César Ritz – „Gastgeber der Welt“

Vor 175 Jahren wurde César Ritz in dem kleinen Schweizer Dorf Niederwald geboren. Dass er eines Tages die Welt der Spitzenhotellerie für immer verändern würde, war ihm nicht in die Wiege gelegt. Und dennoch gelang es ihm.


Titelbild
Die Gartenterrasse des Pariser Le Ritz auf einem Gemälde von Pierre Georges Jeanniot aus dem Jahr 1908.Foto: Public Domain
Von 3. März 2025

„Puttin’ on the Ritz“ heißt der berühmte Swing-Standard des Komponisten Irving Berlin aus dem Jahr 1929, der ein Jahr später durch den gleichnamigen Erfolgsfilm Lichtspielhäuser und Radiosender eroberte.

Was so viel wie „Sich wie fürs Ritz schick machen“ bedeutet, entwickelte sich nun rasch zur geflügelten Redewendung im angloamerikanischen Sprachraum. Und auch das Adjektiv „ritzy“, das so viel wie elegant, luxuriös oder extravagant heißt, fand Eingang in den englischen Sprachgebrauch.

Kindheit auf dem Land

Alles andere als extravagant oder luxuriös war die Kindheit und Jugend des Mannes, dessen Familienname zum Synonym für das Außergewöhnliche wurde. César Ritz wurde am 23. Februar 1850 als 13. und jüngstes Kind einer Schweizer Bauernfamilie im Kanton Vallis geboren und auf den Namen Cäsar getauft.

Wie das Leben vieler seiner Zeitgenossen ist auch seine Kindheit in den Schweizer Bergen von ländlich-bäuerlicher Kultur geprägt. Seit Jahrhunderten ringen Generationen in tatkräftiger Beharrlichkeit der Natur ihr täglich Brot ab.

Lebensrhythmus und Tagwerk werden von den Jahreszeiten bestimmt und jedes Familienmitglied hat seinen Beitrag zu leisten. So hütet Cäsar in den Sommern die Ziegen auf den Wiesenhängen, die das Heimatdorf seiner Familie umgeben. Nur im Winter besuchen er und seine Altersgenossen die Dorfschule.

Nach der Grundschule wechselt Cäsar in eine Internatsschule in der 80 Kilometer entfernten Kleinstadt Sitten – mit geringem Erfolg. Sein Vater nimmt ihn deshalb vom dortigen Kollegium und bezahlt stolze 300 Franken Lehrgeld, um Cäsar eine Kellnerlehre im näher gelegenen Brig zu ermöglichen. Doch auch dieser Ausbildung scheint der Junge nicht gewachsen zu sein.

Vernichtendes Urteil und Aufbruch nach Paris

Der Besitzer des Hotels Poste et Trois Couronnes eröffnet ihm nach nur einem Jahr, dass er für Cäsar im Gastgewerbe keine Zukunft sehe. In der Hotellerie brauche es „eine gewisse Begabung und ein besonderes Flair“, erklärt der Patron des Hotels seinem jungen Kellner und fügt niederschmetternd hinzu: „Die gehen dir vollkommen ab.“

1867 steht der inzwischen 17-Jährige also auf der Straße. Sein Ehrgeiz erwacht nun jedoch endgültig. Vielleicht ist es gerade das vernichtende Urteil über sein angeblich fehlendes Talent, das den jungen Mann anspornt, sich und der Welt zu beweisen, was in ihm steckt.

Ein Großereignis kommt ihm dabei sehr gelegen. In Frankreich hat just im April 1867 die zweite große Pariser Weltausstellung begonnen und zieht die westliche Welt in ihren Bann.

Vogelperspektive des Ausstellungsgeländes der Pariser Weltausstellung 1867. Grafik: Auguste Trichon, gemeinfrei

Die Exposition universelle d’Art et d’Industrie ist eine Schau der Superlative mit über 50.000 Ausstellern aus 32 Nationen. Fast 10 Millionen Besucher strömen in die französische Hauptstadt und bescheren dem Hotelgewerbe phänomenale Umsätze und einen nur schwerlich stillbaren Bedarf an Personal.

Ein europäischer Traum

Cäsar Ritz nutzt diese Chance und reist kurzerhand in die Metropole an der Seine. Etwas Französisch hat er während der Schulzeit in Sitten gelernt. Jetzt kann er seine Sprachkenntnisse anwenden und vervollkommnen.

Zuerst als einfacher Hotelschuhputzer, dann als Kofferträger und Zimmerkellner arbeitet er sich in der Fremde immer weiter voran. Schließlich bewirbt er sich um eine Lehrstelle im Le Voisin, einer Pariser Edelherberge.

