mehr als angebracht“, meint Schulte.
Die Epoch Times bat beide evangelische Theologen um ein schriftliches Interview.
Herr Schulte, wie wurden Sie Seelsorger? Was trieb beziehungsweise treibt Sie an?
Meine Biografie finden Sie im Detail unter „Lebenshaus.net“. Ich wurde stets von meinem Credo angeleitet, Gott dienen zu wollen, wenn möglich, in einer Kirche. In einer Kirche im wahren Sinn, die sich als Zeuge des Evangeliums versteht und die Botschaft Christi nicht nur verkündet, sondern den Heiligen Geist auch lebendig vergegenwärtigt. So gesehen scheint mir, als wolle Gott derzeit meinen Dienst außerhalb der großen Kirchen.
Was waren Ursache und Anlass dafür, dass Sie nicht mehr für die badische Landeskirche arbeiten und sogar aus der Kirche ausgetreten sind?
Am 12. Februar 2022 hielt ich eine Rede, in der ich mich zu meinem Kirchenaustritt erklärt habe. Sie finden Sie in voller Länge auf Telegram. In aller Kürze: Es war für mich unerträglich, mit ansehen zu müssen, wie unmenschlich sich die Kirche und ihre Kirchenvertreter gegenüber den ihnen anvertrauten Menschen in der Corona-Zeit verhalten haben.
Es gibt unzählige Geschichten und Berichte, wie die großen Kirchen und ihre Kirchenverantwortlichen sich gegen das Gebot der Nächstenliebe verhalten haben. Die Kirchen haben sich dadurch unglaubwürdig gemacht, in Bezug auf die christliche Frohe Botschaft, die sie ja eigentlich verkünden möchten.
Die Geschichte einer fast 90-jährigen Dame, die ich in meiner oben genannten Rede erwähne, welcher der Zutritt zu der Gemeindeversammlung verwehrt wurde, weil sie ihren Impfpass vergessen hatte und darum in der Kälte draußen zwei Stunden warten musste – das war bei mir der Tropfen, der mein persönliches Fass endgültig zum Überlaufen gebracht hat.
Sie arbeiten heute auch als Trauerredner. Worin besteht Ihre Arbeit sonst noch?
Ich arbeite als freier Seelsorger und begleite Menschen auf den entscheidenden Abschnitten ihres Lebens. Das können Krisen sein, Krankheiten oder Konflikte, Verlusterfahrungen und Trauersituationen. Aber auch freudige Ereignisse wie Hochzeiten, Jubiläen, Kindersegnungen und anderes mehr.
Neben meiner seelsorglichen Arbeit bin ich zudem im gesundheitlichen Bereich als Heilpraktiker tätig. Wobei ich diese beiden Aspekte (genau genommen sind es drei, nämlich Körper, Geist und Seele) in engem Zusammenhang sehe. Um wirklich zu gesunden, braucht es die Bereitschaft des Menschen, in Lebensveränderungen einzuwilligen.
Hierzu wiederum ist es notwendig, die eigentlichen zugrundeliegenden Ursachen zu erforschen, die ein Gesundsein, ein Gesundwerden verhindern. Dadurch werden Grundlagen eröffnet, die zurück auf einen gesunden Lebensweg führen können. So gesehen sehe ich mich durchaus in einer ganzheitlichen Betrachtungsweise als „Seelenheilpraktiker“.
Haben Sie persönlich schon Feedback – positiv oder negativ – zu Ihrem Leserbrief erhalten?
Es ist gut möglich, dass nicht jedem mein Leserbrief gefallen haben mag. Persönlich erreichen mich derzeit jedoch ausschließlich positive Rückmeldungen – überregional aus ganz Deutschland und vereinzelt sogar aus dem Ausland. Ich bin überrascht, dass mein Leserbrief eine so weite Verbreitung findet und bei so vielen Menschen auf Zustimmung stößt.
