Berlin: Wahl soll wiederholt werden

Der ehemalige Berliner Abgeordnete Marcel Luthe reichte Einspruch gegen die Wahl in Berlin ein. Heute wurde das Urteil verkündet.
Titelbild
Menschen warten zur Berliner Wahl.Foto: Odd Andersen/GettyImages
Von 16. November 2022

Das Berliner Verfassungsgericht hat am Mittwoch, dem 16.11.2022 verkündet, dass die Wahl wiederholt werden soll. Nach dem Urteil muss die Wahlwiederholung innerhalb von 90 Tagen stattfinden. Landeswahlleiter Stephan Bröchler legt den Termin fest und machte schon deutlich, dass es auf den 12. Februar 2023 hinauslaufen dürfte, den letzten Sonntag innerhalb der Frist.

Hintergrund

Am 26. September 2021 wurden in Zeiten der Corona-Pandemie der Bundestag, das Abgeordnetenhaus und die zwölf Bezirksparlamente neu gewählt. Hinzu kam für Berlin ein Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungskonzerne. Nebenher lief außerdem der Berlin-Marathon.

Folge dieser Ballung und schlechter Vorbereitung waren Pannen und massive organisatorische Probleme. Dazu zählten falsche, fehlende oder eilig kopierte Stimmzettel, zu wenige Wahlurnen, lange Schlangen mit teils stundenlangen Wartezeiten. Vielfach stimmten Wähler nach 18:00 Uhr ab, teils noch Stunden nach der offiziellen Schließungszeit.

Aufgrund der Pannen reichte der ehemalige Berliner Abgeordnete Marcel Luthe (jetzt parteilos) Einspruch über die Gültigkeit der Wahl ein. Er war bei der Verkündung der Entscheidung anwesend. Das Gericht habe dabei betont, dass sich die „Gründe der Wahlanfechtung alleine aus den Niederschriften der Wahllokale ergeben, die nur einer eingesehen hat.“ Gegenüber Epoch Times führt Luthe weiter aus:

Die Entscheidung ist der Lohn für 14 Monate intensiver Arbeit meines gesamten Teams, wie der Verfassungsgerichtshof so überdeutlich betont hat. Allein aus den unvollständigen, falschen, teils gar manipulierten Niederschriften der Wahllokale, die auf meinen Antrag hin beigezogen wurden und die nur mein Team aus eigenen Mitarbeitern und engagierten Journalisten eingesehen hat, ergibt sich die Ungültigkeit der Wahlen. Nun wird zu klären sein, ob eine nicht aus Wahlen hervorgegangene Versammlung ein Parlament sein kann. Dazu liegt dem Gerichtshof und dem 18. Und 19. Abgeordnetenhaus mein Eilantrag vor. Wer nicht gewählt ist, ist kein Abgeordneter – und die Entscheidung des Gerichts gilt ab sofort.“

Komplette Wiederholung der Wahl

Bereits in einer mündlichen Verhandlung am 28. September 2022 hatte das Gericht sehr deutlich eine komplette Wiederholung in Betracht gezogen. Gerichtspräsidentin Ludgera Selting stelle fest, dass es bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl viele schwere Wahlfehler gegeben habe. Diese seien mandatsrelevant gewesen – sie hatten nach vorläufiger Wertung des Gerichts also Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Parlaments und die Verteilung der Mandate.

Vorbereitungen laufen schon jetzt

Landeswahlleiter Bröchler meint zwar, dass die Wahl in Berlin kein systemisches Totalversagen gewesen sei, dass es aber eine Vielzahl an Organisationsdefiziten gegeben habe. Dennoch betont er in einem Interview mit dem RBB: „Wir bereiten uns gut vor. Wir sind motiviert. Wir haben Papier bestellt. Wir haben dafür gesorgt, dass richtige Stimmzettel geordert werden. Dass die Sortierung funktionieren wird.“ Und er fügt hinzu, dass sie „an die Transportwege rangegangen“ sind.

Außerdem ruft der Landeswahlleiter dazu auf, dass sich Wahlhelfer melden. „Wir wollen den ganzen Prozess der Wahlvorbereitung besser dokumentieren, damit dem Parlament und der Öffentlichkeit auch klar ist, wie die Entscheidungswege sind. Wir arbeiten an den Schulungen. Und – was im Augenblick mein Hauptthema ist – die Gewinnung von Wahlhelfenden. Da können sich die Berliner Bürgerinnen und Bürger schon jetzt auch auf meiner Homepage melden.“

Und: Bei der Wahlwiederholung sollen statt 34.000 Wahlhelfern mindestens 38.000 im Einsatz sein. Zudem wird ihre Entschädigung – das Erfrischungsgeld – von 60 auf bis zu 240 Euro erhöht.

Für die Berliner Wiederholungswahlen auf Bundes-, Landes- und Bezirksebene sind 39 Millionen Euro veranschlagt. Das ist die dreifache Summe, verglichen mit 2021.

Änderungen für den Bund

Laut eines Beschlusses vom 10. November muss die Bundestagswahl auf Basis einer Empfehlung eines Wahlprüfungsausschusses teilweise wiederholt werden. Konkret geht es um 327 von 2.256 Wahlbezirken sowie um 104 von 1.507 mit ihnen verbundenen Briefwahlbezirken.

Die fraglichen Wahlbezirke liegen in allen zwölf Berliner Bundestagswahlkreisen, Wähler sollen dort Erst- und Zweitstimmen erneut abgeben können.

Auch nach der Neuwahl in Berlin dürften sich Mehrheitsverhältnisse im Parlament verändern. Das kann zur Folge haben, dass eine andere Koalition gebildet wird, bei der etwa die bisherige Oppositionspartei CDU ein Wörtchen mitredet. Sollten die bisherigen Koalitionäre SPD, Grüne und Linke zusammen weiter eine Mehrheit haben, könnten sie – wenn sie dies wollten – weitermachen.

Spannend dürfte aber sein, wie sich die Zusammensetzung ändert, wenn die CDU nach aktuellen Umfragen stärkste Kraft wird. Die Website „Neueste Wahlumfragen im Wahltrend zur Bundestagswahl“ zeigt folgendes Ergebnis der Verteilung der Sitze: CDU/CSU 188 Sitze, SPD 135 Sitze, Grüne 132 Sitze, AfD 99 Sitze, FDP 44 Sitze. Der Wahltrend in Prozent ergibt: CDU/CSU 27,4 Prozent, SPD, 19,8 Prozent, Grüne 19,3 Prozent, AfD 14,4 Prozent, PDF 6,5 Prozent, Linke 4,8 Prozent, Freie Wähler 1,3 Prozent und Sonstige 6,5 Prozent.

Luthe geht davon aus, dass sich die Zusammensetzung nicht ändern werde – dafür seien zu wenige Mandate betroffen. Allerdings wird damit gerechnet, dass dies noch nicht das letzte Wort ist und am Ende das Bundesverfassungsgericht entscheidet.

(dpa/red/sk)



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