„Nur über meine Leiche“: Messermörder von Ludwigshafen will nicht in Psychiatrie

Es war ein blutiger Tag für Ludwigshafen, jener 18. Oktober 2022, mit Toten und Schwerverletzten. Nun folgte das Urteil.
Im Stadteil Oggersheim sind  zwei Menschen getötet und ein weiterer schwer verletzt worden.
Tatort Oggersheim am 18. Oktober 2022. Hier wurden zwei Handwerker auf offener Straße ermordet.Foto: Keutz TV-NEWS/dpa
Von 31. Mai 2023

Vergangenen Oktober ereignete sich eine Amok-Serie in Ludwigshafen, die die Stadt erschütterte. „Die grausame Tat in Oggersheim erfüllt mich mit großem Entsetzen“, erklärte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) später in einer Stellungnahme. Das Urteil in dem Fall um Doppelmord und versuchten Mord erging am 24. Mai und bringt den Täter in die Psychiatrie. Dieser jedoch will in Revision gehen.

Das Urteil: Nicht schuldig

Der Prozess um die Morde und den versuchten Mord von Ludwigshafen begann am 10. Februar und sollte am 24. Mai mit dem Urteil beendet werden. Wenige Tage vor der Urteilsverkündung erklärte ein Kriminalbeamter vor dem Landgericht Frankenthal in Rheinland-Pfalz, dass die Untersuchung des Handys des geständigen Täters keine Anzeichen auf eine politisch oder religiös motivierte Tat ergeben habe, berichtet der SWR. Im ersten Bericht hatte der Sender noch geschrieben, dass der Mann während der Angriffe „Allahu Akbar“ gerufen habe.

Im Plädoyer hatte die Staatsanwaltschaft auf schuldunfähig und Unterbringung in einer Psychiatrie plädiert. Es gebe zwar die Mordmerkmale der Heimtücke, man sehe jedoch aufgrund der wahnbedingten Vorstellungen des Mannes keine niederen Beweggründe. Im Verlauf des Prozesses hatte ein gerichtliches Gutachten eine paranoide Schizophrenie bescheinigt.

Das Urteil fiel entsprechend aus: nicht schuldig.

Die 1. Große Strafkammer als Schwurgericht habe den Angeklagten freigesprochen und zugleich die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, schreibt „Ludwigshafen 24″. Bei der Tat sei durch die paranoide Schizophrenie zur Tatzeit die „Steuerungsfähigkeit aufgehoben“ gewesen, so die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsbegründung. Der Freispruch, „so schmerzhaft er sei“, sei unausweichlich.

Der Mann hat gegen das Urteil Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt. Mithilfe seines Dolmetschers hatte der Mann verkünden lassen: „Nur über meine Leiche. Ich lehne ihr Urteil sofort ab und gehe in Revision.“ Laut SWR-Angaben habe er immer wieder betont, „nicht verrückt“ zu sein. Deshalb habe er den Angaben nach auch immer wieder die Einnahme von Medikamenten gegen Schizophrenie und Psychosen abgelehnt.

Messer-Horror in den Straßen von Oggersheim

Der 18. Oktober 2022 war an einem ganz gewöhnlichen Dienstagmittag in Ludwigshafen-Oggersheim. Bis zu jenem Moment, als der 25-jährige Liban M. aus Somalia „mit Wut im Bauch“ die Wohngegend aufsuchte, in der seine Ex-Freundin lebt. Zwei Tage zuvor wurde der Mann durch die Polizei aus der Wohnung verwiesen und erhielt ein Annäherungsverbot. Den Angaben des Somaliers vor Gericht zufolge wollte dieser am Tattag eigentlich mit einem Nachbarn der Frau „kämpfen“, der, so sei er überzeugt gewesen, habe ihm die Frau „wegschnappen“ und ihr und ihren Kindern etwas antun wollen.

Zufällig traf der wütende Mann auf ein Handwerkerteam. Ein junger Maler, Jonas K., 20 Jahre alt, habe besagtem „Nachbarn“ ähnlich gesehen. „Ich habe das Messer herausgeholt und ohne Vorwarnung zugestochen“, zitiert „Ludwigshafen 24“ die von einem Dolmetscher übersetzte Aussage von Liban M. vor Gericht. Von einer „kriegerischen Auseinandersetzung“ habe der Somalier gesprochen, heißt es. Als sich den Angaben des 25-Jährigen nach der andere Mann eingemischt habe, habe dieser auch „das Messer abbekommen“. Bei dem zweiten Opfer handelte es sich um den 35-jährigen Sascha K. (35).

