Großrazzia in Leipzig: Kriminelles Scheinehe-Netzwerk fliegt auf
Der schönste Tag im Leben eines Paares: Der Ring am Finger, ein Lächeln auf den Lippen. Doch so vertraut, wie das Paar scheint, ist es nicht. Denn ihre Ehe wurde vom Boss eines kriminellen Netzwerkes für Scheinehen arrangiert. Hafiz Mohammad Y. ging der Leipziger Polizei bei einer großangelegten Razzia in der vergangenen Woche ins Netz.
Auf diesen Moment hatten die Beamten zwei Jahre lang hingearbeitet. Am Mittwochmorgen schlug die Bundespolizei laut „Bild“ mit 500 Beamten an 39 verschiedenen Orten zu. Auf ihrer Liste standen 61 Beschuldigte. Auch die Wohnung des 52-jährigen Bandenchefs wurde gestürmt. Er wurde festgenommen. Polizeidirektor Markus Pfau, Leiter der Kriminalitätsbekämpfung der Bundespolizei in Halle sagte später:
Heute ließen wir unseren langwierigen und komplizierten Ermittlungen einen empfindlichen Schlag gegen die Bande folgen. Die Beschuldigten haben unseren Rechts- und Sozialstaat gezielt getäuscht; auf Kosten der Allgemeinheit. Dies konnten wir heute vereiteln.“
Der Pakistaner sei bereits in den 1990ern nach Deutschland gekommen. Dem Vermittlungsprofi sei es laut Pfau gelungen, ein Netzwerk zu spannen „aus potenziellen Scheinehepartnern, aus Wohnungsgebern, aus Arbeitgebern, die fingierte Arbeitsverträge und Lohnbescheinigungen ausstellen, und weiteren Helfern in der Region.“ Sie alle hätten ihren Anteil vom Kuchen abbekommen und mitgemacht.
Der gefasste Schleuser hätte über die Jahre die Kommunikation für die Ehepaare auf den Ämtern übernommen und alles geregelt, so dass es gar nicht auffallen konnte, dass sich der Mann und die Frau nicht kannten.
Die Masche der Scheinehen-Vermittler
Der Mann, oft aus Pakistan oder Indien, zahlt 15.000 bis 22.000 Euro. Dafür gibt es die Schleusung nebst Touristenvisum nach Europa. Hier wartet schon die eingeschleuste Zukünftige. Bei ihr handelt es sich um eine Frau aus Rumänien, Tschechien oder Bulgarien, meist verarmt und alleinerziehend. Für die fingierte Ehe winken ihr 2.000 Euro.
Nachdem sich das angeblich im Ausland getraute Paar bei deutschen Behörden unter Vorlage von gefälschten Arbeits- und Mietverträgen samt Lohnzetteln angemeldet hat, geht die Frau zurück in ihre Heimat. Zu diesem Zeitpunkt hat der Mann schon seine EU-Aufenthaltskarte und darf offiziell in Deutschland leben, arbeiten, ein- und ausreisen.
Auf diese Art und Weise sind Frauen laut „Bild“ oft mit sieben oder acht Pakistanern verheiratet. Denn eine Vernetzung in den unterschiedlichen Meldesystemen gibt es offenbar nicht.
Wir haben mit Ausländerbehörden in ganz Deutschland gesprochen und dabei festgestellt, dass viele leider immer noch nichts von dieser Scheinehen-Masche wissen. Auch deshalb muss man von einem großen Dunkelfeld ausgehen. Da müssen dringend die Augen geöffnet werden“, sagte Pfau.
Bei der Razzia wurden 29 Personen festgenommen. Es wurden Unterlagen, Bargeld, Datenträger und Mobiltelefone sichergestellt. Davon erhoffen sich die Beamten neue Anhaltspunkte für ihre weiteren Ermittlungen. (sua)
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