Datenschutzbeschwerden: Videotechnik ist grundsätzlich nur im Ausnahmefall zulässig
Der Sommerurlaub ist vorbei. Der eine oder andere Urlaubsreisende, der im Land unterwegs war, in den Bergen oder an der Küste, hat vielleicht erstmals mit einem neuen Parkplatzsystem Bekanntschaft gemacht. Eines, welches via Kennzeichenerkennung die minutengenaue Parkzeit abrechnen kann, welche an einem Terminal per kontaktlosem bargeldlosem Bezahlvorgang abgerechnet wird.
Eine ganze Reihe von Unternehmen bieten örtlichen Parkplatzbesitzern eine solche Parkplatzbetreuung via Kennzeichenerkennung an. So wirbt etwa das Unternehmen „Parkdepot“ mit dem Slogan: „Ihre Parkfläche kann mehr“.
Umfängliche Datenanalyse möglich
Da ist von einer „ganzheitlichen Technologie“ die Rede und davon, dass man Kunden so ein „ticketloses Parkerlebnis“ sowie die Möglichkeit biete, flexibel zu bezahlen. Und wenn jemand nicht bezahle, sei das schnell feststell- und verfolgbar: „Unverhältnismäßige Parkvorgänge werden identifiziert und Nichtkunden herausgefiltert.“
Auch weitere Möglichkeiten werden vom Unternehmen in Aussicht gestellt. Die Angebote der Anbieter sind vergleichbar. So wird darauf hingewiesen, dass auch eine umfängliche Datenanalyse möglich sei: „Unser Dashboard ermöglicht Ihnen neue Einblicke zu Stoßzeiten, Einkaufsdauer und Herkunft Ihrer Kundschaft.“
Epoch Times will wissen, wie es dabei mit dem Datenschutz aussieht. Denn grundsätzlich entstehen hier Bewegungsprofile via KfZ-Kennzeichen. Und ebenso können diesen Bewegungen über die kontaktlosen Bezahlsysteme Personen zugeordnet werden, die das entsprechende Fahrzeug real gefahren haben.
Bei den unterschiedlichen Anbietern heißt es dazu immer wieder, man behandle die gewonnenen Daten stets vertraulich und gewährleiste eine DSGVO-konforme Verarbeitung.
Neben einem Komplettpaket des Anbieters gegen eine entsprechende Beiteilung an den Parkeinnahmen kann die Technik der KFZ-Kennzeichenerkennung auch bei entsprechenden Anbietern eingekauft und auf eigene Rechnung installiert werden.
Einwilligung in Kennzeichenerfassung gestaltet sich schwierig
Wie sieht es hier mit dem Datenschutz aus? Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) verweist gegenüber Epoch Times zunächst darauf, dass der Datenschutz in Deutschland föderal organisiert sei. Auch deshalb seien grundsätzlich die jeweiligen Landesbeauftragten für den Datenschutz zuständig.
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages befasste sich Mitte 2023 über 14 Seiten hinweg umfassend mit den datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Kennzeichenerfassung in Parkhäusern.
Dort heißt es unter anderem zu den einzuhaltenden datenschutzrechtlichen Vorgaben (S. 14): „Willigen Betroffene in den Einsatz der automatisierten Kennzeichenerfassung ein, so muss der Verantwortliche das Vorliegen der Einwilligung gemäß Art. 7 Abs. 1 DS-GVO nachweisen und die Betroffenen vor Abgabe der Einwilligung gemäß Art. 7 Abs. 3 DS-GVO über ihr Recht auf Widerruf in Kenntnis setzen. Der Verantwortliche muss die Betroffenen vor Beginn der Datenverarbeitung zudem über ihre Rechte aus den Art. 12 ff. DS-GVO – etwa auf Auskunft, Berichtigung, Löschung oder Widerspruch – informieren.“
Das allerdings gestaltet sich schwierig, wenn der Fahrzeughalter auf einen Parkplatz fährt, dort parkt und nach individueller Parkdauer diesen Parkplatz wieder verlässt.
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages weist darauf hin, dass, wenn das Entgelt für den PKW-Stellplatz entrichtet wurde, die erhobenen Daten im Zusammenhang mit der Kennzeichenerfassung grundsätzlich nicht mehr benötigt und daher zu löschen seien. Anders wäre dies nur dann zu beurteilen, heißt es weiter, „wenn die Daten – etwa zum Zweck der Beitreibung ausstehender Entgelte oder bei Verdacht auf Betrug – noch zu Beweiszwecken oder zur Rechtsverfolgung benötigt würden.“
In Bayern bisher keine Beschwerden bekannt
Epoch Times wollte bei seinen Anfragen an die Datenschutzbeauftragten auch wissen, ob es bereits zu Anfragen von Sicherheitsbehörden an die entsprechenden Anbieter solcher Kennzeichenerkennungssysteme gekommen sei.
Der bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz antwortet zur Frage nach so einem Auskunftsbegehren der Polizei oder von Verfassungsschutzbehörden, „dass die jeweiligen Fachgesetze regelmäßig Erhebungsbefugnisse vorsehen, die es grundsätzlich auch ermöglichen können, personenbezogene Daten bei Parkplatzbetreibern anzufordern.“
Ob eine solche Datenerhebung zulässig sei, hänge allerdings von den Umständen des Einzelfalls ab. Datenschutzbeschwerden im Zusammenhang mit solchen Erhebungen durch die Bayerische Polizei oder das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz seien bislang allerdings nicht bekannt.