Sie kritisieren in Ihrem Leserbrief, dass die evangelische Kirche in Deutschland sich durch „Heuchelei“ hervortue und sich für politische Zwecke instrumentalisieren lasse. Die Kirche sei sogar ein „Meister“ darin. Woran machen Sie das fest?
Jesus Christus, wie er im Neuen Testament beschrieben wird, zeigt sich durchweg als DIE irdische Verkörperung Gottes bedingungsloser Liebe zu den Menschen. Er ekelte sich nicht vor Aussätzigen und hatte keine Angst vor dem Tod, er traf sich mit den „Schmuddelkindern“ seiner Zeit: den Prostituierten, den Geldeintreibern, denen, die keine Fürsprecher hatten, den sozialen Randgruppen, den „kleinen Leuten“ eben.
Wegen seiner offensichtlich guten Taten folgten ihm die Menschen nach. Wegen seiner einleuchtenden, erleuchtenden Heilsbotschaft vereinte er große Menschengruppen hinter sich, ohne jedoch je „populistisch“ zu sein. Jesus Christus wollte und will Menschen zu ihrem Glück und Heil erwecken, ausschließlich freiwillig und als Geschenk, niemals mit Zwang oder Druck. Das stand schon zu seiner Zeit in Widerspruch zu den Machterhaltungszielen der damaligen geistlichen und politischen Elite: Pharisäer und Schriftgelehrte und letztlich auch die römische Besatzungsmacht im Land hatten sich in einer für sie selbst zuträglichen Weise miteinander arrangiert und die Menschen in Unfreiheit und Unmündigkeit gehalten.
Und heute ist es aus meiner Sicht nicht anders: Die großen Kirchen haben sich nach meinem Dafürhalten in großen Teilen von ihrer eigentlich dienenden Aufgaben am Menschen weit entfernt. Sie haben sich in einem elitären Elfenbeinturm verschanzt, der sich mehr darum sorgt, die eigene Institution durch Anpassung an den aktuellen Zeitgeist und die temporäre Politelite zu untermauern, als die eigentliche Botschaft Gottes zu verkünden und als Kirche Gottes authentisch vorzuleben.
Dabei wird in einer Vermischung von kirchlicher Autorität und modern-theologischem „Expertenwissen“ das Wort Christi teilweise bis zur Unkenntlichkeit verdreht, verfälscht, zeitgeistlich fehlinterpretiert oder ganz verschwiegen. Denken Sie nur an Sätze wie „Jesus hätte seine Großmutter auch nicht besucht“, „Gott ist queer“, „Impfen ist Nächstenliebe“, „Jesus hätte Waffen geschickt“ und so weiter.
Als „Institution des Glaubens“ haben es die Kirchen hier mittlerweile zu einer sehr ambivalenten Meisterschaft gebracht und bemerken dabei nicht einmal (obwohl: Vielleicht bemerken sie es mittlerweile doch, denn die Zahl der Kirchenaustritte ist spektakulär), wie die Widersprüche zwischen der eigentlichen biblischen Botschaft Christi und ihrer an den Zeitgeist angepassten Predigt die Menschen verwirrt, ja sogar abstößt.
Man nehme nur einmal die beiden Schöpfungserzählungen am Anfang der Bibel: Hier wird klar und deutlich das christliche Menschenbild umrissen und definiert. Leider passt das aber nicht mehr in unseren heutigen Weltanschauungskatalog und so kommt es, dass „moderne“ Pfarrer heute nahezu ausnahmslos gegen die Bibel predigen und die Bibel politisch-korrekt uminterpretieren. Das kann die Menschen aber letztlich nur verwirren und führt am Ende dazu, dass Kirche und – was viel schlimmer ist – der Glaube der Menschen geschwächt wird!
