Cybermobbing: So helfen Sie Kindern und Jugendlichen
Mobbing bezeichnet systematisches, wiederholtes Belästigen, Schikanieren oder Ausgrenzen einer Person, mit der Absicht, ihr zu schaden oder sie in eine psychisch belastende Situation zu bringen. Dies kann verbal durch Beleidigungen, physisch durch Schläge oder auf sozialer Ebene durch Isolation und Ausgrenzung geschehen. Mobbing tritt häufig in Umgebungen auf, in denen Menschen über einen längeren Zeitraum miteinander interagieren – wie am Arbeitsplatz, in Schulen, in Sportvereinen. Und im Internet.
Die asoziale Seite der sozialen Medien
Mit der zunehmenden Verbreitung von Internetnutzung und von sozialen Medien hat eine neue Form des Mobbings an Bedeutung gewonnen: das Cybermobbing.
Dabei nutzen die Täter digitale Kommunikationskanäle wie soziale Medien: Messaging-Dienste, Foren oder Onlinespiele, um ihre Opfer gezielt zu schikanieren. Dies kann durch beleidigende Nachrichten, öffentliche Bloßstellung, das Teilen von peinlichen Bildern, sowie durch die Verbreitung von Gerüchten geschehen.
Wenn Jugendliche von Mobbing betroffen sind, kann man davon ausgehen, dass dies sowohl analog (Mobbing) als auch digital (Cybermobbing) stattfindet, denn die analoge und digitale Welt von Kindern und Jugendlichen überschneiden sich nahtlos, so „Klicksafe.de“, die Informationen und Ratgeber zum Thema bereitstellen. Im Unterschied zum analogen Mobbing kann Cybermobbing schnell große Personenkreise erreichen und wirkt nachhaltig, weil das Netz nicht vergisst.
Die asoziale Seite der sozialen Medien – das Cybermobbing, benennt auch Professor Christoph Wewetzer, Leiter der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Köln bei einem Interview im „Deutschlandfunk“:
Mit ein paar Klicks kann ich da jemandem extrem schaden, sehr viel leichter, als das früher war. Was glauben Sie, was wir hier auch weibliche Jugendliche haben, die ihrem damaligen Freund irgendein Nacktbild geschickt hat, nachdem die Beziehung zu Ende gegangen ist, er das ins Netz gestellt hat. Und die Jugendliche sich danach so schämt, dass sie danach einen Suizidversuch macht.“
Internet als Mobbing-Tool: Bedrohung bis ins Kinderzimmer
Das Besondere und Bedrohliche an Cybermobbing ist die allgegenwärtige Verfügbarkeit und die scheinbare Anonymität der Täter. Im Gegensatz zu herkömmlichem Mobbing ist Cybermobbing nicht auf eine bestimmte Zeit oder einen Ort begrenzt. Betroffene können jederzeit – auch in den eigenen vier Wänden – mit der Schikane konfrontiert werden. Diese ständige Verfügbarkeit erhöht die psychische Belastung erheblich, da es für Opfer oft keinen „sicheren Ort“ gibt, an dem sie sich vor dem Mobbing zurückziehen können.
Zusätzlich sorgt die Möglichkeit der Anonymität im Internet dafür, dass Täter oft glauben, ohne Konsequenzen handeln zu können. Diese Anonymität führt dazu, dass Cybermobbing noch brutaler und direkter sein kann, da die Hemmschwelle niedriger ist als im direkten persönlichen Kontakt.
Jeder fünfte Schüler Opfer von Cybermobbing
Beinahe jede fünfte Schülerin bzw. jeder fünfte Schüler (16,7 Prozent) zwischen acht und 21 Jahren wurde bereits Opfer von Cybermobbing. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Cyberlife IV – Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern“ des Bündnisses gegen Cybermobbing.
