Cybergrooming: Was Eltern über sexuellen Kindesmissbrauch im Internet wissen sollten

Viele Menschen gehen davon aus, dass Straftaten nachts an unbeleuchteten, unbelebten Orten stattfinden. Aber es gibt sie auch dort, wo man sie am wenigsten vermutet: Zuhause im Kinderzimmer.
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Wenn das eigene Kind Opfer von Cybergrooming geworden ist, ist viel Fingerspitzengefühl gefragt.Foto: Liudmila Chernetska/iStock
Von 25. August 2024

Dass Kinder und Jugendliche online unterwegs sind, ist für viele Normalität. Das virtuelle Netz bietet eine Fülle an Möglichkeiten, mit anderen in Verbindung zu treten. „Doch nicht hinter jedem Kontakt steckt auch die Person, für die sich der- oder diejenige ausgibt“, warnt die Polizei. Deshalb sollten Eltern vorsorglich mit ihren Kindern über mögliche Risiken sprechen.

Egal, ob in Videoportalen, beim online Spielen oder in sozialen Netzwerken – die Gefahr des gesetzlich verbotenen Cybergrooming, dem Anbahnen von sexuellen Kontakten zu Minderjährigen, ist allgegenwärtig. Das zeigt ein aktueller Fall aus Mecklenburg-Vorpommern.

Ein Beispiel aus Mecklenburg-Vorpommern

Vier Wochen lang stand eine Neunjährige im Jahr 2021 mit einem erwachsenen Mann in Kontakt, den sie per Handy über soziale Netzwerke kennengelernt hatte. Wie der „Nordkurier“ berichtete, tauschten die beiden via Smartphone etliche Nacktbilder von Geschlechtsorganen aus. Als das Ganze aufflog, ging es schon nicht mehr nur um Fotos.

Der damals 34-Jährige hatte das Mädchen veranlasst, „einen Bürstenstiel auf besondere Art und Weise zu benutzen“. Davon sei dann ein Video verschickt worden, hieß es. Das Landgericht Neubrandenburg sprach den Mann wegen sexueller Nötigung und sexuellen Missbrauchs in acht Fällen sowie einem Fall von Vergewaltigung für schuldig und verhängte drei Jahre Gefängnis. Das Urteil ist rechtskräftig.

Dieser Fall aus Mecklenburg-Vorpommern ist einer von vielen. Laut bundesweiter Polizeilicher Kriminalstatistik wurden im Jahr 2023 insgesamt 2.580 Fälle erfasst, bei denen Täter über das Internet auf Kinder und Jugendliche eingewirkt haben, um einen sexuellen Missbrauch vorzubereiten. Im Vorjahr waren es hingegen 2.331 Fälle. Das Dunkelfeld wird jedoch als weitaus höher eingeschätzt.

Aber nicht nur Erwachsene sind unter den Tätern. Auch Kinder und Jugendliche selbst belästigen Gleichaltrige über das Internet, aber die Anzahl ist rückläufig. Bei den unter 14-Jährigen gingen die Fallzahlen von 414 auf 245 zurück, bei den Jugendlichen von 741 auf 414.

Damit Kinder und Jugendliche gar nicht erst in solche missliche Lage komme, sollten Eltern mit ihren Kindern klare Regeln vereinbaren, rät die polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes auf ihrer Website www.polizei-beratung.de.

Was ist Cybergrooming?

Über digitale Medien und das Internet versuchen Personen, gezielt zu Kindern und Jugendlichen Kontakt aufzubauen. Dabei kommunizieren sie laut Polizei sehr geschickt und manipulativ. Täter nutzen die Anonymität von Internetplattformen aus, auf denen sie sich dann als Gleichaltrige ausgeben, den Opfern Komplimente machen oder sich als aufmerksame Zuhörer zeigen.

Ein erstes Warnzeichen für Cybergrooming ist der Versuch, Kinder und Jugendliche dazu zu überreden, private Nachrichten etwa über einen Messengerdienst auszutauschen.

