Wuppertal: Justiz bittet „Scharia-Polizei“ zur Kasse
Die nächtlichen Umtriebe der selbst ernannten „Scharia-Polizei“ in Wuppertal sind von der Justiz doch noch bestraft worden.
Fünf Jahre nach der Aktion von Islamisten verhängte das Wuppertaler Landgericht Geldstrafen zwischen 300 und 1800 Euro gegen sieben Männer im Alter von 27 bis 37 Jahren. Drei von ihnen wurden wegen Verstoßes gegen das Uniformverbot verurteilt, vier wegen Beihilfe.
Sie sollen junge Muslime vor Gaststätten und Spielhallen zum Verzicht auf Glücksspiel, Bordellbesuche und Alkoholkonsum ermahnt und sowie stattdessen zum Moscheebesuch aufgefordert haben. Die nächtlichen Streifzüge der Männer sorgten in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus für Wirbel.
Richter: „Anspruch und juristische Wirklichkeit klaffen auseinander“
2014 waren Islamisten unangemeldet in Warnwesten mit dem Aufdruck „Shariah Police“ nachts durch Wuppertal gezogen. Sie hatten ihren Auftritt selbst gefilmt und ins Internet gestellt. Die Aktion hatte bundesweit für Aufsehen und Empörung gesorgt.
Sie sei geeignet gewesen, Menschen einzuschüchtern, einen „suggestiv-militanten Effekt“ zu erzielen, sagte der Vorsitzende Richter Holger Jung. Die Salafisten hätten den Bezug zur Scharia-Polizei bewusst hergestellt, einer aus dem Nahen Osten bekannten militanten Gruppierung, die „nicht in den Arm nimmt, sondern mit dem Rohrstock schlägt und Hände abhackt“.
Aus der Politik seien nach dem Auftreten vor fünf Jahren „harte Strafen“ gefordert worden, sagte der Richter. Es stehe aber nur ein Bagatellstrafrahmen zur Verfügung. „Anspruch und juristische Wirklichkeit klaffen auseinander.“ Das Gericht hielt allen Verurteilten außerdem zu Gute, dass sie nicht davon ausgegangen seien, etwas Verbotenes zu tun. Zudem sei es nicht ihre Idee gewesen, sondern die ihres damaligen Anführers Sven L..
Freispruch in erster Instanz, Geldstrafe nach der Neuauflage des Prozesses
In erster Instanz hatte das Landgericht Wuppertal alle Angeklagten freigesprochen. Der Auftritt sei nicht strafbar gewesen, niemand habe sich eingeschüchtert gefühlt, hieß es damals. Ein Zeuge hatte gesagt, er habe bei dem Auftritt einen Junggesellenabschied vermutet.
Doch dann hatte der Bundesgerichtshof die Freisprüche aufgehoben und die Neuauflage angeordnet. Es reiche aus, wenn die Aktion grundsätzlich geeignet gewesen sei, jemanden einzuschüchtern, befand der BGH. Das Landgericht hat dies nun mit der Verurteilung bejaht. Einige Verteidiger kündigten bereits an, Revision einzulegen.
Der geständige Initiator der selbst ernannten „Scharia-Polizei“, Ex-Islamistenführer Sven L., ist nicht unter den Verurteilten. Das Verfahren gegen ihn war wegen schwererer Vorwürfe der Terrorhilfe eingestellt worden. L. war später zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt und vor wenigen Tagen auf Bewährung freigelassen worden.
Im Prozess hatte er als Zeuge eingeräumt, dass er sich den Namen „Scharia-Polizei“ ausgedacht und Bedenken ignoriert habe. Er habe angenommen, in seiner englischen Variante sei der Aufdruck „Police“ – wie auf Karnevalskostümen – kein Verstoß gegen das Uniformverbot.
Es sei lediglich darum gegangen, junge Menschen zum Besuch ihrer Moschee zu bekehren und zu einem anderen Lebenswandel. Damals kursierten gelbe Flyer mit der Aufschrift „Shariah Controlled Zone“ (Scharia-kontrollierte Zone) und den Regeln: etwa kein Alkohol, kein Glücksspiel, keine Musik, keine Pornografie, keine Drogen. (dpa)
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