Aufforstung für die Katz? Hälfte der neu gepflanzten Bäume überlebt nicht
„Pro zehn Euro Einkaufswert pflanzen wir einen Baum in …“ oder „Mit dem Kauf dieses Produktes unterstützen Sie ein Projekt zur Aufforstung des Regenwaldes.“ Werbebotschaften wie diese sollen den Kunden mit einem grünen Gewissen zum Kauf anregen. Die Wirkung derartiger Versprechen ist jedoch fraglich – sowohl bezogen auf das Kaufverhalten als auch den tatsächlichen Nutzen für die Natur.
So kommen Forscher des britischen Zentrums für Ökologie und Hydrologie zu dem Ergebnis, dass „Bäume, die im Rahmen der Wiederaufforstung tropischer und subtropischer Wälder gepflanzt werden, nicht länger als fünf Jahre“ überleben.
Die von einem internationalen Team von Wissenschaftlern aus 29 Universitäten und Forschungszentren durchgeführte Untersuchung ist die erste, die Daten zur Bewertung der langfristigen Ergebnisse von Wiederaufforstungsprojekten zusammenführt. Die Ergebnisse zeigen „enorme Unterschiede“ und wurden Mitte November im Fachjournal „Biological Sciences“ der königlich-wissenschaftlichen Gesellschaft veröffentlicht.
Aufforstung – für die Katz statt fürs Klima?
Im Rahmen der Studie analysierte ein Team um Dr. Lindsay F. Banin die Überlebens- und Wachstumsdaten von 176 Standorten in den Tropen und Subtropen Asiens. An diesen Orten wurden zuvor geschädigte natürliche Wälder wieder aufgeforstet, mit mäßigem Erfolg. Im Durchschnitt starben 18 Prozent der gepflanzten Setzlinge innerhalb des ersten Jahres ab. Binnen fünf Jahren stieg dieser Wert auf 44 Prozent.
Gleichzeitig offenbarte die Untersuchung, dass Aufforstungen bestehender Wälder erfolgreicher sind als Neuanpflanzungen. Insgesamt waren die Überlebensraten jedoch sehr von Standort und Art abhängig: An einigen Orten waren nach fünf Jahren noch über 80 Prozent der Bäume am Leben, während an anderen Standorten ein ähnlicher Prozentsatz abgestorben war.
Etwa 15 Prozent der weltweiten Tropenwälder befinden sich in Südostasien. Sie gehören zu den kohlenstoffreichsten und artenreichsten Wäldern der Welt. Unter anderem bieten sie Lebensraum für Tiger, Primaten und Elefanten. In den letzten Jahrzehnten wurde in der Region jedoch auch viel Wald abgeholzt, wobei die Waldfläche zwischen 1990 und 2010 um schätzungsweise 32 Millionen Hektar zurückging.
Die Wiederaufforstung ist ein wirksames Instrument gegen diesen Trend und für den Erhalt der Artenvielfalt. Aufforstungsprojekte werden auch häufig für den Kohlenstoffausgleich genutzt. Während bei vielen Projekten hauptsächlich die Zahl der ursprünglich gepflanzten Bäume gemessen wird, zeigt die Untersuchung, dass viele dieser Bäume mittel- und langfristig nicht überleben.
Heilung besser als Wiederbelebung
Dr. Banin sagte dazu: „Die große Variabilität in der Überlebensrate, die wir an den verschiedenen Standorten festgestellt haben, könnte eine Reihe von Gründen haben, darunter die Pflanzdichte, die Auswahl der Arten, die Standortbedingungen, extreme Wetterereignisse oder Unterschiede in der Bewirtschaftung und Pflege.“
Auch lokale sozioökonomische Faktoren könnten eine Rolle spielen, erklärte die Statistikerin vom britischen Zentrum für Ökologie und Hydrologie weiter. Nur wenn man verstehe, was funktioniert und warum könne man das volle Potenzial der Aufforstung ausschöpfen. Jedoch gebe es „wahrscheinlich kein Patentrezept“, sodass Maßnahmen an die Örtlichkeiten angepasst werden müssen.
Das Team stellte fest, dass die Wiederaufforstungsmaßnahmen in vollständig abgeholzten Gebieten weniger erfolgreich waren als in Gebieten, in denen noch einige Bäume vorhanden waren. Setzlinge, die in Gebieten mit vorhandenen alten Bäumen gepflanzt wurden, hatten eine etwa 20 Prozent höhere Überlebenschance. In stärker gestörten Gebieten seien möglicherweise intensivere Schutz- und Pflegemaßnahmen erforderlich.
Die Studie ergab auch Hinweise darauf, dass eine aktive Wiederherstellung schnellere Ergebnisse bringt, als der Natur einfach ihren Lauf zu lassen. Auf Flächen, auf denen Baumpflanzungen vorgenommen wurden, wuchs der Wald schneller als auf Flächen, die der natürlichen Regeneration überlassen wurden.
Laut den Forschern sind jedoch beide Betrachtungsweisen nötig: das Schicksal der gepflanzten Bäume sowie die strukturellen Eigenschaften der gesamten Gemeinschaft. Demnach trage erst die Zusammenstellung beider Arten von Daten in denselben Untersuchungsgebieten dazu bei, akzeptable Überlebensraten zu bestimmen und die langfristig wirksamste Wiederbewaldung zu ermitteln.
Eindringlicher Appell an den Naturschutz
„Die Standorte, an denen eine aktive Wiederherstellung am nötigsten ist – diejenigen, die bereits gerodet wurden – sind auch die Standorte, an denen die Wiederherstellung am risikoreichsten ist“, fasst Professor David Burslem von der Universität von Aberdeen die Essenz der Ergebnisse zusammen.
Um sicherzustellen, dass die Aufforstung erfolgreich ist, müsse man zunächst verstehen, „wie wir die Überlebenschancen von Setzlingen auf diesen Flächen verbessern können“.
Zugleich sieht der Ökologie-Professor die Studie als Warnung. Die Menschen müssen die verbleibenden Wälder so weit wie möglich schützen. „Zum einen, weil die Ergebnisse der Aufforstung ungewiss sind, und zum anderen, um die vielfältigen Saatgutquellen zu erhalten, die dafür [andernorts] benötigt werden.“
Professor Robin Chazdon von der University of the Sunshine Coast, Queensland, Australien, ergänzte: Aufforstung für den Klimaschutz werde nur dann erfolgreich sein, „wenn wir garantieren können, dass der Kohlenstoff erfolgreich aus der Atmosphäre entnommen und gebunden wird – und wenn wir in der Lage sind, die Mengen und Zeiträume zu quantifizieren“. Aus diesem Grund müsse man den Schwerpunkt von der einfachen Anpflanzung von Bäumen auf deren Wachstum und das Gedeihen der Wälder verlagern.
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