Was aber konkret tun, um gegen eine Mobbingattacke vorzugehen? Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) widmet sich auf seiner Website dem Thema und schreibt hier als Tipp für Betroffene bzw. deren Erziehungsberechtigte:
Suchen Sie das Gespräch. Ein Großteil der Cybermobbing-Vorfälle hat seine Wurzeln im Alltag der Jugendlichen – deshalb sind häufig die Täter bekannt, auch wenn diese anonym agieren. Ist das der Fall, können Sie das Gespräch mit deren Eltern suchen oder auch mit der Schule. Wird das Mobbing erst einmal thematisiert, hören die Attacken oftmals schon auf.“
Eltern gefragt bei der Prävention
Bewusstheit für das Thema ist hier der Schlüssel, so das BMFSFJ. Kinder sollten ermutigt werden, sofort Hilfe zu suchen, wenn sie belästigt werden. Zudem sollten die Heranwachsenden frühzeitig lernen, welche Informationen sie im Internet teilen und wie sie sich in sozialen Medien schützen können. Der bewusste Umgang mit Passwörtern, die Nutzung von Privatsphäre-Einstellungen und die Begrenzung der persönlichen Interaktion auf vertrauenswürdige Kontakte können das Risiko reduzieren.
Eltern können mit ihren Kindern feste Regeln für die Nutzung von sozialen Netzwerken vereinbaren. Diese sollten beinhalten, nicht zu viele persönliche Informationen von sich preiszugeben und sich im Netz nicht auf Streitereien einzulassen, sich nicht provozieren zu lassen und auch nicht mitmachen, wenn andere jemanden übers Internet fertig machen wollen. Im Gegenteil, der Ratschlag an die Heranwachsenden ist:
Wenn Du eine Mobbing-Attacke beobachtest, dann hilf dem Opfer, indem Du einen Erwachsenen informierst!“
Handlungsbedarf: Plattformbetreiber in der Pflicht
Wenn es aber so weit gekommen ist, muss bei Cybermobbing konkret gehandelt werden: Ob in der Klassenchatgruppe oder in den sozialen Medien, die Mobbing-Vorfälle sollten dokumentiert werden: Screenshots von beleidigenden Einträgen, auch Mails und Nachrichten mit diffamierenden Inhalten. Auf gemeine Kommentare sowie beleidigende Inhalte sollte nicht reagiert bzw. geantwortet werden. Das könnte das Mobbing nur noch weiter anheizen.
Kontakte blockieren und Mobbing-Posts dokumentieren
Bei Smartphones, in sozialen Netzwerken, Messenger-Apps oder E-Mail-Programmen kann man Nummern beziehungsweise Kontakte gezielt blockieren und auch melden. Beleidigungen, Hass-Postings und gemeine Bilder können außerdem häufig direkt in den Diensten gemeldet werden. Der Betreiber ist dazu verpflichtet, die Verunglimpfungen aus seinem Angebot zu löschen.
Grundsätzlich gelten auf Kommunikationsplattformen des Internets die gleichen gesetzlichen Regelungen wie im „richtigen Leben“: Massive Beleidigungen, Bedrohungen und Belästigungen sind strafbar, ebenso wie die Verletzung der Persönlichkeitsrechte durch die unerlaubte Veröffentlichung von Fotos oder Filmen.
In Fällen von massiven Beleidigungen und Drohungen und groben Persönlichkeitsrechtsverletzungen ist eine Strafanzeige möglich. Dabei ist es wichtig, dass die Vorfälle zuvor dokumentiert und an die Polizei weitergegeben wurden.
Mehr Mobbing unter Schülern seit Corona
Das Problem ist nicht neu, aber trifft immer mehr: Laut einer aktuellen, repräsentativen Umfrage der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) beobachtet mehr als die Hälfte der Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen, dass psychische Gewalt und Formen des Mobbings unter Schülern nach der Pandemie zugenommen hat. 56 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer bemerken steigende psychische Gewalt an den Schulen. 44 Prozent sehen zudem auch eine Zunahme von körperlicher Gewalt.
Im traditionellen Kontext findet Mobbing zumeist im persönlichen Kontakt statt. Täter suchen hierbei aktiv nach Wegen, um ihre Opfer öffentlich zu erniedrigen oder in Verlegenheit zu bringen, sei es durch verbale Attacken oder körperliche Übergriffe.
Das hat oft verheerende Folgen, auch wenn nicht jeder Fall so endet, wie der von 2019, als eine derzeit elfjährige Schülerin aus Berlin-Reinickendorf sich das Leben nahm. Weitere Mobbingopfer an der gleichen Schule des suizidalen Kindes wurden bekannt. Es kam sogar zu Morddrohungen, unter anderem gegen eine 7-Jährige, die sich nach Nachrichten wie „Ich töte Dich, Du kleines dickes Kind“ nicht mehr zur Schule traute und psychologische Hilfe benötigte. Epoch Times berichtete.
