Klärung des tödlichen Polizeieinsatzes dauert
Bis zur Klärung der tödlichen Polizeikontrolle in Mannheim ist Geduld gefragt. „Wir müssen uns Zeit nehmen, das zu rekonstruieren“, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg am Donnerstag.
„Wir müssen sekundengenau das Tatgeschehen nachvollziehbar machen.“ Die abschließenden Obduktionsergebnisse sollen in sechs bis acht Wochen vorliegen.
Die an dem Einsatz am Montag beteiligten Polizisten hatten ihre Bodycams nicht aktiviert. Dennoch rechnet die Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit Antworten auf die wichtigsten Fragen. „Ich gehe davon aus, dass die Hintergründe und Umstände dieses Geschehens restlos aufgeklärt werden“, sagte der baden-württembergische Landeschef Gundram Lottmann der Deutschen Presse-Agentur. Er verwies auf sehr viele Zeugen und Videos. Der Einsatz könne daher auch ohne die Kameras rekonstruiert werden, gab er sich zuversichtlich.
Spuren stumpfer Gewalt gefunden
Bei der Polizeikontrolle in der Mannheimer Innenstadt war ein 47 Jahre alter Mann zusammengebrochen. Die Einsatzkräfte und ein anwesender Arzt des Zentralinstituts für seelische Gesundheit Mannheim, der mit der Polizei den Patienten gesucht hatte, kümmerten sich um den Mann. Später starb dieser aber im Krankenhaus.
Nach LKA-Angaben vom Mittwochabend wurden Spuren stumpfer Gewalt an der Leiche des Mannes festgestellt. Diese seien „von geringer Intensität gewesen“. Es sei weiter unklar, ob der 47-Jährige eines gewaltsamen oder eines natürlichen Todes gestorben sei. Der Mann habe auch eine Herzinsuffizienz (Herzschwäche) gehabt.
Im Internet kursieren Videos, auf denen Schläge eines Polizisten gegen den Kopf eines auf dem Boden liegenden Mannes zu sehen sind. Der 47-Jährige soll sich nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft gewehrt haben.
Polizisten werden suspendiert
Gegen die beiden Polizisten wird wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge ermittelt. Sie sind vom Dienst suspendiert, wie der Mannheimer Polizeipräsident Siegfried Kollmar am Mittwochabend bei einer Pressekonferenz gesagt hatte.
Die Ermittler sehen sich seit dem Vorfall heftiger Kritik und einer Debatte über Polizeigewalt ausgesetzt. „Wir ermitteln gründlich, aber das erfordert Zeit“, sagte Staatsanwalt Romeo Schüssler. „Niemand muss uns dazu auffordern herauszufinden, was passiert ist.“
Die Polizisten hatten ihre Bodycams den Angaben nach bei dem Einsatz nicht angestellt. Die Schulterkameras sollen vor allem Angriffe auf Beamte dokumentieren. In den meisten Fällen werden sie im sogenannten Pre-Recording-Modus genutzt: Dabei werden kontinuierlich kurze Sequenzen aufgezeichnet und nach 45 Sekunden überschrieben. Erst wenn der Beamte ein zweites Mal auf einen Knopf drückt, wird die letzte Sequenz nicht gelöscht und auch die weitere Aufnahme gespeichert.
Warum liefen die Bodycams nicht?
Wie der LKA-Sprecher am Donnerstag sagte, ist dieses Vorgehen mit Datenschützern abgesprochen. Allerdings müsse man dann in einem „dynamischen Geschehen“ daran denken, noch auf den Kameraknopf zu drücken und dies auch anzukündigen. LKA-Präsident Andreas Stenger hatte am Mittwoch gesagt, das wäre laut Dienstanweisung angezeigt gewesen. Warum es nicht passierte, sei Gegenstand der Ermittlungen.
Der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink erklärte, der Einsatz von Bodycams sei nur dann zulässig, wenn es zur Abwehr einer Gefahr erforderlich sei. In bestimmten Fällen sei dies auch ohne vorherige Ankündigung zulässig: „Wenn beispielsweise aufgrund einer akuten Situation keine Zeit für eine vorherige Information möglich ist.“ Tatsächlich könne es vorkommen, dass Beamte im Einsatzgeschehen keine Gelegenheit haben oder nicht daran denken, die Kamera einzuschalten.
GdP-Landeschef Lottmann erwartet allerdings kein Aufflammen einer Debatte über den Einsatz solcher Kameras, die seit der landesweiten Einführung des Geräts 2019 bei Zehntausenden Einsätzen benutzt wurden. „Wenn aber der konsequente Gebrauch von Bodycams gefordert wird, dann stehe ich dahinter“, sagte Lottmann der dpa. „Dann muss sie aber auch überall und ohne Abstriche genutzt werden dürfen.“ (dpa/red)
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