Attacke auf ZDF-Heute-Show in Berlin: „Sie sind mit Totschlägern auf das Team los“ – Alle Festgenommenen frei
Nach den Krawallen in Berlin kommen fast zwei Dutzend Personen am Samstag vor den Haftrichter. „Wegen gewalttätiger Ausschreitungen vom 1. Mai wird heute über die Vorführung von 25 vorläufig festgenommenen Beschuldigten zum Erlass von Haftbefehlen entschieden“, teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Morgen mit.
Unter den Festgenommenen sollen auch mehrere Tatverdächtige wegen eines Angriffs auf ein Kamerateam der ZDF-Satiresendung „Heute Show“ sein. Die Motive der Täter sind zunächst weiter unklar. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen, sagte die Berlin Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Samstag im rbb-„Inforadio“. Mit Verweis auf laufende Ermittlungen wollte sie sich ansonsten nicht zu den Hintergründen äußern.
Polizeipräsidentin Slowik: „Feiger Angriff“
Nach Dreharbeiten zum Demonstrationsgeschehen am 1. Mai war das ZDF Team laut Slowik aus einer Gruppe von etwa 20 vermummten Personen heraus attackiert worden. „Das war ein feiger Angriff“, sagte Slowik.
Fünf Teammitglieder wurden nach Angaben des Senders verletzt. Laut Polizei mussten vier von ihnen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Das ZDF und Journalisten-Gewerkschaften verurteilten den Angriff. Sechs Tatverdächtige seien festgenommen worden, die nach dpa-Informationen dem linken Spektrum zuzurechnen sind.
Die Tatverdächtigen, vier Männer (24, 25 und 31) und zwei Frauen (25, 27), wurden jedoch am Samstag wieder auf freien Fuß gesetzt. Bei vier der Festgenommenen habe kein dringender Tatverdacht vorgelegen, bei zwei seien keine Haftgründe gegeben gewesen, schreibt der „Merkur“.
Festnahmen wegen gewalttätiger Ausschreitungen vom 1. Mai: 1 Haftbefehl wurde antragsgemäß erlassen, 1 weiterer Haftbefehl ist beantragt. I. Ü. – auch bezüglich des Angriffs auf das ZDF-Kamerateam – kein dringender Tatverdacht bzw. keine Haftgründe. Die Besch. wurden entlassen.
— GenStA Berlin (@GStABerlin) May 2, 2020
Gefährliche Dreharbeiten in Berlin
Der Vorfall ereignete sich bei Dreharbeiten für die „heute-show“ in Berlin-Mitte. Dem ZDF zufolge wurden die Mitarbeiter angegriffen, als sie auf dem Weg zu ihren Fahrzeugen waren. ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler verurteilte die Tat. „Die Pressefreiheit ist – gerade in diesen Tagen – ein hohes Gut“, erklärte Himmler. „Unsere Sorge gilt nun jedoch zuallererst den Teammitgliedern und ihrer Gesundheit.“
„Wir sind schwer betroffen und wünschen den Kollegen eine schnelle Genesung“, erklärte die Redaktion der „heute-show“ auf Twitter. „Mehrere Teammitglieder sind im Krankenhaus, unser Reporter Abdelkarim ist unverletzt.“
Das heute show Kamerateam, der Aufnahmeleiter, drei Sicherheitsleute und ich wurden von einer sehr aggressiven Gruppe angegriffen. Einige von uns mussten ins Krankenhaus. Zum Glück geht es nach aktuellem Stand aufwärts. Ich wünsche ihnen weiterhin gute Besserung und Erholung.
— ??????????? (@AbdelkarimsLP) May 2, 2020
Der Kabarettist Abdelkarim Zemhoute selbst bedankte sich auf Twitter für die große Anteilnahme und wünschte den verletzten Teammitgliedern gute Besserung. Unter ihnen waren auch eigens vom ZDF engagierte Sicherheitsleute.
Vielen Dank auch allen Zeugen, den Polizisten und Rettungssanitätern und den drei übermenschlichen Sicherheitsleuten aka Gladiatoren für die große Hilfe (Auch wenn alle Genannten sagten „Dafür sind wir ja da“).
— ??????????? (@AbdelkarimsLP) May 2, 2020
Außenminister Maas: „Wir stehen an Eurer Seite!“
„Wir stehen auf Eurer Seite“, schrieb Außenminister Heiko Maas (SPD) ebenfalls auf Twitter. Er nannte den Angriff „erschreckend“.
Ich wünsche dem Team der @heuteshow, das heute auf erschreckende Art und Weise angegriffen worden ist, gute Besserung. Wir stehen an Eurer Seite! Lasst Euch Euren Humor und Eure Leidenschaft nicht nehmen von feigen Gewalttätern. #heuteshow
— Heiko Maas ?? (@HeikoMaas) May 1, 2020
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) reagierte entsetzt auf den Angriff. „Ich wünsche den Kolleginnen und Kollegen, die bei der Attacke verletzt wurden, gute und schnelle Genesung“, sagte der DJV-Vorsitzende Frank Überall. „Das war ein feiger und durch nichts zu rechtfertigender Überfall auf Journalisten, die ihrer Aufgabe der Berichterstattung nachgekommen sind.“
Ähnlich äußerte sich die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (DJU): „Das war ein Angriff auf die Pressefreiheit, der nicht zu rechtfertigen ist und aufgeklärt werden muss. Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“
Produktionschef Ortmann schockiert
Der Geschäftsführer der Produktionsfirma TV United, Harald Ortmann, zeigte sich ebenso schockiert. Die Firma hatte dem ZDF den Kameramann und den Tonassistenten gestellt. Das ZDF zitierte den Firmenchef, der selbst früher als Kameramann unterwegs war und sagte, dass er dies in über 30 Jahren nicht erlebt habe. „In unserem Land sind es Teile der Bürger, die so mit den Medien umgehen“, so Ortmann. Das finde er alarmierend.
Sie sind mit Totschlägern auf das Team los. Unserem Tonassistenten wurde ins Gesicht getreten – mit einer Brutalität, mit der man in Kauf genommen hat, dass es ein Mensch nicht überlebt.“
(Harald Ortmann, TV United)
Die aktuelle Ausgabe der „heute-show“ wurde am Freitagabend ausgestrahlt. Der Vorfall in Berlin wurde in der Sendung aber nicht thematisiert, da diese schon am frühen Nachmittag aufgezeichnet worden war. (dts/afp/sua)
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