Braunschweiger Rechtsanwalt musste 3.000 Euro zahlen: „Schande für den freiheitlichen Rechtsstaat“

3.000 Euro Geldstrafe wegen Politikerbeleidigung: Dazu hatte das Kasseler Amtsgericht den Rechtsanwalt Markus Roscher schon vor zwei Jahren verurteilt. Nach seinen Informationen hatte ein Polizist die Strafverfolgung aus eigenem Antrieb angeregt. Nun droht ihm der Verlust seines Kleinen Waffenscheins.
Hunderte Quereinsteiger wechselten in den vergangenen Jahren in die Justiz. (Symbolbild)
Bände des Strafgesetzbuches (StGB) und der Strafprozessordnung (StPO). (Symbolbild)Foto: Monika Skolimowska/dpa
Von 20. Februar 2025

Die Verurteilung des Braunschweiger Rechtsanwalts Markus Roscher wegen Verstoßes gegen Paragraf 188 des Strafgesetzbuches, den sogenannten Majestätsbeleidigungsparagrafen, sorgt seit einigen Tagen für Schlagzeilen.

Anlass war die aktuelle Debatte um die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland, die auch international vom US-Fernsehsender „CBS News“ und von Donald Trumps Stellvertreter JD Vance befeuert worden war.

„US-Vizepräsident #Vance hat völlig recht, wenn er in München das Demokratieverständnis in Europa und Deutschland kritisiert“, kommentierte Roscher am 15. Februar auf seinem X-Kanal. „WIR sind es, die Freiheit und Meinungsäußerung mit Füßen treten. Und WIR sind es, die totalitären Strukturen (die wir haufenweise auch noch in unser Land holen) Vorschub leisten.“ Und weiter:

Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen werden zum Schutz der Politikerkaste durchgeführt, um deren zarte Seelen vor der Meinung ihrer Untertanen zu schützen. Demokratie und Freiheit sehen anders aus.“

Paragraf 188 als „Schande für den freiheitlichen Rechtsstaat“

Am 19. Februar legte Roscher wiederum auf X nach: „Der 2021 eingeführte § 188 StGB ist eine Schande für den freiheitlichen Rechtsstaat. Die sensible Politikerkaste schafft sich ein Sondergesetz, um sich vor der pointierten Kritik der Untertanen zu schützen. Die ‚normalen‘ Beleidigungsparagrafen reichen den Herrschaften nicht.“

Als erstes Medium hatte „Apollo News“ Roschers Geschichte aufgegriffen. Die Epoch Times bat den Rechtsanwalt, einige bis dato offene Fragen zu beantworten.

Demnach liegt seine Verurteilung schon mehr als zwei Jahre zurück. Wie Roscher bestätigte, erhielt er den Strafbefehl zur Zahlung von 60 Tagessätzen à 50 Euro am 13. Januar 2023 (AG Kassel, 284 Cs 1692 Js 38180/22). Nach einem absehbar erfolglosen Einspruchsverfahren habe er schließlich am 21. August desselben Jahres 3.000 Euro an die Justizkasse bezahlt.

Paragraf 188 wurde im April 2021 von der CDU-SPD-Regierung unter Angela Merkel während der Hochzeit der Corona-Krise eingeführt. Dem Paragrafen nach sind Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung gegen „Personen des politischen Lebens“ strafbar, falls ihr „öffentliches Wirken erheblich“ dadurch erschwert wird. Das Höchstmaß der Freiheitsstrafe beträgt fünf Jahre.

Ärger-Tweet über Heizungsgesetz hatte Polizist missfallen

Angefangen hatte alles am 26. August 2022, mitten in der Hochphase der Diskussionen um eine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), das auch Heizungsgesetz genannt wird. An diesem Tag veröffentlichte Roscher auf X einen Beitrag, in dem er Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) und Kanzler Olaf Scholz (SPD) „bösartig[e], arrogant[e] Versager“ nannte.

Sie seien „viel zu dumm, um durchdachte Gesetze auf den Weg zu bringen“, meinte Roscher. Zudem stopften sie „sich selbst die Taschen voll“. Alle drei Politiker, so der Jurist in seinem Tweet, ließen „ihre Bürger für eine grünschwarzrote Scheinmoral zugrunde gehen“.

Nach Angaben Roschers gegenüber der Epoch Times waren es allerdings weder Baerbock, Habeck oder Scholz persönlich noch irgendeine externe Organisation, die ihn angeschwärzt hatten. Es sei vielmehr ein „sehr aktiver Polizist aus Kassel“ gewesen, dem der Tweet missfallen habe.

