Missbrauch auf Campingplatz: Kriminalbeamtenbund attackiert NRW-Regierung – Polizeigewerkschaft will lückenlose Aufklärung
Im Skandal um verschwundene Beweisstücke nach dem massenhaften Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz in Lügde erhebt der Bund Deutscher Kriminalbeamter Vorwürfe gegen die NRW-Landesregierung. BDK-Chef Sebastian Fiedler sagte dem WDR, seit mehreren Jahren würden seine Kollegen in Lippe darauf hinweisen, dass sie am Limit arbeiten. Gestern wurde bekannt, dass in der Kreispolizeibehörde Lippe mit Sitz in Detmold schon seit Wochen Beweismaterial verschwunden ist. Landesinnenminister Herbert Reul sprach von „Polizeiversagen“.
Keine Hinweise auf Diebstahl
Die Staatsanwaltschaft Detmold hat derzeit keine Hinweise darauf, dass die bei der Polizei verschwundenen Beweismittel im Fall in der Missbrauchsserie auf einem Campingplatz in Nordrhein-Westfalen gestohlen wurden. „Bis zum jetzigen Zeitpunkt geht die Staatsanwaltschaft – wie auch die Sonderermittler – davon aus, dass die Asservate aufgrund nachlässigen Umgangs nicht auffindbar sind und nicht entwendet wurden“, teilte die Behörde am Freitag mit.
Natürlich werde aber auch die Möglichkeit eines Diebstahls der 155 Datenträger nicht ausgeschlossen, erklärte die Behörde weiter. „Bislang haben sich dafür allerdings zureichende tatsächliche Anhaltspunkte nicht ergeben.“ Dementsprechend sei im Fall der verschwundenen Beweismittel derzeit auch kein Ermittlungsverfahren anhängig. „Es existiert lediglich ein Prüfvorgang, in dem die laufenden Erkenntnisse gesammelt werden“, hob die Ermittlungsbehörde hervor.
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die 155 CDs und DVDs bei der Kreispolizei Lippe vermisst werden. Die Datenträger hatten Ermittler im Fall der jahrelangen Kindesmissbrauchsserie auf dem Campingplatz „Eichwald“ in Lügde-Elbrinxen bei dem 56-jährigen Hauptverdächtigen beschlagnahmt. Zur Aufklärung der Vorfälle entsandte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) fünf Beamte des Düsseldorfer Landeskriminalamts als Sonderermittler nach Detmold.
Die Missbrauchsserie von Lügde war am 30. Januar bekannt geworden. Nach jüngstem Ermittlungsstand wurden auf dem dortigen Campingplatz über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren mindestens 31 Kinder missbraucht. Die meisten waren zur Tatzeit zwischen vier und 13 Jahre alt. Neben dem 56-Jährigen sitzen zwei weitere Tatverdächtige in Untersuchungshaft.
NRW-Chef der Polizeigewerkschaft: Im Fall Lügde nichts unter den Tisch kehren
Nach dem Verschwinden der Beweismitteln im Fall des mehr als tausendfachen Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz in Nordrhein-Westfalen hat die Deutsche Polizeigewerkschaft lückenlose Aufklärung gefordert. „In keinem Strafverfahren dürfen Beweismittel verschwinden – das geht überhaupt nicht“, sagte der NRW-Chef der Gewerkschaft, Erich Rettinghaus, der „Rheinischen Post“ vom Freitag.
Nun müsse gründlich ermittelt werden, sagte Rettinghaus. „Nichts darf unter den Tisch gekehrt werden, man muss transparent mit dem Fall umgehen.“ Zunächst aber gelte die Unschuldsvermutung, ergänzte er.
Zuletzt waren die in einem Aktenkoffer und einer Hülle gelagerten Datenträger im Dezember in einem speziellen Auswertungsraum der Kriminalpolizei in Detmold gesehen worden, ihr Verlust wurde erst rund sechs Wochen später festgestellt. Zur Aufklärung der Vorfälle entsandte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) fünf Beamte des Düsseldorfer Landeskriminalamts als Sonderermittler.
Reul sprach von einem „Desaster“. Zugleich betonte der Minister, die Gesamtermittlungen seien nicht gefährdet. Auf den vermissten CDs und DVDs können sich demnach maximal 0,7 Terabyte an Daten befinden. Beschlagnahmt hatten die Ermittler 15 Terabyte Daten.
Die Kreispolizei in Lippe räumte am Donnerstagabend „eklatante Fehlleistungen“ bei den Ermittlungen in dem Aufsehen erregenden Fall ein. „Diese hätten nicht geschehen dürfen“, erklärte sie.
Wie die „Rheinische Post“ laut Vorabmeldung vom Freitag zusätzlich berichtete, war bei der Kreispolizei in Lippe ein Polizei-Anwärter mit der Auswertung des sichergestellten Beweismaterials betraut. Dies habe die Behörde ihr gegenüber bestätigt, schrieb die Zeitung.
Zudem ermittelt das Polizeipräsidium Bielefeld in dem Fall wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt gegen Polizeibeamte und wegen des Verdachts der Verletzung der Fürsorgepflicht gegen Mitarbeiter von Jugendämtern. Hintergrund ist, dass einem 56-jährigen Tatverdächtigen 2016 ein damals fünfjähriges Pflegekind anvertraut wurde, an dem er sich ebenfalls vergangen haben soll. (afp/dpa)
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