Chef der Polizeigewerkschaft: Messerdelikte mit Migrationshintergrund überrepräsentiert

Gestern wurde ein 17-jähriger Syrer festgenommen, der in Stuttgart drei Menschen mit dem Messer teilweise schwer verletzt haben soll. Zeitungen und soziale Medien berichteten. Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der DPolG, kommentiert den Fall für Epoch Times.
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Bundesvorsitzender der DPolG, Rainer Wendt.Foto: Ingo Wagner/Archiv/dpa
Von 7. August 2024

Die Festnahme eines mutmaßlichen Messerangreifers stand auch deshalb im Fokus der Berichterstattung, weil bereits 34 Straftaten auf das Konto des minderjährigen syrischen Täters gehen sollen. Gemeinsam mit Angehörigen seiner Familie summieren sich die Straftaten sogar auf 110 verurteilte Delikte, heißt es in übereinstimmenden Medienberichten.

Im Interview mit Epoch Times beleuchtet der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft die Hintergründe der Tat. Rainer Wendt beantwortet dringende Fragen und berichtet über die Aufgabenstellung von Gesellschaft, Politik und Polizei.

Wie kann es sein, dass ein 17-jähriger Syrer 34 Straftaten in seiner Akte sammeln kann, ohne dass etwas passiert?

Die Gerichte urteilen und die Strafjustiz hat gegenüber Jugendlichen keine Sonderkategorie für diejenigen, die beispielsweise aus dem Ausland kommen oder Asylbewerber sind. Sondern das Jugendstrafrecht stellt den Erziehungsgedanken in den Vordergrund und nicht die Strafe. Und dann kommt das dabei raus.

Und das kann 34 Straftaten beinhalten?

Ja, natürlich. Das hat überhaupt nichts mit dem Aufenthaltsstatus zu tun, sondern mit der Eigenschaft als Jugendlicher. Auch Ladendiebstähle und kleinere Delikte sind Straftaten. Aber die Jugendgerichtsbarkeit setzt in jedem Fall auf den Erziehungsgedanken.

Ab wann spricht die Polizei vom „Intensivtäter“? Und was hat das für Auswirkungen? Wird engmaschiger geschaut, wie muss man sich das vorstellen?

„Intensivtäter“ ist kein feststehender Rechtsbegriff, sondern ein Arbeitsbegriff der Polizei. Und der wird auch örtlich unterschiedlich definiert in den Ländern. Man spricht von dem „Intensivtäter“ bei einer bestimmten Anzahl von Delikten.

Im aktuellen Fall wurde ein 17-Jähriger festgenommen wegen schwerer Körperverletzung mit dem Messer in drei Fällen. Wie ist es möglich, dass man nach 34 Straftaten überhaupt noch mit dem Messer herumlaufen kann? Was wurde da versäumt?

Viele junge Menschen laufen mit Messern durch die Gegend. Und nicht wir haben etwas versäumt, sondern zum Beispiel die Eltern und das gesamte soziale Umfeld. Diejenigen, die junge Menschen erziehen, die haben eine Menge versäumt.

Der Staat kann nicht alle Erziehungsmängel ausbügeln. Und die Polizei schon mal gar nicht. Wir sind nicht der Obererzieher der Nation. Aber dass junge Leute mit Messern herumlaufen, ist eine Realität. Und da müssen wir ran. Wir müssen jungen Leuten erklären, dass das nicht in Ordnung ist. Und wir müssen mit Messerverboten, die dann auch geahndet werden, dafür sorgen, dass der Staat sich durchsetzt.

In Deutschland sind bestimmte Stichwaffen generell verboten. Dazu zählen beispielsweise sogenannte Butterflymesser und Faustmesser. (Archivfoto)

In Deutschland sind bestimmte Stichwaffen generell verboten. Dazu zählen beispielsweise sogenannte Butterflymesser und Faustmesser. (Symbolbild) Foto: Thomas Banneyer/dpa

Gibt es eine Art neue Messerkultur, die von außerhalb ins Land getragen wird? Das kleine Fahrtenmesser mit Hirschhorngriff, das Taschenmesser des Vaters oder das Jagdmesser zur bayerischen Tracht wird eher selten für tätliche Angriffe missbraucht.

Dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Tragen von Messern und der Zuwanderung, ist signifikant. Wir sehen, dass junge Männer, die Migrationshintergrund haben, bei Delikten dieser Art weit überrepräsentiert sind. Deshalb gibt es diesen Zusammenhang, den darf man auch gar nicht leugnen. Das wäre Realitätsverweigerung, wenn man das macht.

Und insofern ja: Es gibt diese Überrepräsentanz bei jungen Männern mit Migrationshintergrund. Deshalb muss man das besonders im Blick behalten. Und man muss klarmachen, dass Rechtsverstöße eben nicht mit der Milde des Gesetzes, sondern mit der vollen Härte des Gesetzes geahndet werden. Und dazu zählt nicht nur eine Strafe irgendeiner Art, sondern zwingend auch aufenthaltsbeendende Maßnahmen.

Warum tragen diese jungen Männer Messer? Zur Verteidigung? Vor wem fürchten sie, angegriffen zu werden? Worum geht es da?

