Todesfahrt in Mannheim: Ermittler sehen „konkrete“ Anhaltspunkte auf psychische Erkrankung

Nach der tödlichen Fahrt in der Fußgängerzone von Mannheim gibt es „konkrete Anhaltspunkte auf eine psychische Erkrankung des Täters“, erklärte Staatsanwalt Romeo Schüssler auf einer Pressekonferenz am Montagabend. Schüssler sagte jedoch auch: „Nach bisherigen Erkenntnissen können wir ausschließen, dass es sich um eine politisch motivierte Tat handelt.“
Wie der Präsident des Landeskriminalamtes, Andreas Stenger, mitteilte, habe der Tatverdächtige bisher nicht vernommen werden können. Entsprechende Verletzungen deuteten darauf hin, dass sich der Mann vor seiner Festnahme mit einer Schreckschusspistole in den Mund geschossen habe.
Im Stadtzentrum Mannheim
Die Tat ereignete sich am Rosenmontag, 3. März 2025, in der Mittagszeit. In einer frühen Erklärung der Polizei wurde bereits klar, dass nach bisherigen Erkenntnissen „ein Auto in eine Personengruppe in der Mannheimer Innenstadt gefahren“ war, wie Polizeisprecherin Celina-Marie Petersen vom Polizeipräsidium Mannheim erklärt hatte. In einer weiteren Erklärung der Polizei, etwa eineinhalb Stunden später, war von einem Todesopfer und mehreren Verletzten die Rede. Der Täter sei nach „sofort eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen ermittelt und festgenommen“ worden, hieß es.
#MA0303 #Mannheim:#UPDATE: Zum derzeitigen Stand der Ermittlungen handelt es sich um einen Einzeltäter, der bereits festgenommen wurde.
Hinweise auf einen zweiten Täter können zum jetzigen Stand nicht bestätigt werden.
Es besteht aktuell keine Gefahr für die Bevölkerung! https://t.co/MoDSor0CtE— Polizei Mannheim (@PolizeiMannheim) March 3, 2025
Auf einer hochrangigen Pressekonferenz am Abend nach der Tat war auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser vor Ort in Mannheim – und ordnete die Tat ein: „ein Horror am hellichten Tag, bei schönstem Wetter, in der Mittagspause, (…) in einer Fußgängerzone“.
Für Landesinnenminister Christian Strobel (CDU) gab es zu diesem Zeitpunkt noch „keinen Hinweis, auf einen extremistischen oder religiösen Hintergrund“. Strobel vermutete aber, „die Motivation könnte eher in der Person des Täters begründet sein“. Das sei aber Gegenstand der laufenden Ermittlungen, so der für Baden-Württembergs Sicherheit zuständige Minister, der konstatierte: „Wir werden absolute Sicherheit niemals geben können. Wir können auch nicht unsere Innenstädte zu umzäunten Festungen machen.“
Für Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, war es einfach „traurig, dass wieder eine so schlimme Tat passiert ist“. Der Grünenpolitiker sprach „den Angehörigen der beiden, die dabei umgekommen sind“ sein Mitgefühl aus – und auch der Bürgerschaft von Mannheim, „die schon wieder solch ein schreckliches Ereignis verkraften muss“. Er wünsche der Bürgerschaft, „weiter, dass sie das einfach aushalten kann“. Kretschmann erklärte, er könne „allen nur versichern: Wir tun, was der Staat tun kann, um seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen“. Die Tat zeige aber, dass es 100-prozentigen Schutz leider nicht geben könne.
Kretschmann: Einzeltäter mit finsteren Motiven
Kretschmann versicherte zudem, dass er „aus allen Taten, sofern daraus Konsequenzen zu ziehen waren“, habe er die gezogen. „Aber manchmal ist es einfach nur tragisch und schlimm und es sind Einzeltäter, die teilweise aus finsteren Motiven handeln. Manche sind aber auch krank und verwirrt.“ Das kläre man aber jeweils – und das werde auch diesmal geklärt. „Wir können heute an diesem Tag einfach nur traurig sein und Anteil nehmen.“
Für Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) war es ein schwarzer Tag – wie auch schon an jenem 31. Mai im vergangenen Jahr, als ein Messerattentäter den Infostand des Vorsitzenden des bayerischen Landesverbandes der Pax Europa-Bürgerbewegung, Michael Stürzenberger, in Mannheim angriff. Der afghanische IS-Sympathisant verletzte insgesamt sechs Personen, wovon einer, der 29-jährige Polizeihauptkommissar Rouven Laur, zwei Tage später im Krankenhaus verstarb.
Rasches Handeln dank Videoüberwachung
Am heutigen Abend war Christian Specht einfach nur dankbar für die Videoüberwachung in der Fußgängerzone, „um innerhalb kürzester Zeit erkennen zu können: Es handelt sich hier nicht um eine einfache Unfallsituation, sondern um eine schwere Tragödie.“ Daher sei es möglich gewesen, so der Stadtchef, rasch 30 Rettungswägen, viele Polizisten und rund 300 Einsatzkräfte von Rettungsorganisationen mobilisieren zu können.
