Ballweg-Prozess: Gericht lehnt Befangenheitsantrag der Staatsanwaltschaft ab
Die Befangenheitsanträge der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen die Vorsitzende Richterin und zwei weitere Berufsrichter im Verfahren gegen „Querdenken“-Gründer Michael Ballweg wurden abgelehnt.
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Der Befangenheitsantrag der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegenüber drei Berufsrichtern im Ballweg-Prozess wurde abgelehnt.
Im Strafverfahren gegen den „Querdenken“-Gründer Michael Ballweg am Landgericht Stuttgart wurden die Befangenheitsanträge der Staatsanwaltschaft gegen die drei Berufsrichter der 10. Strafkammer als unbegründet zurückgewiesen.
Demnach sei die Verlesung eines 14-seitigen Vermerks über ein außerhalb der Hauptverhandlung geführtes Rechtsgespräch nicht zu beanstanden. Hierdurch seien der Angeklagte und die Öffentlichkeit umfassend informiert worden, so das Landgericht in einer Mitteilung.
Dies stehe im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Eine umfassende Informationspflicht diene der Sicherstellung eines transparenten Strafprozesses und der Kontrolle der Justiz durch die Öffentlichkeit, begründete die Richter ihre Entscheidung.
Die Kammer habe zudem wiederholt darauf hingewiesen, dass es sich lediglich um eine vorläufige Auffassung zum derzeitigen Verfahrensstand und nicht um eine bereits feststehende Auffassung handele.
Schließlich würden weder die zwei Sätze lange Presseinformation über die beabsichtigte Verlesung des Vermerks noch die anschließende Pressemitteilung, in der die vorläufige Auffassung der Strafkammer zusammengefasst worden sei, eine Besorgnis der Befangenheit begründen.
Hintergrund: Am 12. März fand ein nicht öffentliches Rechtsgespräch zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung statt.
Das Gericht schlug dabei vor, das Verfahren gegen Ballweg wegen Geringfügigkeit (Paragraf 153 StPO) einzustellen. Der Tatnachweis des versuchten Betrugs in 9.450 Fällen sei nach der bisherigen Beweisaufnahme voraussichtlich nicht zu erbringen.
Hinsichtlich des Vorwurfs der versuchten und der vollendeten Steuerhinterziehung könne ein Tatnachweis möglicherweise nur für einen kleineren Restbetrag zwischen 6 und 2.000 Euro erbracht werden.
Am 17. März, dem 27. Verhandlungstag im Fall Ballweg, verlas das Gericht bestehend aus drei Berufsrichtern und zwei Schöffen ein 14-seitiges Protokoll des Rechtsgesprächs in der öffentlichen Sitzung. An der Sitzung nahmen neben den Prozessbeobachtern auch zahlreiche Pressevertreter teil.
Michael Ballweg äußerte sich am 17. März 2025 zu seinem Verfahren am Landgericht Stuttgart.
Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Staatsanwaltschaft beklagte ausführliche Informierung der Presse
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erklärte anschließend, dass sie den Vorschlag des Gerichts zur Einstellung des Verfahrens ablehne. Die Verteidigung und der Angeklagte zeigten sich hingegen offen für die Verfahrenseinstellung.
Für die Staatsanwaltschaft sei noch nicht alles abschließend ermittelt und die Beweisaufnahme noch lange nicht abgeschlossen, erklärte sie zur Begründung. Dann reichte sie den Befangenheitsantrag ein.
Zur Begründung hieß es, dass das Gericht die anwesende Presse zu ausführlich über den Inhalt des „vertraulichen“ Gespräches informiert und die Ausführungen des Gerichts darauf hindeuteten, dass das Gericht schon eine Festlegung getroffen habe, das Verfahren gegen Ballweg einstellen zu wollen.
So habe man bereits über eine Entschädigung nach Paragraf 3 bei Einstellung nach Ermessensvorschrift nach Strafverfolgungsmaßnahmen gesprochen. Ballweg saß für neun Monate in der Haftanstalt Stuttgart-Stammheim in Untersuchungshaft. Für diese Zeit würde ihm bei einem Freispruch eine Entschädigung zustehen.
Verteidiger hielten Antrag für unzulässig und unbegründet
Ballwegs Verteidiger erklärten vor Gericht, dass sie den Befangenheitsantrag sowohl für unzulässig als auch für unbegründet halten. Unzulässig, weil er nicht unmittelbar nach dem Rechtsgespräch eingereicht worden sei.
Unbegründet sei er, weil das Gericht im Gespräch immer wieder betont habe, dass es sich bei dem Vorschlag um eine vorläufige Entscheidung handle und alles im Konjunktiv formuliert gewesen sei. Daher habe das Gericht keine Festlegung getroffen. Sie sahen in dem Befangenheitsantrag eine versuchte Richterschelte.
Ballweg mit seinen Verteidigern am 17. März 2025.
Foto: Epoch Times
Ballwegs Pflichtverteidiger, der CDU-Landtagsabgeordnete Reinhard Löffler, sah in den Ausführungen des Gerichts zu der bisher nicht vorhandenen Beweislast gegen Ballweg eine Ohrfeige für die Staatsanwaltschaft. „Ihr gesamtes Anklagekonstrukt ist in sich zusammengefallen“, so Löffler gegenüber der Epoch Times.
Die Staatsanwaltschaft sei beleidigt und der Befangenheitsantrag solle das Gericht unter Druck setzen und eine gewisse Unsicherheit schaffen. „Denn die letzten 26 Verhandlungstage liefen gut für die Verteidigung“, so der CDU-Politiker. Er spekuliert, dass es zu einem Freispruch für seinen Mandanten kommt.
Ballwegs Verteidiger Ralf Ludwig sagte am 17. März gegenüber der Epoch Times, dass er davon überrascht sei, dass die Staatsanwaltschaft eine Verfahrenseinstellung ablehne. Seiner Einschätzung nach hätte man nur aus politischen Gründen zu einer anderen Bewertung kommen können als das Gericht. Er vermutete daher, dass die Staatsanwaltschaft auf Weisung des baden-württembergischen Justizministeriums gehandelt habe.
Die Hauptverhandlung gegen Ballweg begann Anfang Oktober 2024. An den bisherigen 27 Hauptverhandlungstagen wurden von der Strafkammer 33 Zeugen vernommen. Am 1. April wird der Prozess gegen Ballweg fortgeführt.
Nach Angaben von Querdenken ist Ballweg seit seiner Verhaftung am 29. Juni 2022 einer Vielzahl von Vermögensbeschlagnahmungen und Pfändungen durch Staatsanwaltschaft, Gerichte und Finanzämter ausgesetzt. Alle seine Konten seien gekündigt worden und keine Bank ermögliche ihm, ein neues Konto zu eröffnen, teilte er Anfang des Jahres der Epoch Times mit.