Es darf nicht Aufgabe einer christlichen Kirche sein, das Wort Gottes populistisch dem Werteschema und den Machtverhältnissen einer Zeitepoche anzupassen, sondern es ist Aufgabe der Kirchen, vom Wort Gottes her zu predigen, hin zur Umkehr des Einzelnen. Biblisch-konkret bedeutet das: die Abkehr von der Sünde und die Hinwendung zum Evangelium, zur Freiheit in Jesus Christus.
Sie schreiben, dass innerhalb der Kirche „mahnende Stimmen“ mundtot gemacht würden. Was meinen Sie genau damit?
Die heutige Kirche ehrt die Widerstandstheologen des Dritten Reichs, wie Dietrich Bonhoeffer, Karl Barth, Paul Schneider, Martin Niemöller und viele andere. Vollkommen zu Recht!
Gleichzeitig möchte ich anmerken, dass es ziemlich einfach ist, aus zeitlichem Abstand heraus im Nachhinein solidarisch mit den Opfern dieser schrecklichen Diktatur zu sein. Die oben genannten Widerstandstheologen wurden in ihrer Zeit verfolgt und angefeindet. Dietrich Bonhoeffer wurde 1945 aufgrund seiner Widerständigkeit gegen das Unrechtsregime sogar erhängt. Und die Kirche damals stand nicht (!!!) hinter diesen mutigen Menschen, nein, sie hat sie sogar mit Predigtverboten überzogen, ausgeschlossen und zum Teil selbst ans Messer geliefert. Sie hat sie an die Behörden verraten, was einer Inhaftierung gleichkam und in der Folge Folter, Benachteiligung der Familien und nicht selten die Ermordung der kritischen Menschen zur Folge hatte.
Ich finde – ohne unsere jetzige Zeit direkt mit der NS-Zeit vergleichen zu wollen –, dass die Kirchen aus diesen dunklen Zeiten hätten lernen sollen, mahnende Stimmen in ihren Kreisen zu hören, zu schützen und sie als Mitglied ihrer Gemeinschaft zu schätzen, anstatt sofort dem Impuls nachzugeben, diese für das aktuelle weltliche Narrativ zu opfern, wie es in der Corona-Zeit eben wieder passiert ist.
Ohne selbst wirklich „widerständig“ gewesen zu sein, wurde ich als Pfarrer dauerhaft aus dem kirchlichen Dienst entfernt, nur weil ich zu Beginn der hereinbrechenden Corona-Krise der Meinung war, dass man nicht einfach dem medialen Narrativ blind folgen, sondern auch eigenständig reflektieren und alternative Quellen zur Urteilsfindung heranziehen sollte. Anderen Kollegen ging es ähnlich wie mir, wobei ich erschüttert bin, wie wenige sich tatsächlich mit kritischen Fragen beschäftigt haben.
Mein Erkenntnisgewinn ist folgender:
- Die Kirche erlaubt Fragen, aber nicht „die falschen Fragen zur falschen Zeit“.
- Die Kirche ehrt den christlichen Widerstand gegen Unrecht, aber am liebsten, wenn das Unrecht schon vorbei ist oder wenn es in anderen Ländern geschieht, die weit weg sind.
- Die Kirche erlaubt Kritik, aber nur von bestimmten Meinungen.
- Die Kirche entscheidet am Ende, was im christlichen Kontext „richtig“ und was „falsch“ ist, gerne in Kooperation mit den aktuellen Machtverhältnissen in Politik und Medien.
Wenn ich richtig informiert bin, sprechen Sie konkret das Verhalten der Dekanin Quincke beim CSD Pforzheim an. Dabei hatte sie als Co-Schirmherrin eine Rede gehalten. Was genau hat sie ihrer Meinung nach falsch gemacht?
Ich schreibe von Frau Dekanin Christiane Quincke nicht in erster Linie als Einzelperson, sondern Pars pro Toto als „Vertreterin ihrer Zunft“ sozusagen. An ihr beziehungsweise an ihrem Verhalten zeigt sich sinnbildlich, was so sehr schiefläuft in den Amtskirchen.