Specht nannte als Bilanz des Vorfalls in seiner Stadt: Zwei Tote, vier Schwerverletzte und sechs leicht verletzte Menschen – und all jene, die die Tat miterlebt hatten. Sprecht war auch froh, dass die Stadt 53 Notfallseelsorger zum Einsatz bringen konnte.
Der Rathauschef erklärte zudem, dass er hoffe, schnell Erkenntnisse über die Motivlage des Täters zu bekommen, um daraus die notwendigen Schlüsse ziehen zu können, „um solche Taten unwahrscheinlicher zu machen“ – auch wenn man sie nie ganz verhindern werde könne. Der Vorfall werde aber auch „juristische Konsequenzen“ haben müssen, „an der einen oder anderen Stelle“, so der Mannheimer Oberbürgermeister.
Erste Berichte: Täter, 40, deutsch, Motivlage noch unklar
Laut dem BR soll der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) den Tatverdächtigen als 40-jährigen Deutschen aus Rheinland-Pfalz benannt haben. Später berichtete der SWR, der Mann sei aus Ludwigshafen und den Sicherheitsbehörden sind bislang nicht im Zusammenhang mit Extremismus oder Terrorismus aufgefallen. Gleichwohl heißt es, er sei früher psychisch auffällig gewesen.
Die Polizei schaltete ein Hinweistelefon und -portal frei und bat um Bild- oder Videomaterial von Zeugen des Geschehens. Gleichzeitig appellierten die Ermittler, dieses Material nicht öffentlich zu teilen und warnten vor zahlreichen kursierenden Falschnachrichten im Zusammenhang mit der Tat.
Es war schon der zweite Auto-Anschlag auf Passanten in diesem Jahr in Deutschland. Erst vor zweieinhalb Wochen war in München ein Mann aus Afghanistan mit seinem Auto in eine Verdi-Demonstration gerast. Eine junge Mutter und ein Kleinkind starben, zahlreiche Menschen wurden verletzt. Wieder nur wenige Wochen zuvor, am 20. Dezember, war ein Mann aus Saudi-Arabien mit seinem Auto auf einen Weihnachtsmarkt in München in eine Menschenmenge gefahren. Sechs Menschen starben, es gab Hunderte Verletzte.
Ulm: Sorge um Veranstaltungen, Polizeipräsenz „deutlich erhöht“
Dem SWR zufolge wurden der Heidelberger Fastnachtsumzug und weitere Umzüge in naheliegenden Brühl und Schwetzingen bereits abgesagt.
In Ulm, rund 190 Kilometer südwestlich von Mannheim, meldete die Polizei: „Aufgrund der aktuellen tragischen Ereignisse in Mannheim hat das Polizeipräsidium Ulm die Präsenz in seinem Zuständigkeitsbereich spürbar erhöht.“ Die Sicherheitsbehörde kündigte an, für die Besucher vor Ort sichtbar zu sein, um das objektive Sicherheitsgefühl zu verstärken. Man kündigte zudem an, die bestehenden Sicherheitskonzepte fortwährend anzupassen und in engem Austausch mit den zuständigen Behörden und jeweiligen Veranstaltern zu stehen.
Insbesondere in den Fußgängerzonen der Städte und in Hinsicht auf die in den nächsten Tagen stattfindenden Faschingsveranstaltungen sei die polizeiliche Präsenz zum Schutz der Bevölkerung und zur Stärkung des Sicherheitsgefühls „deutlich erhöht“ worden, erklärte Polizeisprecher Sven Vrancken vom Polizeipräsidium Ulm.
Zugleich erging Entwarnung. Es lägen derzeit „keine Anhaltspunkte für eine Gefahrenerhöhung für Veranstaltungen“ im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Ulm vor. Man beurteile aber weiterhin permanent die Lage im Vorfeld von allen stattfindenden Veranstaltungen.
Hohe Politik erneut bestürzt
Die Bluttat von Mannheim löste in der deutschen Politik Bestürzung aus. Erneut wurden Forderungen nach mehr Sicherheit laut, heißt es bei den Nachrichtenagenturen – und: „Erneut trauern wir mit den Angehörigen der Opfer einer sinnlosen Gewalttat und bangen um Verletzte“, schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf X. Der SPD-Politiker erklärte: „Damit können wir uns nicht abfinden.“
Auch der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, äußerte sich auf X: „Der Vorfall – wie auch die schrecklichen Taten der vergangenen Monate – mahnt uns eindringlich: Wir müssen alles tun, um solche Taten zu verhindern.“ Der CDU-Chef forderte: Deutschland müsse „wieder ein sicheres Land werden“ und dafür „werden wir mit aller Entschlossenheit arbeiten“, so Merz.
Nicht zuletzt sprach auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Angehörigen der Opfer sein „tiefes Mitgefühl“ aus. „Es ist furchtbar, was sie durchmachen müssen“, ließ Steinmeier über eine Sprecherin mitteilen. Aktuell befindet sich der Bundespräsdent in Paraguay auf. Steinmeier wünschte den Verletzten rasche Genesung und bedankte sich bei den Einsatzkräften von Polizei und Rettung.
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