Dieser Beamte habe „bereits viele Verfahren gegen Bürger initiiert“.

„Er durchforscht das Internet nach Hatespeech (also anderen Meinungen)“, so Roscher. Die Anzeige des Polizisten sei „im Gerichtsbezirk Kassel auf sehr fruchtbaren Boden“ gefallen.

Widerstand eingestellt – aus Angst vor Schauprozess und Berufsverbot

Nachdem ihn knapp fünf Monate später tatsächlich ein Strafbefehl über 3.000 Euro erreicht hatte, habe er zunächst Einspruch eingelegt. „Ich war grundsätzlich bereit, bis zum EuGH für Menschenrechte zu klagen“, erklärte Roscher gegenüber der Epoch Times,

jedoch zeigte sich bereits nach der Akteneinsicht und ersten Vorgesprächen mit Vertretern der Staatsanwaltschaft sowie dem Gericht, dass man mich als exponierten Twitter-Account unbedingt verurteilen und an mir ein Exempel statuieren wollte.“

Er sei davon ausgegangen, dass im Prozess „möglicherweise noch andere Tweets problematisiert worden“ wären. Zudem sei zu befürchten gewesen, dass sich die Höhe des Tagessatzes vervielfacht hätte, wenn er nicht klein beigegeben hätte: Sogar die Rechtsanwaltskammer habe ihm kurz nach Zustellung des Strafbefehls zu verstehen gegeben, dass er womöglich 91 Tagessätze riskiere, wenn er sich weiter wehren würde:

Am Ende hätte ich gleich eine eintragungsfähige Verurteilung und den Verlust meiner Zulassung (Berufsverbot) fürchten müssen.“

In jedem Fall aber hätte es nach Einschätzung Roschers „einen Schauprozess gegeben, um andere kritische Bürger anhand meines Beispiels einzuschüchtern, natürlich alles unter dem Vorwand, ‚Hatespeech‘ zu bekämpfen“.

Mutmaßlich Geschädigte nicht angehört

Eine damalige Recherche habe ergeben, dass der zuständige Strafrichter bereits viele andere Bürger „wegen politischer Meinungsdelikte im Gerichtsbezirk Kassel“ verurteilt habe.

Ihm gegenüber sei der Richter „reserviert“ aufgetreten – und habe seine Beweisanträge abgelehnt. Diese hätten darauf abgezielt, die betroffenen Politiker persönlich Stellung zu der Frage nehmen zu lassen, ob sie ihr Tun durch den Tweet tatsächlich „als erheblich gestört“ betrachten würden.

Nach Angaben von „Apollo News“ hatte der Kasseler Strafrichter diese Frage bereits selbst in seinem Strafbefehl beantwortet. Darin hieß es:

Damit [mit Ihrem Beitrag auf X] „brachten Sie aus Anlass des politischen Wirkens der drei vorgenannten Berufspolitiker öffentlich einsehbar zum Ausdruck, dass diese korrup [sic], dumm, arrogant und bösartig seien, was diese im Sinne einer Schmähkritik herabwürdigt und in ihrem politischen Fortkommen – zumal diese Einschätzung von einem Rechtsanwalt artikuliert wird, der auch als solcher Auftritt [sic] – nicht unerheblich behindern kann. […] Das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung wird bejaht.“

Angesichts der Ausgangslage gab Roscher schließlich auf und zahlte.

Risiko des Waffenentzugs steht im Raum

Nach Auskunft von Roscher ist die Sache für ihn damit allerdings noch immer nicht ausgestanden: Ihm drohe wegen „Unzuverlässigkeit“ der Entzug seines Kleinen Waffenscheins, den er vor einigen Jahren aus beruflichen Gründen zum Selbstschutz bekommen habe. Der Schein berechtigt seinen Inhaber „zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen“.

„Das Waffenscheinentzugsverfahren befindet sich im Stadium der Anhörung“, teilte Roscher auf Nachfrage der Epoch Times mit. Wegen seines Umzugs von Nordrhein-Westfalen nach Niedersachsen gebe es jedoch Verzögerungen: Die nun zuständige Ordnungsbehörde habe sich bei ihm noch nicht gemeldet. Es werde eine „Einzelfallprüfung“ geben.

Gegenüber „Apollo News“ hatte Roscher es als „absurd“ bezeichnet, dass jemand versuchen könnte, ihm den Schein abzunehmen.

Der Entzug eines Waffenscheins oder einer Waffenbesitzkarte ist laut „Anwaltssuche.de“ unter vielen anderen Fällen schon dann möglich, „wenn man wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt wurde oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt wurde.“ Die erste Bedingung wäre im Fall Roschers erfüllt.



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