Berlin: Enormer Anstieg von Suizidversuchen seit April – Senat unter Antwortdruck

Die Antwort des Berliner Senats auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe förderte erschreckende Zahlen zutage. Der rasante Anstieg der Fälle begann im Monat nach dem ersten Lockdown.
Titelbild
Einer der vielen Notarzt-Einsätze.Foto: iStock
Epoch Times13. November 2020

Der interne Einsatzcode 25D03 wird in Berlin immer häufiger verwendet. Er steht für das Einsatzgeschehen „Beinahe Strangulierung/ Erhängen, jetzt wach mit Atembeschwerden“ und bezeichnet im Grunde genommen einen Selbstmordversuch.

In diesem Jahr verzeichnete die Feuerwehr einen dramatischen Anstieg an Suizidversuchen, wie die Einsatzzahlen belegen, die die Senatsverwaltung für Inneres dem Abgeordneten Marcel Luthe (ehemals FDP) aufgrund einer Kleinen Anfrage übermittelten. Waren es 2018 noch sieben derartige Einsätze und 2019 drei, kletterten die Fallzahlen für 2020 auf 294 Einsätze – und das nur bis Oktober.

Extremer Anstieg ab April

Dabei gab es in den ersten beiden Monaten keine Fälle und im März, zur Zeit des Lockdowns, einen Fall. Doch dann explodierten die Zahlen regelrecht, wobei die höchsten Zahlen im Monat nach dem Lockdown und im August und September zu verzeichnen waren. Zahlen für den November, den Monat des 2. Lockdown („light“), müssen abgewartet werden.

  • April 48
  • Mai 29
  • Juni 30
  • Juli 38
  • August 56
  • September 57
  • Oktober 35

 

Wie die „Berliner Zeitung“ im Gespräch mit dem aktiven Feuerwehrmann Micha Quäker erfuhr, der auch Landesvorsitzender der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft ist, gebe es auch Anstiege in anderen Bereichen: „Die Suizidquote geht in diesen Zeiten nach oben, wie auch die Fälle von häuslicher Gewalt.“

Der Abgeordnete Luthe – nach seiner Einschätzung der Situation aufgrund der Zahlen befragt – sagte der Zeitung, dass jeder einzelne dieser Fälle das Ergebnis einer tiefen Verzweiflung sei: „Woher diese rührt und weshalb es einen derart immensen Anstieg gibt, muss der Senat aufklären und die Ursachen, die in vielen Fällen Menschenleben kosten können, sofort abstellen“, so der Abgeordnete.

Deutliche Worte aus den USA

Die Zeitung verweist auf Zusammenhänge, die in den USA beispielsweise deutlich angesprochen werden. Demnach befürchten US-Wissenschaftler laut einem „Tagesschau“-Bericht, „dass in den nächsten Jahren bis zu 75.000 Amerikaner zusätzlich entweder durch Alkohol- oder Drogenmissbrauch oder durch Suizid ums Leben kommen werden“.

Jack Westfall, Direktor des Robert Graham Center in Washington, arbeitete an einer Studie des Well Being Trust mit. Er berichtete der ARD-Sendung im Skype-Interview, dass Jobverlust und damit verbundene Existenzängste am häufigsten zu Suizid führten. „Der zweite Faktor ist die tiefgreifende soziale Isolation.“ Dies habe es in der Form noch nie gegeben, nicht in den USA, „noch sonst irgendwo“. Diese soziale Isolation rufe psychische Störungen hervor und begünstigten damit Suizid und Drogenmissbrauch enorm.

Die „Berliner Zeitung“ hat am Ende ihres Berichts eine Reihe von Notfallnummern von Beratungsstellen angefügt, die Menschen in ausweglosen Situationen helfen können. (sm)



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