Weitere Person involviert? Rebecca (15) soll unmittelbar vor ihrem Verschwinden auf WhatsApp gechattet haben
Die Berliner Polizei hat die intensive Suche nach der 15-jährigen Rebecca am Mittwoch mit Hilfe eines Hubschraubers fortgesetzt. Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung stieg der Hubschrauber nahe dem Britzer Garten im Bezirk Neukölln auf.
Ein Sprecher bestätigte den Einsatz des Hubschraubers, wollte aber nicht sagen, wie die Suche konkret ablief. Möglicherweise machte die Polizei vom Hubschrauber aus hochaufgelöste Fotos des Geländes oder setzte spezielle Infrarot-Kameras ein.
Bis Mittwoch gingen bereits 96 Hinweise zu dem Mädchen ein. Die Polizei hatte schon in der vergangenen Woche Suchhunde eingesetzt und die Handydaten des Mädchens ausgewertet
Wie die „Berliner Zeitung“ berichtet, haben die Ermittler es geschafft, Zugriff auf den WhatsApp-Account des Mädchens zu erlangen.
Das bislang letzte Lebenszeichen Rebeccas datiert zurück auf den Morgen des 18. Februar. Zwischen 6 und 8 Uhr habe sich das Mädchen in der Wohnung seiner Schwester aufgehalten, um 7.15 Uhr habe ihrer Mutter vergeblich versucht, sie telefonisch zu erreichen.
Eine Auswertung des WLAN-Routers der Schwester habe nun ergeben, dass Rebecca in dieser Zeit Nachrichten mit einer noch nicht identifizierten Person per WhatsApp austauschte. Auch ihr Vater äußerte gegenüber der Berliner Zeitung die Vermutung, Rebecca habe sich am Tag ihres Verschwindens mit jemandem treffen wollen. Dies würde auch erklären, warum das Mädchen bereits am Morgen die Wohnung seiner Schwester verließ, obwohl der Schulbeginn an diesem Tag erst auf 9.50 Uhr fiel und die Schule selbst zu Fuß problemlos in 30 Minuten zu erreichen wäre.
Anhaltspunkte für Beteiligung einer dritten Person
Die Polizei erhofft sich nun Hinweise auf mögliche Chat-Partner und eine Person, mit der Rebecca sich möglicherweise treffen wollte.
Erst drei Tage nach der Vermisstenanzeige durch die Eltern der Verschwundenen hatte die Polizei mit der Suche nach ihr begonnen. Dies entspricht der üblichen Vorgehensweise in solchen Fällen, da es häufig vorkommt, dass Jugendliche in diesem Alter nachrichtenlos ihr Elternhaus verlassen und erst nach Tagen wieder von selbst zurückkehren. Nur, wenn sich aus den Schilderungen der Eltern konkrete Anhaltspunkte auf eine Straftat oder auf Suizidgefahr ergeben, nimmt die Polizei ihre Ermittlungen auf der Stelle auf.
Im Fall Rebecca ermittelt seit Freitag die Mordkommission, weil ein Verbrechen nicht mehr ausgeschlossen werden könne. Zwar gibt es bis dato keine belastbaren Hinweise auf ein solches, allerdings auch keine schlüssige Erklärung für Rebeccas Verschwinden. Hatten die verdächtigen Aktivitäten auf ihrem Instagram-Account am Wochenende vor ihrer Abgängigkeit noch den Eindruck erwecken können, Liebeskummer oder Streit in der Schule hätten Anlass zu einem freiwilligen Abtauchen gegeben, deutet die nunmehrige Darstellung über einen WhatsApp-Chat im Vorfeld des Verschwindens eher darauf hin, dass eine dritte Person involviert sein könnte.
Nachträgliche Funkzellenabfrage möglich
Eine GPS-Ortung des Handys von Rebecca sei nicht möglich, da dieses seit dem Morgen ihres Verschwindens nicht mehr in Betrieb genommen wurde. Auch eine Einwahl in eine Funkzelle kann nur stattfinden, wenn das Handy eingeschaltet ist. Allerdings ist es bis zu zehn Wochen rückwirkend noch möglich, festzustellen, ob und wo Rebeccas Handy zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeloggt war.
Hierfür muss die Polizei eine Anfrage an die Netzbetreiber stellen. Diese teilen dann den Behörden mit, welche Telefone sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im Umkreis des angefragten Mastes befunden hätten. „Statistisch gesehen wurde im letzten Jahr jede Berlinerin und jeder Berliner mehrmals mit seinen Telefondaten gespeichert“, zitiert die „Bild“-Zeitung Justizsenator Dirk Behrendt am Montag. Künftig müssen in Berlin alle Betroffenen über diese Maßnahmen informiert werden – allein im Vorjahr hätte dies in der Stadt etwa 60 Millionen Datensätze bei 474 Anfragen ergeben.
In Vermisstenfällen schreiben das „Informationssystem der Polizei“ (INPOL) oder bei Auslandsbezug INTERPOL die betreffenden Personen zur Fahndung aus.
Im Mai 2017 noch 1869 Kinder vermisst
Beim Bundeskriminalamt (BKA) waren, so „Bild“, am 1. Januar 2019 insgesamt 12 700 aktuelle Vermisstenfälle gespeichert, darunter ca. 10 600 Fälle Betroffener in Deutschland, täglich kommen zwischen 200 und 300 Fahndungen neu dazu oder werden gelöscht. Die meisten Fälle werden innerhalb weniger Tage aufgeklärt. Allerdings enthält die Datei auch Fälle von Personen, die bereits seit bis zu 30 Jahren verschwunden sind.
„Dramatische Fälle, die unaufgeklärt bleiben, bewegen sich im Jahresmittel im niedrigen ein- bis zweistelligen Bereich“, erklärt Daniel Kroll von der Initiative Vermisste Kinder gegenüber den „Stuttgarter Nachrichten“. Das BKA hat in seiner Vermisstendatei mit Stand Mai 2017 insgesamt 1869 ungeklärte Fälle zu vermissten Kindern bis zum 13. Lebensjahr erfasst.
Zu den spektakulärsten Vermisstenfällen der letzten Jahrzehnte zählten unter anderem die Fälle der 1996 auf dem Weg zu Schule vom Fahrrad gerissenen Sabine Dardenne, die anschließend 80 Tage lang im Keller des Hauses von Marc Dutroux im belgischen Marcinelle gefangen gehalten wurde, und der 2006 bekannt gewordene Fall der Wienerin Natascha Kampusch. Im Fall Dutroux stießen die Behörden auf einen Pädophilenring, der bis in die höchsten Kreise der Politik reichte. Im Fall Kampusch konnten Gerüchte, die in eine ähnliche Richtung gingen, nie erhärtet werden.
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