Bergisch Gladbach: Razzien in vier Bundesländern gegen Pädo-Kriminelle
Bei Razzien in vier Bundesländern haben Polizisten am Dienstag weitere Tatverdächtige im Missbrauchskomplex Münster festgenommen. Wie eine Polizeisprecherin in Münster mitteilte, waren an den Durchsuchungen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hessen 180 Beamte beteiligt. Demnach wurden mindestens drei Haftbefehle vollstreckt.
In Münster war Anfang Juni ein Netzwerk von Pädokriminellen aufgedeckt worden. Ermittler in Nordrhein-Westfalen waren allein in den vergangenen eineinhalb Jahren mehreren schweren Missbrauchsserien an Kindern auf die Spur gekommen.
So waren auf einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde jahrelang zahlreiche Kinder missbraucht worden. Aktuelle Ermittlungen richten sich auch gegen ein Pädophilennetzwerk, das nach der Festnahme eines Tatverdächtigen in Bergisch Gladbach bei Köln aufgedeckt wurde.
Missbrauchsbeauftragter erschüttert über Ausmaß
Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat sich erschüttert von der Dimension des Missbrauchsfalls in Bergisch Gladbach gezeigt. Im Bayerischen Rundfunk (BR) forderte Rörig am Dienstag die Ministerpräsidenten der Bundesländer auf, das Thema zur Chefsache zu machen.
„Jede Landesregierung sollte sich selbst ins Stammbuch schreiben: Wenn sie nicht das Maximale tut, um diese abscheulichen Verbrechen zu verhindern, dann setzt sie sich im Ergebnis der Duldung dieser scheußlichen Verbrechen aus“, sagte Rörig. Deswegen müsse das Thema auf der Prioritätenliste nach ganz oben.
NRW macht Kindesmissbrauch zur Chefsache
Nordrhein-Westfalen sieht Rörig als Vorbild für alle anderen Länder. „In Nordrhein-Westfalen ist der Kampf gegen sexuelle Gewalt an Mädchen und Jungen jetzt zur Chefsache erklärt worden.“ Er sprach von einer „nationalen Daueraufgabe“.
Als er die Zahlen zum Fall Bergisch Gladbach gehört habe, sei er „erschüttert“ gewesen, „obwohl ich mich tagtäglich mit diesen dunklen Kapiteln unserer Gesellschaft befassen muss“.
Im Zusammenhang mit dem Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach gibt es nach Angaben des NRW-Justizministeriums inzwischen mehr als 30.000 unbekannte Tatverdächtige. Namentlich identifiziert sind bisher etwas mehr als 70 Tatverdächtige in ganz Deutschland.
Die Missbrauchsermittlungen hatten im vergangenen Oktober mit der Festnahme eines mutmaßlichen Täters in Bergisch Gladbach bei Köln begonnen – schnell wurde klar, dass der Fall größere Dimensionen haben könnte.
Im Mai war ein erster Täter – ein 27 Jahre alter Soldat – zu zehn Jahren Haft verurteilt und auf unbestimmte Zeit in der Psychiatrie untergebracht worden. (afp)
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