Es ist natürlich ihr gutes Recht, sich als Privatperson für die Interessen von Minderheiten einzusetzen. Es gibt so viele Minderheiten in unserer Gesellschaft, die unserer Unterstützung wert sind. Als Amtsperson und als Vertreterin der Kirche muss sie sich jedoch die Kritik gefallen lassen, dass sie mit zweifelhaftem zweierlei Maß bewertet.
Man kann es durchaus als zeitgeistlichen „Gratismut“ bewerten, ein aktuell von den Medien positiv besetztes gesellschaftliches Thema wie die Integration von einer kleinen Minderheit von „queeren“ Menschen zu thematisieren, wenn man doch – noch vor kurzer Zeit – mit der Stigmatisierung und Ausgrenzung von einer großen Minderheit – den Corona-Maßnahmen-Skeptikern – keinerlei Problem hatte!
Wenn man kein Problem damit hatte, alte Menschen alleine zu lassen, kein Problem damit hatte, Kinder in Isolation zwangsläufig ihren gewalttätigen Eltern zu überlassen, kein Problem damit hatte, sogar an Weihnachten (was für eine zynische Ironie in Bezug auf die Weihnachtsgeschichte!!!) Menschen aus der Kirche auszuschließen. Kein Problem damit hatte, sich unbequemer, kritischer Fragensteller aus den eigenen Reihen zu entledigen und so weiter und so fort.
Wenn Kirche zum bloßen Trittbrettfahrertum zeitgeistlicher Themen verkommt, dann muss sie sich den Vorwurf der Heuchelei aus meiner Sicht durchaus gefallen lassen. Kirche und ihre Amtsträger müssen Zeichen gelebter Nächstenliebe in sämtlichen Bereichen, zu aller Zeit und für alle Menschen sein, sonst wirkt sie „scheinheilig“ und die Menschen suchen an anderen Orten nach einer geistlichen Heimat.
Sie wünschen sich auch eine Entschuldigung von Frau Dekanin Quincke: Während der Corona-Zeit habe sie als „Hirtin“ „ihre Schafe verlassen und sich am Ende selbst geweidet“. Was meinen Sie damit?
Ich habe bewusst dieses biblische Motiv aus Hesekiel 34 gewählt, das im Grunde für sich selbst spricht. Wer Augen und Ohren hat, der sieht und hört:
„So spricht Gott der HERR: Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden? 3 Aber ihr esst das Fett und kleidet euch mit der Wolle und schlachtet das Gemästete, aber die Schafe wollt ihr nicht weiden. 4 Das Schwache stärkt ihr nicht, und das Kranke heilt ihr nicht, das Verwundete verbindet ihr nicht, das Verirrte holt ihr nicht zurück und das Verlorene sucht ihr nicht; das Starke aber tretet ihr nieder mit Gewalt. 5 Und meine Schafe sind zerstreut, weil sie keinen Hirten haben, und sind allen wilden Tieren zum Fraß geworden und zerstreut. 6 Sie irren umher auf allen Bergen und auf allen hohen Hügeln und sind über das ganze Land zerstreut, und niemand ist da, der nach ihnen fragt oder auf sie achtet.“
Landeskirchliche Pfarrer haben einen sehr guten Lohn (ab A13). Kirchenmitglieder ermöglichen dies mit dem Großteil ihrer entrichteten Kirchensteuer. Ich sehe die Höhe der Pfarrergehälter durchaus als gerechtfertigt an, denn Pfarrer tragen den ihnen anvertrauten Menschen gegenüber eine sehr hohe Verantwortung und auch ihre körperliche und mentale Belastung, die mit ihrem Beruf einhergeht, ist naturgemäß sehr hoch.
