Berlin: LGBTQ-Klub will Flüchtlingsheim verhindern – Unterbringung von 650 Personen geplant
Wenig erfreut über die künftigen Nachbarn von gegenüber ist das LGBTQ-Lokal „Busche“ am Warschauer Platz im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Bis zu 650 Menschen sollen demnächst in das ehemalige Hostel ziehen, das künftig als Flüchtlingsheim Nutzung finden soll.
Die Inhaberin des 1985 in Weißensee gegründeten Klubs, Carla Pahlau, sieht nun dessen Zukunft bedroht. In einem offenen Brief wendet sie sich an Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner – und stellt sogar eine mögliche Schließung in Aussicht. Dies gelte vor allem für den Fall, dass es zu Konflikten zwischen den Heimbewohnern und ihren Gästen kommen sollte.
Betreiberin: Flüchtlingsheim wird „Angstraum“ entstehen lassen
Die „Bild“ zitiert aus dem Brief, den Pahlau an das Stadtoberhaupt geschrieben hatte. Gegenüber dem Blatt klagt sie unter anderem darüber, dass man sie „erst vor einer Woche über die Eröffnung des Heimes informiert“ habe.
In ihrem offenen Brief an Wegner, der anlässlich des „Christopher Street Day“ noch Buhrufe aus der Community erhalten hatte, beschwört sie die Entstehung eines „Angstraums“. Dieser würde für Familien entstehen, da sich auf den Spiel- und Freiflächen des Areals nicht nur Flüchtlingskinder und deren Mütter aufhielten. Vielmehr würden auch „Jugendgruppen und Personen mit mangelndem Integrationswillen“ diese in Anspruch nehmen.
„Migrant mit muslimischem Hintergrund“ als Schreckgespenst
Eine Unterkunft dieser Art greife „erheblich in das betroffene Stadtgebiet“ ein und verändere Erscheinungsbild und Zusammenleben. Pahlau mache sich Sorgen um ihre Gäste. Immerhin habe sich in den vergangenen Monaten die Zahl der Straftaten gegen homosexuelle Personen in Berlin „enorm“ erhöht. Über die Urheber der behaupteten Übergriffe äußerte die Klubbetreiberin:
Die weitaus überwiegende Zahl der Straftäter sind Migranten mit muslimischem Hintergrund.“
Tatsächlich ist die Zahl der Fälle sogenannter Hasskriminalität gegen LGBTQ-Personen im Jahr 2022 dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSF) zufolge gestiegen. Die Zahl der Gewaltdelikte im Unterthemenfeld „sexuelle Orientierung“ habe bundesweit bei 227 gelegen. Weitere 82 Gewaltakte habe es im Bereich „geschlechtliche Diversität“ gegeben.
Insgesamt habe es in beiden Themenfeldern insgesamt 1.422 Straftaten aus dem Bereich der Hasskriminalität gegen LGBTQ-Personen gegeben. Bezüglich der Religionszugehörigkeit erhebt die Justizverwaltung keine Daten. Im gleichen Zeitraum sind Muslime in Deutschland 898-mal zum Opfer rassistisch motivierter Straftaten geworden.
Union besorgt wegen räumlicher Nähe von Kriminalitätsbrennpunkten zum Flüchtlingsheim
Die CDU-Abgeordneten Kurt Wansner und Timur Husein sprechen bezüglich der Standortwahl für das Flüchtlingsheim ebenfalls von einer „Katastrophe“. Sie weisen auch auf die räumliche Nähe zur Großraumdisco „Matrix“ sowie Kriminalitätsbrennpunkten wie der Warschauer Brücke oder dem Görlitzer Park hin.
Die Politiker befürchten einen „massiven Anstieg der Kriminalität“ und eine „massive Verwerfung im Rudolfkiez“. Gegenüber „Bild“ äußern sie:
Wir fordern die verantwortliche Senatsverwaltung daher auf, diesen Standort nicht zu eröffnen.“
Für die FDP erklärt die lokale BVV-Abgeordnete Marlene Heihsel, sie habe zwar Verständnis für die Ängste und es sei „richtig, das realistische Konfliktpotenzial ehrlich anzusprechen“. Allerdings sei es auch geboten, ein Flüchtlingsheim „nicht an den Stadtrand zu drängen, sondern in unserer Mitte anzusiedeln“.
SPD: „Sozialarbeiter*innen“ werden Konfliktpotenzial in den Griff bekommen
Kein Verständnis für die Vorbehalte aus der LGBTQ-Community hat demgegenüber Vizebürgermeister Oliver Nöll. Der Politiker der Linkspartei rief bei einem Besichtigungstermin mit Anwohnern in Erinnerung, dass „niemand ohne Grund“ fliehe. Er fügte hinzu:
Die hier lebenden Menschen und die bald Ankommenden werden sich aneinander gewöhnen müssen.“
Die „queerpolitische Sprecherin“ der SPD-Fraktion, Wiebke Neumann, baut darauf, dass Reibereien zwischen Flüchtlingen und „Busche“-Gästen gar nicht erst entstehen würden:
„Wenn die Geflüchteten etwa durch Sozialarbeiter*innen auf ihren neuen Sozialraum vorbereitet werden, entsteht auch kein erhöhtes Konfliktpotenzial.“
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