Polizeigewalt in Pforzheim? Einsatz löst Debatte aus
Ein Polizeieinsatz wegen eines Betrunkenen und Videomitschnitte von einem schlagenden Beamten im Internet haben die Debatte über Polizeigewalt in Deutschland wieder entfacht.
Nach dem Vorfall in Pforzheim hat die Staatsanwaltschaft am Montag ein Ermittlungsverfahren wegen möglicher Körperverletzung im Amt eingeleitet. Die Polizeigewerkschaft mahnte Zurückhaltung an, die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte eine möglichst unabhängige Aufklärung solcher Fälle. Und im Netz kommentierten Nutzer mal mehr, mal weniger sachlich ihre Sicht auf die Dinge.
Anlass ist nach Darstellung der Polizei, dass ein betrunkener Mann am Samstag in der Pforzheimer Nordstadt Passanten angepöbelt haben soll und Fahrzeuge anhalten wollte. Als eine Streife eintraf, sei der 25-Jährige aggressiv aufgetreten. Versuche, ihn zu beruhigen, seien gescheitert.
„Da von ihm erhebliche Gefahren ausgingen, musste er schließlich in Gewahrsam genommen werden“, hieß es weiter. „Weil er sich gegen die Maßnahmen massiv wehrte, musste er in der Folge zu Boden gebracht und fixiert werden, um die Widerstandshandlungen zu brechen.“ Er habe die Beamten angegriffen und versucht, sie zu verletzen. Ein Polizist sei verletzt worden und habe seinen Dienst abbrechen müssen.
Im Internet machen seither Videoaufnahmen die Runde, die unter anderem zeigen, wie ein Polizist einen am Boden liegenden und fixierten Mann schlägt. Auch das Wort „Arschloch“ ist zu hören.
Wie Polizeisprecher Dirk Wagner am Montag sagte, hatte der Mann 2,2 Promille intus, wurde leicht verletzt und nahm keine ärztliche Hilfe in Anspruch. Nachdem er ausgenüchtert war, habe er sich bei den Kollegen für sein Verhalten entschuldigen wollen.
„Kollegen ermitteln gegen Kollegen“
Unabhängig davon gelte es, das Vorgehen der Beamten zu untersuchen, sagte Wagner der Deutschen Presse-Agentur. Er räumte ein, dass die Szenen in den Videomitschnitten „brutal“ aussehen. „Wenn Fehlverhalten festgestellt wird, hat man Konsequenzen zu tragen.“
Das zu überprüfen ist nun Aufgabe eines anderen Präsidiums, nämlich jenes in Stuttgart, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Pforzheim. So solle die Neutralität gewahrt werden. Bis wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden, ist nicht absehbar.
Es sei immer schwierig, wenn Kollegen gegen Kollegen ermitteln, sagte der Polizei-Experte von Amnesty International Deutschland, Philipp Krüger. Auch Staatsanwaltschaften hätten oft Beißhemmung, weil sie in anderen Fällen mit der Polizei zusammenarbeiten. Wichtig sei daher größtmögliche Unabhängigkeit, forderte Krüger.
Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, warnte vor vorschnellen Urteilen: „In vielen Fällen ergibt sich bei einer Gesamtbetrachtung (…) ein ganz anderes Bild.“
Polizeigewalt ist nicht zuletzt durch tödliche Einsätze insbesondere in den USA immer wieder auch hierzulande ein Thema. Von den dortigen Verhältnissen ist Deutschland laut Krüger von Amnesty International weit entfernt. Dennoch gebe es auch in der Bundesrepublik ein Problem mit Polizeigewalt und vor allem der Aufklärung. So werde ein Großteil der Verfahren eingestellt. (dpa/dl)
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