Ich bin kein Psychologe. Ich weiß aber, dass in bestimmten Kulturen das Tragen von Messen sozusagen mit dazugehört. Und wir wissen, dass es Gesellschaften gibt – da hat das überhaupt nichts mit bewaffneten Auseinandersetzungen zu tun, sondern damit, dass man das häufig im Alltag anwendet. Bei Jungs gehört es dann – wenn sie ins Teenageralter kommen – zum Mann werden dazu. Da gibt es ganz viele Erklärungen. Aber wir müssen uns gar nicht damit beschäftigen, sondern wir müssen lediglich klar sagen, was bei uns nicht geht. Und dann müssen wir es durchsetzen.

Sie sagten, dass „Intensivtäter“ kein feststehender juristischer Begriff ist. Jetzt hat die Familie des 17-Jährigen laut Medienberichten insgesamt 110 Straftaten in den Akten. Ab wann muss man hier von einem „kriminellen Clan“ sprechen? Das ist ebenfalls kein juristischer Begriff. Was nutzt es also überhaupt, das so festzustellen?

Genau, das ist auch kein feststehender juristischer Begriff. Aber die Familie muss man insgesamt im Blick behalten. Und ich verstehe überhaupt nicht, warum die Gesellschaft das Risiko tragen muss, dass neben der Vielzahl von Straftaten auch gefährliche Delikte wie Messerstraftaten und Körperverletzungsdelikte hinzugekommen sind.

Warum, das fragen sich viele Menschen zu Recht, werden sie nicht besser geschützt? Man hat manchmal schon den Eindruck, wir lassen alles geschehen, bis dann die schwere Straftat geschieht. Und erst dann greift der Rechtsstaat ein und ordnet beispielsweise Untersuchungshaft ein.

Bei denjenigen, von denen eine Gefahr ausgeht und die erkennbar keinen dauerhaften Aufenthalt bekommen werden, muss es möglich sein, sie vorher aus dem Verkehr zu ziehen, bevor solche Delikte passieren.

Wir kennen das: Beispielsweise in Brockstedt, da ging der Täter Anfang 2023 mit einem Küchenmesser auf Fahrgäste in einem Regionalzug los – zwei Menschen starben, vier wurden verletzt. Der Täter hatte bereits eine lange Liste von Straftaten gesammelt – übrigens in mehreren Bundesländern – und trotzdem musste erst diese schreckliche Tat passieren, bis der Rechtsstaat reagierte.

Und genau da müssen wir ansetzen und sagen: Der Schutzanspruch der Bevölkerung muss größere Priorität bekommen. Denn es gibt ein Schutzversprechen des Staates. Der Staat kann sich das nicht aussuchen.

In unserer Verfassung steht nicht nur, die Würde des Menschen sei unantastbar, sondern dort steht ebenfalls, sie zu schützen, sei Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Das ist die Grundlage unseres Zusammenlebens. Sonst gibt es kein Gewaltmonopol des Staates.

Das Gewaltmonopol des Staates gründet sich auf dem Schutzversprechen des Staates. Und wenn das eine aufgekündigt wird, ist das andere nicht mehr gültig. Und dann kriegen wir ein richtig großes Problem. Größer als das, was wir jetzt haben.

Ist die Polizei mittlerweile ebenfalls einer höheren Gefährdung ausgesetzt? Gibt es vermehrt Angriffe auch gegen Polizisten?

Einsatzkräfte der Polizeien vor Ort sind in besonderer Weise gefährdet: Sie sind diejenigen, die das im Einsatzfall kontrollieren müssen. Sie sind diejenigen, die dann auch Opfer von Attacken werden.

Einen aktuellen Fall hatten wir mit dem Messerangriff auf dem Marktplatz in Mannheim. Das ist nicht so lange her. Und so kommt es immer wieder zu solchen Angriffen.

Glücklicherweise ist es so, dass Polizistinnen und Polizisten gut ausgebildet sind, eine Schutzbekleidung tragen und vieles andere mehr und sich deshalb durch Eigensicherung, welche ja auch trainiert wird, besser zur Wehr setzen können. Aber sie sind auch Opfer dieser Gewalt.

Was kann man Bürgern empfehlen? Gibt es Kurse, wie man Messerangriffe abwehrt? Welche sind zu empfehlen?

Es gibt keinen echten Schutz vor Messerangriffen, welchen man den Bürgerinnen und Bürgern empfehlen kann. Die einzige Empfehlung, die man geben kann, ist, wo auch immer es möglich ist, sofort die Flucht zu ergreifen und so schnell wie möglich die Polizei zu informieren. Alles andere ist Mumpitz, gehört ins Kino, aber nicht in die Realität.

Ein deutscher Migrationsrat hat befunden, dass gesellschaftliche Ablehnung und das Fehlen geeigneter Integrationsmaßnahmen viele Migranten straffällig werden lassen. Was haben wir falsch gemacht, was versäumt?

Ich habe noch nie einen größeren Quatsch gehört. Es ist völlig absurd, der deutschen Bevölkerung hier eine Verantwortung zuzuweisen. Deutschland ist nun wirklich DAS Aufnahmeland Nummer eins. Kein Land auf der Welt hat eine so große Aufnahmebereitschaft gezeigt. Man kann diese Bereitschaft kritisieren, so wie man die ganze Aufnahmepolitik kritisieren kann. Aber hier den Deutschen eine Schuld zuzuweisen, ist völlig absurd!

Vielen Dank für das Gespräch.



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