Cum-Ex-Prozess gegen Hamburger Bankier Olearius beginnt
Bei der Aufarbeitung des milliardenschweren Cum-Ex-Steuerskandals hat der Prozess gegen den Hamburger Bankier Christian Olearius begonnen. Er erschien am Montag zum Prozessauftakt im Gericht und bestätigte seine Personalien.
Dem 81-jährigen Gesellschafter der Privatbank Warburg werden vor dem Bonner Landgericht 13 Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung vorgeworfen, die sich auf den Zeitraum 2006 bis 2013 beziehen.
Hinzu kommt ein weiterer Hinterziehungsvorwurf: Von 2016 bis 2019 soll Olearius mit falschen Angaben versucht haben, eine Steuernachzahlung zu verhindern. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Steuerschaden auf insgesamt 280 Millionen Euro (Az. 63 KLs 1/229).
Der Prozess
Der Angeklagte Olearius hat die Vorwürfe in der Vergangenheit stets zurückgewiesen. Vor Prozessbeginn wollte er sich nach Angaben seines Sprechers nicht dazu äußern. Es sind bis März 2024 insgesamt 28 Verhandlungstage geplant. Dem früheren Warburg-Chef drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Die Vorwürfe
Der frühere Chef der Bank soll sich detailliert mit Cum-Ex-Strategien befasst und entsprechende Geschäfte abgesegnet haben. Der Anklageschrift zufolge war er in alle Planungen eingebunden und kannte alle Abläufe und maßgeblichen Entscheidungen. Zudem war er für die Unterzeichnung von Steuererklärungen zuständig, in deren Folge Steuern erstattet wurden, die zuvor gar nicht gezahlt worden waren.
Treffen mit Olaf Scholz
Im Rahmen des Versuchs, die Steuernachzahlung zu verhindern, traf sich Olearius in den Jahren 2016 und 2017 mit dem damaligen Hamburger Rathauschef und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Nach den Treffen verzichtete die Hamburger Finanzverwaltung trotz zunächst anderer Pläne vorerst auf die Rückforderungen, wodurch die unrechtmäßige Rückerstattung von Kapitalertragssteuern in Höhe 47 Millionen Euro in die Verjährung lief. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst auf wiederholte Weisung des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert. Später beglich die Bank nach eigenen Angaben alle Forderungen.
Verdacht der politischen Einflussnahme
Die Frage, ob es damals eine politische Einflussnahme auf die Hamburger Steuerverwaltung gab, beschäftigte bereits Untersuchungsausschüsse im Bundestag und in der Hamburgischen Bürgerschaft. Scholz verneint die Frage, beruft sich bezüglich der Treffen mit Olearius aber auf Erinnerungslücken. Womöglich bringt der Bonner Prozess auch Erkenntnisse zu diesem brisanten Thema – in der ausführlichen Anklageschrift gegen Olearius kommt der Name Scholz mehrfach vor.
„Die Warburg Bank hat sich an Olaf Scholz gewandt, um eine steuerliche Verjährung der Tatbeute zu erreichen, da sie auf dem legalen Behördenweg nicht mehr weiterkam“, sagt der frühere Linken-Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi. Der Bonner Prozess sei wichtig für den wehrhaften Rechtsstaat. „Cum-Ex-Geschäfte sind schwerste organisierte Kriminalität.“ Von Olearius erwarte er „Einsicht und Reue“.
Der Cum-Ex-Steuerskandal
Bei dem Geschäftsmodell inszenierten Banken und andere Finanzakteure ein Verwirrspiel für den Fiskus mit Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenansprüchen. Dabei wurde der Bund insgesamt um einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag geprellt. Der Bundesgerichtshof wertete die Geschäfte 2021 als Straftat. Es gab bereits mehrere Verurteilungen. So bekam der Anwalt Hanno Berger, eine der treibenden Kräfte hinter dem Geschäftsmodell, zwei Haftstrafen. (dpa/dl)
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