Versuchter Ehrenmord: Lange Haftstrafen für türkischen Vater und zwei Söhne – 19-Jährigen fast totgeschlagen
Sie hatten sich in der Schule kennengelernt, doch ihre Freundschaft verheimlichten sie vor den Familien. Es war die Nacht zum 20. Juni 2019, Fronleichnam, als sich das Mädchen (17) aus dem elterlichen Haus schlich, um sich mit ihrem Freund (19) zu treffen. Sie waren auf den Parkplatz des Waldfriedhofes in Meckenheim gefahren, um „zu chillen, Musik zu hören, zu dösen“. Doch bald schon sollte sich fast ein sogenannter Ehrenmord ereignen.
Der Vater des Mädchens, nach Angaben der „Welt“ein „45 Jahre alter Türke aus Meckenheim“, hatte bemerkt, dass seine Tochter nicht mehr in ihrem Zimmer schlief und machte sich mit den beiden Söhnen (26, 28) auf die Suche, mit zwei Autos und zu Fuß. Der jüngere Bruder des Mädchens entdeckte die jungen Leute schließlich im BMW des 19-Jährigen und informierte Vater und Bruder. Es war mittlerweile drei Uhr in der Nacht. Nach Angaben des „Bonner Generalanzeigers“ sollen die beiden zu diesem Zeitpunkt „völlig arglos und friedlich aneinander gekuschelt auf dem Beifahrersitz des Wagens gedöst haben“.
Blutrausch, der „Ehre“ wegen
Als der 45-jährige Vater des Mädchens mit seinen zwei Söhnen hinzukam, sollen die beiden halb entkleidet gewesen sein. Der Vater sah „Ehre und Ansehen der Familie beschmutzt“ und so beschloss er mit seinen Söhnen zusammen, den Jungen „zu erledigen“, so die Anklage. Dass das Mädchen beteuerte: „Papa, es ist nichts passiert“, half nichts mehr.
Daraufhin soll der 45-Jährige mit einem Radmutterschlüssel zwei Seitenscheiben des Autos zerstört und anschließend damit auf den jungen Mann eingeschlagen haben.“
Sie zerrten das schreiende Mädchen aus dem Auto, nachdem der Vater mit einem stählernen Radmutterschlüssel die Beifahrerscheibe eingeschlagen hatte. Der Vater schlug insgesamt siebenmal mit dem Radkreuz auf den Schädel des 19-Jährigen ein. Die Brüder des Mädchens traten das Opfer noch und nahmen ihm sein Handy ab. Danach machten sie Fotos von dem entsetzlich zugerichteten Schwerverletzten und auch von ihrer halb entkleideten Schwester. Diese wollten sie dem Vater des Jungen schicken.
Festnahme durch die Polizei
Ein 17-jähriger Schüler hatte sich nach einer Geburtstagsparty auf den Heimweg gemacht, als er gegen 3 Uhr nachts am Waldfriedhof vorbeikam und laut „WDR“ furchtbare Schreie eines Mädchens hörte“. Er alarmierte umgehend die Polizei.
Als die Einsatzkräfte nach fünf Minuten am Tatort ankamen, stürmte der Familienvater mit dem Radkreuz in der Hand auf die Beamten zu, schreibt der „Bonner Generalanzeiger“. Hinter sich her zog er seine Tochter am Haarschopf. Die Beamten zogen ihre Dienstwaffen und forderten ihn auf, die Waffe abzulegen: „Wir waren kurz vorm Schusswaffengebrauch“, so ein Beamter. Schließlich gab der Mann auf.
Den 19-Jährigen fanden sie blutüberströmt vor, mit offener Schädeldecke und ausgeschlagenen Zähnen. Die Schuhe des Vaters sollen während der Tat bis auf die Socken von Blut durchtränkt worden sein.
Die 17-Jährige erlitt ebenfalls Verletzungen, die in einem Krankenhaus behandelt werden.“
(Polizei Bonn, 20.6.19)
Wütender Besuch von Opfer-Familie
Am Nachmittag fuhren Angehörige des Opfers – nach Angaben des Pressesprechers und Richters am Landgerichts Bonn, Dr. Tobias Gülich, deutscher Staatsangehöriger mit mutmaßlich libanesisch-palästinensischem Hintergrund – zum Haus des 45-jährigen Familienvaters – laut Bestätigung durch Dr. Gülich türkischer Staatsangehöriger – und „hatten sich dort aggressiv verhalten“, berichtete der „WDR“ weiter.
Mehrere Streifenwagen wurden nach Meckenheim geschickt. Vor Ort wollten die Beamten zwei Männer fixieren, um „gewalttätige Ausschreitungen zu verhindern“. Die Männer konnten kurzfristig entkommen, wurden jedoch wenig später in der Nähe festgenommen und zum Polizeipräsidium gebracht. Gerüchte über einen mutmaßlich kurdischen Hintergrund des 45-Jährigen sind dem Landgericht Bonn bekannt, aber nicht bestätigt.
Urteil des Schwurgerichts Bonn
Das Schwurgericht in Bonn erkannte in seinem Urteil am vergangenen Freitag einen heimtückischen versuchten Mord aus niedrigen Beweggründen und verurteilte den Vater des Mädchens zu achteinhalb Jahren Haft. Seine beiden Söhne wurden aus demselben Grund für den gemeinschaftlichen Mordversuch mit je siebeneinhalb Jahren bedacht. Zwar gaben sie an, dass der Vater alleine zugeschlagen hatte, aber die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass sie das Opfer mit Tritten malträtiert und auch dessen Tod billigend in Kauf genommen hatten. Die Verteidigung kündigte Revision an. (sm)
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