Cäsar Ritz ist 20 Jahre alt, als er das Innenleben und die Finessen des gehobenen französischen Gastgewerbes aus nächster Nähe entdecken und kennenlernen darf. Er nennt sich nun César, schließt Bekanntschaft mit dem französischen Spitzenkoch Auguste Escoffier, mit dem er im Laufe seiner Karriere immer wieder zusammenarbeiten wird, und baut darüber hinaus seine beruflichen Kontakte weiter aus.

Doch nicht nur das, auch die illustren Gäste des Le Voisin wie die Schauspielerin Sarah Bernhardt und Autoren wie George Sand und Théophile Gautier üben auf Ritz eine große Faszination aus.

Mobil und unermüdlich

Nur drei lehr- und erlebnisreiche Jahre später zieht es Ritz nach Wien und Nizza, wo er weitere wertvolle Erfahrungen in Gastronomie und Hotelwesen sammelt.

An der Cote d’Azur wird nun der Schweizer Oberst, Architekt und Hotelier Alphons Maximilian Pfyffer von Altishofen auf Ritz aufmerksam und gewinnt ihn als federführenden Direktor des neu errichteten Grandhotels National in Luzern.

Fotografie von César Ritz aus dem Jahr 1897. Foto: Unbekannter Fotograf, gemeinfrei

Hierher, an das Ufer des Vierwaldstättersees, reist die feine Gesellschaft des späten 19. Jahrhunderts, um der sommerlichen Hitze in den Städten zu entfliehen. In den kalten Wintermonaten wiederum suchen die Reisenden der Belle Epoque das milde Klima der Cote d’Azur.

Wie die Hotelgäste reist auch César Ritz von Grandhotel zu Grandhotel, doch als deren verantwortlicher leitender Direktor.

Bis zu zehn Hotels führt er gleichzeitig und ist parallel dazu maßgeblich an der Entwicklung weiterer, neuer Hotelprojekte beteiligt. Stets leitet ihn der hohe Anspruch, die Wünsche und Erwartungen seiner Gäste durch innovative Ideen und Gastlichkeit zu übertreffen.

König der Hoteliers

„Der Hotelier muss ein wahres Universalgenie sein“, schreibt er selbst über sein anspruchsvolles Metier, „ein Fachmann in Lebensmitteln, ein Fachmann in Weinen und Wäsche, ein Kunstverständiger in Architektur, ein sattelfester Finanzmann, ein Psychologe und Diplomat, ein Schönredner, ein Sprachtalent und er muss verschwiegen sein.“

Das ist ein Berufsethos, das seine Gäste bewundern und schätzen. 
Nicht grundlos nennt ihn deshalb der englische Thronfolger, der Prince of Wales, den „König der Hoteliers“.

Seine erstaunliche Laufbahn krönt César Ritz jedoch schließlich selbst, und zwar durch die Eröffnung von Hotels der Extraklasse in Paris und London in den Jahren 1898 und 1906, die er schlicht und einfach Le Ritz und The Ritz nennt.

Le Ritz am Place Vendôme in Paris im Jahr 1900. Foto: Unbekannter Fotograf, gemeinfrei

In dem Buch „César Ritz: Gastgeber der Welt“ gibt Marie-Louise Ritz, die Frau des Hoteliers, viele Jahre später tiefe Einblicke in das Wesen und die Biografie ihres Mannes.

Sie beschreibt sein Leben als ein ständiges Ankommen und Abreisen und erinnert sich lebhaft an seine Koffer, die „niemals ganz ausgepackt waren“, aber auch an die tiefe Freude ihres Mannes beim Betrachten des Erreichten, eine Freude, die ihn dennoch, wie sie schreibt, „niemals endgültig zufrieden“ machte.

Sehnsucht nach Perfektion

Es ist diese Sehnsucht nach letztlich nie erreichbarer Perfektion, die César Ritz mit scheinbar unerschöpflicher Energie vorantreibt. Diese Energie beginnt jedoch nach mehr als drei Jahrzehnten unermüdlicher Anstrengungen zu versiegen.

Blick in einen Korridor des Londoner The Ritz im Jahr 1914. Foto: Architectural Record Company, New York, gemeinfrei

1903, im Alter von 53 Jahren, erleidet César Ritz einen großen körperlichen und seelischen Zusammenbruch. Drei Jahre später zieht er sich in ein Sanatorium in Lausanne zurück und stirbt 1918 nach langjähriger Krankheit und Zurückgezogenheit in einer Klinik in Küssnacht.

Sein Lebenswerk wird von seiner Frau Marie-Louise und seinem Sohn Charles fortgeführt. Als Irving Berlin im Jahr 1929 im fernen New York „Puttin’ on the Ritz“ komponiert, verwirklicht Marie-Louise Ritz in der Schweiz eine lang gehegte Idee ihres Mannes. Sie gründet im Dorf seiner Kindheit die Cäsar Ritz Stiftung. Bis heute unterstützt sie Jugendliche des Heimattals mit Stipendien für eine Ausbildung, vor allem in der Gastronomie.



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