Zum späteren Obduktionsergebnis erklärte die Polizei, dass „der 35-Jährige aufgrund eines Stiches in den Halsbereich, der eine Vene und die Lungen verletzte“ gestorben sei und der 20-Jährige durch „inneres und äußeres Verbluten nach Stichverletzungen in den Brustkorb“.

Doch Liban M. war noch nicht fertig mit seinem Werk. Er hackte einem der Opfer einen Unterarm ab und warf diesen auf den Balkon der Ex-Freundin, bevor er flüchtete. Den Angaben des Gerichts nach soll er dabei gerufen haben: „Hier ist dein Geschenk!“

Liban M. rannte die Straße mehrere Hundert Meter hinunter, vorbei an einem Schulkomplex bis zu einer Rossmann-Filiale. Dort angekommen, betrat er den Laden und griff unvermittelt einen 27-jährigen Kunden an der Kasse an. Der Mann überlebte schwer verletzt. Den Aussagen des Täters zufolge habe er in seinem Kopf gehabt, „dass er dazu gehört“. Seine Opfer seien alle Teil „einer Familie“ gewesen, so der Somalier vor Gericht.

Die Staatsanwaltschaft glaubte ihm diese Geschichte nicht. Er habe gewusst, dass seine Opfer die ehemalige Lebensgefährtin gar nicht gekannt hatten, so die Anklagevertretung. Er habe sie auf „zutiefst verachtenswerte Weise als Subjekt seiner Wut“ missbraucht. Den Angaben nach habe Liban M. dem Sachverständigen gesagt, „aus Wut und Eifersucht bewusst deutsche Männer angegriffen zu haben“.

Den Horror auf Oggersheims Straßen beendete schließlich die Polizei mit vier Schüssen. Liban M. brach schwer verletzt zusammen und wurde ins Krankenhaus zur Notoperation gebracht.

Kritik an Faesers Schweigen

Wie die Epoch Times berichtete, bekam die Schreckenstat in den sozialen Medien noch einen politisch faden Beigeschmack. Viele User vermissten eine Erklärung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser und reagierten mit Unverständnis – insbesondere, weil Faeser zwei Tage später auf Twitter einen mutmaßlichen Brandanschlag auf ein Flüchtlingshotel in zum Groß Strömkendorf bei Wismar gleich mehrfach kommentierte und mutmaßte: „Wenn sich Brandstiftung bestätigt, ist das ein menschenverachtendes Verbrechen, das mit aller Härte verfolgt wird.“ Die Ministerin teilte einen „Spiegel“-Artikel, der von einer „Hakenkreuz-Schmiererei“ am Eingangsschild des Gasthofs berichtete.

Der Faeser-Tweet wurde mehrfach kommentiert: „Brandstiftung wäre schlimm, ja. Was sagen Sie zu Ludwigshafen? Da sind Täter und das verübte Verbrechen bereits bekannt! No comment?“ Ein anderer User wunderte sich: „Ja, das ist ganz sicher eine furchtbare Nachricht. Aber warum hört man nichts von Ihnen zu Ludwigshafen? Ist das weniger furchtbar? Leider vermitteln Sie durch Ihr Schweigen genau das.“ Eine Frau meinte ärgerlich: „Was ist mit den Opfern von Ludwigshafen? Sind diese Menschen keine Erwähnung wert? Eine Schande.“

Das Feuer im Gasthof in Groß Strömkendorf stellte sich später doch nicht als rechtsradikaler Brandanschlag heraus. Ein Feuerwehrmann geriet unter dringenden Tatverdacht, das „Brandgeschehen in Groß Strömkendorf (als) […] Teil einer Brandserie von 19 Taten im Bereich des Amtes Neuburg-Steinhausen“ gelegt zu haben. Die Polizei kam zu der Erkenntnis, dass das von Unbekannten angeschmierte Hakenkreuz mit Stand der Ermittlungen keinen „Zusammenhang mit dem Brandgeschehen und damit für eine politisch motivierte Tat ergeben“ habe.



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