Dies trifft allerdings nur zu, wenn man diesen Verpflichtungen tatsächlich auch nachkommt. Eine Kurzarbeit-Regelung oder Gehaltskürzung für Pfarrer gab es zu Corona-Zeiten nämlich nicht – und das, obwohl keine Krankenbesuche gemacht wurden, keine Sterbebegleitung stattfand, keine Angehörigen betreut wurden, Hochzeiten oder Taufen eingeschränkt waren, der Religions- und Konfirmationsunterricht ausgefallen ist, keine Konvente und Synoden stattfanden etc.
Es wurde zwar versucht, einiges in den virtuellen Bereich zu verlagern und damit auch Arbeitszeit verbraucht. Aber sind wir doch mal ehrlich: Wollen Sie, dass Sie jemand per Zoom-Call übers Internet in den letzten Stunden Ihres Lebens begleitet? Wer soll Ihre Hand halten? Wer Ihnen die Hände auf die Stirn legen? In diesem extremen Beispiel zeigt sich, wie absurd das Ganze ist!
Gerade das Christentum lebt doch von der leiblichen Realpräsenz glaubender Menschen, in welcher der Geist Gottes überhaupt erst wirksam werden kann. Wir sollten uns nichts vormachen: Das Internet schadet uns in dieser Hinsicht massiv, weil es vorgaukelt, wir hätten einen gleichwertigen Ersatz (Beispiel: Internetgottesdienste usw.), der es aber nie sein oder werden kann – solange wir Menschen sind. Wir sind als Menschen eben Körper, Seele und Geist. Alle drei Ebenen unserer Existenz sind gleich wichtig und es darf keine auf Kosten der anderen ausgeklammert werden.
Deshalb trifft das Wort Hesekiels auch auf die heutigen Pfarrer zu, die sich sagen lassen müssen: „Das Schwache stärkt ihr nicht und das Kranke heilt ihr nicht […] und meine Schafe sind verstreut, weil sie keinen Hirten haben.“
Hat sich Frau Dekanin Quincke bereits bei Ihnen gemeldet?
Nein.
Sie wünschen sich offensichtlich eine Aufarbeitung der Corona-Zeit. Warum?
An dieser Stelle würde ich nicht so weit gehen wollen wie Peter Hahne („Ich möchte Handschellen klicken hören“, Video auf „YouTube“), denn ich denke, darum müssen und werden sich die Juristen kümmern.
Es ist nicht mein persönliches Anliegen, Menschen oder Institutionen bestrafen zu wollen. Als Seelsorger und Heilpraktiker weiß ich jedoch, dass echte Veränderung und Neubeginn nicht ohne Aufarbeitung möglich sein kann. Ohne Einsicht – und die Einsicht kommt meist auch nicht ohne Reue – sind wir dazu gezwungen, die gleichen Fehler immer und immer wieder zu wiederholen. Vielleicht in einem anderen Gewand, mit anderem Vorzeichen, aber es werden dieselben Fehler sein.
Derzeit wird überall so getan, als hätte es die Corona-Zeit nie gegeben, als wäre das, was damals vorgefallen ist, nur ein schlimmer Traum gewesen. Aber es war die Realität. Menschen sind gegen andere Menschen vorgegangen, haben ihre berufliche Existenz verloren, wurden ausgegrenzt, diffamiert, verfolgt, verklagt, eingesperrt. Nur weil sie es gewagt haben, dem offiziellen Narrativ (öffentlich) zu widersprechen. Das darf und sollte nie wieder passieren.
Es wird aber wieder passieren, wenn wir die Wurzel des Problems nicht erkennen: die Angst. Angst ist die „Ursünde“ seit der Vertreibung aus dem Paradies. Der Mensch fürchtet sich, ist allein, kämpft gegen diese Welt und findet seinen Platz nicht. Hier hat die Kirche – die Gottes Wort verwalten und verkündigen sollte – die beste Botschaft der Welt: FÜRCHTET EUCH NICHT! Dieses Wort kommt hundertfach in der Bibel vor. Gott möchte uns die Angst nehmen und er nimmt sie uns auch, wenn wir von Herzen an ihn glauben.
