BKA-Chef: Hass nimmt weiter zu und kann Demokratie gefährden
Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, hat zunehmenden Hass gegen Menschen des öffentlichen Lebens beklagt und vor den Folgen gewarnt. Die Fallzahlen der Hasskriminalität stiegen – zum Nachteil von Politikern, Journalisten sowie von Menschen, die sich für die Allgemeinheit einsetzen, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben, 20. Februar).
„Diese Entwicklung kann demokratiegefährdende Ausmaße annehmen – nämlich dann, wenn sich Menschen nicht mehr trauen, ihren Beruf, Ihr Ehrenamt oder ihr Mandat auszuüben. Deshalb müssen wir mit den Mitteln des Rechtsstaats und der wehrhaften Demokratie entschlossen dagegen vorgehen.“
Ein wichtiger Schritt sei die Einrichtung der „Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI)“ beim BKA. Grundlage dafür sei die Reform des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, mit der die Anbieter großer sozialer Netzwerke verpflichtet würden, bestimmte strafbare Inhalte im Internet nicht mehr nur zu löschen und zu sperren, sondern dem BKA zur weiteren Strafverfolgung zu melden.
„Wir haben uns gut vorbereitet und die künftigen Abläufe mit der Justiz und den Ländern abgestimmt, sodass wir unmittelbar mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität in den Pilotbetrieb starten – mit dem Ziel, die Strafverfolgung spürbar zu intensivieren“, sagte Münch.
Das Gesetzespaket gegen Hass im Netz war bereits im Bundestag verabschiedet worden. Es kann aber erst in Kraft treten, wenn die nötigen Änderungen zur Nutzung von Bestandsdaten die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat finden – letzterer hatte neue Zugriffsregeln allerdings in der vergangenen Woche wegen des Widerstandes von FDP und Grünen abgelehnt. Sie machen verfassungsrechtliche wie praktische Bedenken geltend.
Nun wird vermutlich in der kommenden Woche der Vermittlungsausschuss angerufen, um dort eine Lösung zu finden. Zu den Bestandsdaten gehören neben Namen und Adressen der Nutzer unter anderem Passwörter und die Bankverbindung sowie die IP-Adresse eines Computers.
Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz sagte dem RND, diese Daten dürften nicht sofort parallel mit der Meldung über eine möglicherweise strafrechtlich relevante Hassattacke im Netz ans BKA übermittelt werden. Die Grünen schlagen stattdessen ein zweistufiges Verfahren vor. So sollen die Daten erst übermittelt werden, wenn das BKA selbst erklärt, dass eine Attacke strafrechtlich relevant sei.
Von Notz warnt ferner davor, dass das BKA „unter einer Flut von Meldungen schlicht absäuft“. Der Deutsche Richterbund rechnet bereits jetzt mit 150.000 zusätzlichen Fällen pro Jahr. „Die Große Koalition hat vorsätzlich bis grob fahrlässig nichts unternommen, um das Gesetzespaket verfassungskonform zu machen“, sagte der Grünen-Politiker dem RND.
„Deshalb muss jetzt nachgearbeitet werden – auch um zu verhindern, dass Klagen beim Bundesverfassungsgericht Erfolg haben. Wir sind konstruktiv und wollen, dass das gelingt.“ (dts)
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