Denn einige soziale Netzwerke und Plattformen haben inzwischen Sicherheitsvorkehrungen eingerichtet, um Cybergrooming zu erkennen und verdächtige Nutzer auszuschließen. Bei Messengerdiensten sind die Nachrichten verschlüsselt – der Täter möchte sicher sein, dass er mit seinem Opfer allein ist, und bahnt damit den Weg, intime Nachrichten auszutauschen.

Wenn das Gespräch in die sexuelle Richtung abdriftet, sind Kinder und Jugendliche entweder überrumpelt oder oft neugierig, weshalb sie das Gespräch häufig nicht sofort beenden. Mit klaren Regeln können Eltern das Risiko eindämmen, dass Kinder Nacktfotos von sich verschicken und einem sexuellen Missbrauch zum Opfer zu fallen. Wichtig ist, dass Kinder Alarmsignale kennen.

Woran können Kinder Cybergrooming erkennen?

Vorsicht ist geboten, wenn Chatpartner aufdringliche Fragen stellen – etwa nach Offlineaktivitäten der Kinder und Jugendlichen, ihrem privaten Umfeld und ob sie derzeit allein sind. Spätestens wenn der Kontakt spezielle Fotos zugesandt haben will, sollte die Verbindung sofort unterbrochen werden.

Eltern können ihrem Kind laut Polizei raten, misstrauisch zu werden, wenn der Onlinekontakt beispielsweise:

  • viele Komplimente macht,
  • für alles Verständnis hat,
  • bemüht jugendliche Sprache nutzt,
  • anbietet, Modelfotos zu machen,
  • fragt, ob das Kind oder der Jugendliche allein chattet,
  • persönliche Daten, Bilder oder Videos verlangt,
  • ein Profil ohne Fotos verwendet,
  • darum bittet, die Webcam einzuschalten und die eigene auslässt,
  • Nachrichten mit sexuellem Inhalt versendet,
  • darauf drängt, dass niemandem von den Gesprächen und dem Kontakt erfahren soll, oder
  • von einer Plattform zu einem Messenger wechseln oder sich sogar heimlich treffen möchte.

Erste Hilfe bei Cybergrooming

Wenn das Kind von Cybergrooming oder aufdringlichen Kontakten im Internet berichtet, rät die Polizei zum besonnenen Handeln. Denn schließlich hat das Kind den ersten Schritt getan und sich an Sie gewandt. Schimpfen hilft hier niemandem.

„Kinder sind nie schuld daran, wenn sie im Netz belästigt werden. Die Person, die den Kontakt sucht, trägt ausnahmslos die Verantwortung“, heißt es von der polizeilichen Kriminalprävention.

Ein Junge vertraut sich seiner Mutter an (Symbolbild). Foto: MiMaLeFi/iStock

Wichtig ist nach Angabe der Ermittler, dass Eltern den Chatverlauf dokumentieren, beispielsweise durch Screenshots. Der nächste Schritt kann darin bestehen, die örtliche Polizei einzuschalten.

Hier kann man auch erfragen, wie gesicherte Beweise an die Polizei übermittelt werden können – denn je nach Inhalt der Aufnahme könnte man sich unter Umständen selbst strafbar machen, da Verbreitung und Besitz von kinderpornografischen Inhalten verboten ist. Nach Absprache mit der Polizei sollte der Kontakt sodann blockiert oder dessen Accountlöschung bei dem jeweiligen Netzwerk beantragt werden.

Wer sich nicht an die Polizei wenden möchte, kann die sexuelle Belästigung zumindest bei dem Portalbetreiber, dem genutzten Netzwerk oder der Internetbeschwerdestelle unter jugendschutz.net/verstoss-melden anzeigen. Bei Bedarf helfen auch Opferberatungsstellen Kinder und Eltern, das Erlebte zu verarbeiten.



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