In der Kirche brauchen wir also dringend eine neue Reformation: Wir müssen uns wieder von Herzen, das heißt glaubend, Gott und seinem Wort zuwenden und uns von IHM belehren und ausrichten lassen – sonst wird sich bei allen menschlichen Bemühungen niemals etwas ändern.
Was müsste geschehen, damit Sie sich wieder mit der evangelischen Kirche versöhnen würden?
Wie in der Bibel beschrieben, kann nur ein guter Baum gute Früchte bringen. Ein schlechter Baum bringt schlechte Frucht. Oder anders ausgedrückt: „Nicht an ihren Worten, sondern an ihren Werken sollt ihr sie erkennen“.
Es geht mir persönlich um das Bestreben, überhaupt erst ein guter Baum sein zu wollen. Erst auf dieser Basis kann ein gelingendes Leben, ein dienendes Leben entstehen. Das gilt für die Kirche, die Gesellschaft im allgemeinen, für mich, Dich, für uns alle. Die Wurzeln und die Kraft dieses Baumes heißen: WAHRHEIT und LIEBE.
Die Wahrheit muss man verstehen als die Erkenntnis, dass wir alle – ausnahmslos – von Natur aus „Irrende“ und darum im biblischen Sinne Sünder sind. Nur diese Erkenntnis kann uns zu der notwendigen Demut zurückführen, die eine Herzens- und dadurch Verhaltensänderung zu einem besseren Leben – persönlich für uns selbst und dann auch für unsere Welt – ermöglicht.
Nur die Wahrheit – und die Wahrheit allein – sollte unsere Richtschnur sein, denn nur die Wahrheit wird uns letztlich frei machen. Alles andere wäre oberflächlich. Es wäre Symptombehandlung ohne Ursachenbehebung. Es wäre Schönfärberei, Heuchelei oder im biblischen Bild: eine schlechte Frucht von einem schlechten Baum.
Und Liebe ist das, worum es letztlich überhaupt geht. Wir Menschen sind Geschöpfe, die aus Liebe geschaffen wurden. Allerdings sind wir in eine Welt geworfen, in der das Geld und nicht die Liebe regiert. Es geht also um den revolutionärsten Paradigmenwechsel aller Zeiten – und dieser kann nur im eigenen Herzen beginnen, dass in meinem Leben wieder die Liebe und nicht das Geld (und die daraus folgenden Ableitungen: Zweckmäßigkeit, Gier, Geiz, Mangeldenken etc.) regiert. Dies wünsche ich mir weiterhin für mich, für die Kirche – und für diese Welt. Dann wird Versöhnung geschehen, Wahrheit und Frieden regieren und die Liebe Gott mitten unter den Menschen wohnen. Dazu helfe uns Gott in seiner Gnade. Amen.
Herr Schulte, vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Patrick Reitler.
Die Epoch Times hatte auch die Dekanin der Evangelischen Kirche Pforzheim um eine Stellungnahme gebeten. Bis zum Redaktionsschluss blieben die Fragen aber unbeantwortet.
Stattdessen erreichte uns am 26. Juli eine neue Nachricht von Sebastian Schulte: Er sei inzwischen von der Kirche aufgefordert worden, zwei seiner älteren Videos auf YouTube zu löschen, die Predigten enthielten, die er „noch als Pfarrer in Pforzheim gehalten“ habe. Darin sei es um Bibelworte aus den Kapiteln „Johannes 9“ und „Jeremia 1,4-10“ gegangen. Als Begründung habe die Kirche ihm mitgeteilt, dass er ja mittlerweile „gegen“ die Kirche sei und es deshalb auch keine öffentlich abrufbaren Videos mehr geben sollte, bei denen er „als Pfarrer in der Kirche zu sehen“ sei.
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