Einmal 2023 sei der Landesbeauftragte allerdings mit einer Eingabe befasst gewesen, „die eine Kennzeichenerfassung beim Betrieb einer kommunalen Parkeinrichtung betraf.“
Erfassungsbereich der Kameras muss begrenzt sein
Der niedersächsische Landesbeauftragte für Datenschutz antwortet ebenfalls umfangreich. Auf die Frage, inwieweit diese Erfassungssysteme ein Thema für den Datenschutzbeauftragten sind oder waren, heißt es aus Niedersachsen:
„Wir erhalten immer wieder Presseanfragen und gelegentlich auch Beschwerden zu Videoüberwachung im Umfeld von Geschäften, Kaufhäusern und Parkhäusern – darunter auch solche, bei denen es um Kennzeichenerfassung bei Parkplätzen geht. Deshalb haben wir ausführliche Informationen zum Thema Videoüberwachung auf unserer Homepage veröffentlicht.“
Der niedersächsische Datenschutzbeauftragte weist darauf hin, dass ein Verantwortlicher für den rechtmäßigen Einsatz von Videotechnik immer zuerst deren Erforderlichkeit prüfen müsse. Lasse sich nämlich der beabsichtigte Zweck auch mit einem anderen zumutbaren Mittel erreichen, das weniger in die Rechte von betroffenen Personen eingreift, ist die Videoüberwachung nicht erforderlich. Das allerdings spräche grundsätzlich gegen die Rechtmäßigkeit solcher Kennzeichenerkennungssysteme.
Und der Datenschutzbeauftragte gibt dazu explizit ein Beispiel: „Um zu verhindern, dass nachts Autofahrer auf dem Parkplatz eines Supermarktes parken, kann der Betreiber gegebenenfalls statt einer nächtlichen Videoüberwachung auch eine Schranke nutzen.“
Maßstab für derartige Abwägung seien die grundrechtlich geschützten Interessen der von der Videoüberwachung erfassten Personen. „Eine Videoüberwachung ist besonders dann als ein intensiver Eingriff in die Rechte der Betroffenen anzusehen, wenn diese sich normgerecht verhalten und damit keinen Anlass für eine Überwachung geben.“
Allerdings sei die Zulässigkeit einer Kennzeichenerfassung durch einen privaten Parkplatzbetreiber aus datenschutzrechtlicher Perspektive unter bestimmten eng gefassten Bedingungen grundsätzlich denkbar. So müsse sichergestellt werden, „dass durch die Kameras ausschließlich das erforderliche jeweilige Kfz-Kennzeichen an den Ein- und Ausfahrten zum Parkplatz fotografisch erfasst wird – und nicht angrenzende Bereiche.“
Der Datenschützer teilt weiter mit, dass auch zufällige Aufnahmen des Fahrzeugführers und der Insassen oder Personen, die sich im Umfeld des Fahrzeugs befinden, nicht erstellt werden dürfen. Der Erfassungsbereich der Kameras muss entsprechend begrenzt werden.
Das ist bei einem fahrenden Fahrzeug naturgemäß mit Schwierigkeiten verbunden. Auch müsse der Parkende nach Hinweis auf die Kennzeichenüberwachung noch die Gelegenheit haben umzukehren, um sich der Kennzeichenerfassung zu entziehen.
Über polizeiliche Auskunftsbegehren an die Betreiber oder solche von Behörden oder Diensten einschließlich BKA, Bundespolizei und Verfassungsschutz liegen dem niedersächsischen Datenschützer keine Informationen vor. Der Datenschutzbeauftragte verneint die Frage, ob er einen Datenmissbrauch durch die Betreiber ausschließen kann.
78 Beschwerden in 20 Monaten
Auch der nordrhein-westfälische Datenschützer beantwortet die Fragen von Epoch Times umfangreich. Systeme zur Kennzeichenerkennung bei der Parkplatzbelegung seien seit Jahren Gegenstand von Beschwerden: „Im Zeitraum von Januar 2023 bis Anfang September 2024 gingen dazu insgesamt 78 Beschwerden ein.“
In den meisten Fällen ginge es um die datenschutzrechtliche Zulässigkeit. Tatsächlich lägen der Schwerpunkt der Beschwerden „auf dem Erfassungsbereich der angebrachten Kameras, den Hinweisbeschilderungen, der Speicherdauer sowie teilweise auch auf der technischen Ausgestaltung der Kennzeichenerkennung.“
Laut Datenschutzbeauftragten wären in den meisten dieser Fälle Korrekturen des Kennzeichenerkennung-Systems vorgenommen worden. Ein Teil der Beschwerden habe sich auch gegen die Mahnschreiben der Betreiber gerichtet.
Der Datenschützer hat keine weiteren Erkenntnisse zu Datenmissbräuchen durch die Betreiber. Auch seien ihm polizeiliche oder anderweitige Auskunftsbegehren an die Betreiber nicht bekannt.
Maßnahmen umfassen alle Autofahrer
Insgesamt ist die Debatte um die Kennzeichenerkennung auf Parkplätzen stark von den Themen Datenschutz, Transparenz und Überwachung geprägt. Dabei ist die Parkplatzsituation nur ein kleiner Ausschnitt einer in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens zur Debatte stehenden Kameraüberwachung.
So müssen Nutzer deutscher Autobahnen standardmäßig damit rechnen, dass ihre KFZ-Zeichen an bestimmten Kontrollpunkten erfasst und gespeichert werden.
Die so gesammelten Daten werden explizit zur Gefahrabwehr und zur Strafverfolgung gesammelt. Die Kennzeichenerfassung ist hier ein Mittel der Wahl zur Kriminalitätsbekämpfung. Diese Maßnahmen umfassen alle Autofahrer, ganz gleich, ob sie verdächtig sind oder eben nicht.
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