Die gute Nachricht: Folgen von Mobbing können rückgängig gemacht werden
„Viele der Jugendlichen, die schwer gemobbt werden, entwickeln mindestens eine psychische Krankheit, am häufigsten Angststörungen oder Depressionen. Das kann sogar dazu führen, dass sie nicht mehr weiterleben wollen“, so Professor Dr. Michael Kaess, Leiter der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bern/Schweiz im „Spiegel“.
Mobbing ist der am besten erforschte und wohl häufigste Grund dafür, sich als junger Mensch das Leben zu nehmen. Aber es gibt eine gute Nachricht: Folgen von Mobbing können wieder rückgängig gemacht werden, wenn man sich Hilfe sucht und beispielsweise eine Therapie macht.“
Woran als Eltern Mobbing erkennen?
Symptome, die ein Hinweis darauf sein können, dass ein Kind ein Mobbingopfer ist, können etwa sein, dass es ängstlich und angespannt wirkt. Auch, wenn das Kind nicht allein oder häufig gar nicht zur Schule gehen will. Es neigt zum Rückzug und will keine Freunde mehr treffen. Zudem fallen bei vielen Mobbingbetroffenen die schulischen Leistungen ab.
„Als Opfer befindet man sich in einer schwachen Position“, stellt Kaess klar: „Man müsste sich allein gegen Ältere, Stärkere oder eine Gruppe stellen. Das ist fast unmöglich. Wer handeln muss, sind die Erwachsenen.“ Deshalb sei das Beste, was man tun kann, sich Hilfe zu suchen, zum Beispiel bei der Lieblingslehrkraft, einem Vertrauenslehrer oder gegebenenfalls der Schulleitung.
Was aber können Eltern tun?
Zunächst einmal sollten Eltern bei Mobbingverdacht das Gespräch mit dem Kind suchen. Dies gilt übrigens auch, wenn Erziehungsberechtigte den Verdacht hegen, dass ihr Kind einen Mitschüler mobbt.
Um aus der Opferrolle zu kommen, sollten Eltern das Kind stärken und ihm klarmachen, dass es keine Schuld daran hat, gemobbt zu werden. Denn irgendwann könnte ein gemobbtes Kind glauben, dass die Mobber recht haben. Wer mobbt, wünscht sich Aufmerksamkeit, schreibt die „Schülerhilfe“ zum Thema. Denn ein selbstbewusstes Kind habe es nicht nötig, andere zu demütigen. Durch die Erniedrigung fühlt sich der unsichere Mobber besser: „Wenn Ihrem Kind das klar wird, verliert der Mobber etwas von seiner Macht und scheinbaren Größe.“ Fazit: Selbstbewusste Kinder sind am besten gegen Mobbing gewappnet.
Das Problem in der Schule lösen
Mobbing kann dauerhaft nur vonseiten der Schule gelöst werden, so das Schülermagazin Sofatutor unter Berufung auf den Fachbereich Mobbingforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München. Leider habe der erste Impuls der Eltern, direkt mit dem mobbenden Kind zu sprechen oder dessen Eltern anzurufen, häufig den gegenteiligen Effekt. Da Eltern oft ihr Kind in Schutz nehmen und dadurch das Verhalten legitimieren. Oder sie bestrafen das mobbende Kind und dieses lernt erneut, dass es legitim ist, mit anderen streng umzugehen. „Beide Alternativen bedeuten für das Opfer weitere Viktimisierung“, so die LMU.
Auch als Eltern des Opfers mit dem Täter direkt zu sprechen, wird nicht empfohlen. Dies werde vom Täter als Schwäche des Opfers interpretiert, sich nicht selbst wehren zu können. Der Täter fühlt sich selbst dadurch aufgewertet.
Vielmehr sind Lehrer verpflichtet, Mobbing zu stoppen. Eltern sollten die Verantwortlichen informieren, dass die Schule ihrer Verpflichtung nachkommt und mit entsprechenden Maßnahmen eingreift.
Hilfe, Aufklärung und Beratung finden Betroffene unter anderem auf www.jugendschutz.net oder www.klicksafe.de. Ebenso bieten zahlreiche Organisationen und Anlaufstellen Unterstützung:
- Der Weisse Ring
- das vom selben Verein betriebene Opfer-Telefon 116 006
- Die Nummer gegen Kummer
- Telefonische Beratung für Kinder und Jugendliche: 0800 1110 333
- Telefonische Beratung für Eltern: 0800 1110 550
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