Ärztemangel schreitet voran: Jeder dritte Arzt nähert sich dem Ruhestand

Zu viel Bürokratie und Nachwuchssorgen machen den Medizinern zu schaffen. Die neuesten Daten des Statistischen Bundesamtes versprechen keine Besserung. Im Gegenteil.
Titelbild
Nicht jeder Medizinstudent studiert in seinem Heimatland.Foto: iStock/SeventyFour
Von 2. Juni 2024

Schon jetzt stellt die Patientenversorgung mancherorts in Deutschland ein großes Problem dar. Lange Wartelisten bei Zahnärzten sind keine Seltenheit. Wer nicht gerade Schmerzpatient ist, muss wochen- oder monatelang auf seinen Termin warten – falls er überhaupt einen Zahnarzt findet, der ihn aufnimmt. Bei Haus- und Fachärzten sieht es nicht viel besser aus. Diese Situation könnte sich in den nächsten Jahren noch verschlimmern.

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Grundlage von Ergebnissen des Mikrozensus Ende Mai mitteilte, waren im Jahr 2023 gut 31 Prozent der rund 502.000 Ärzte in der Human- und Zahnmedizin 55 Jahre und älter.

Mit anderen Worten: Ein großer Teil von ihnen dürfte in den nächsten Jahren altersbedingt aus dem Berufsleben ausscheiden. Davon geht auch die Bundesärztekammer aus. Laut ihrer Statistik zum 31. Dezember 2023 steigt die Anzahl der Ärzte im Ruhestand kontinuierlich weiter auf inzwischen mehr als 100.000 an.

Ärztinnen und Ärzte in der Human- und Zahnmedizin 2023 in Altersgruppen, Anteile in Prozent
Grafik: sua/Epoch Times/Quelle Statistisches Bundesamt (Destatis 2024)

„Es ist zu befürchten, dass sich diese Entwicklung weiter fortsetzt, da schon heute rund 97.000 berufstätige Ärztinnen und Ärzte (oder rund 23 Prozent) 60 Jahre oder älter sind“, so die Bundesärztekammer.

Die Bundeszahnärztekammer warnt vor einem regelrechten Praxissterben. „Die Zukunft vieler Niederlassungen steht auf dem Spiel“, betont die Kammer, die eine Kehrtwende in der Politik fordert. An oberster Stelle steht: „Weniger Prüfbürokratie wagen. Sie frisst Zeit, Geld und Nerven, aber niemand hat etwas davon. Im Gegenteil: Jeden Tag sind ganze Praxisteams mit unnötiger Dokumentation befasst, die zu Lasten der Patientenbehandlung geht.“

Auslandsstudium sorgt für Zwist

Wie aus den Daten des Statistischen Bundesamtes weiter hervorgeht, ist in Deutschland die Zahl der Erstsemester in der Humanmedizin in den vergangenen Jahren nahezu kontinuierlich gestiegen. Im Wintersemester 2022/2023 begannen 14.300 Studenten ein Studium der Humanmedizin und damit 17 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor (Wintersemester 2012/2013: 12.300).

In der Zahnmedizin hat sich die hingegen kaum verändert. Im Wintersemester 2022/2023 wie auch im Wintersemester 2012/2013 lag sie bei rund 1.900 Studierenden. In anderen Fächern hingegen ist die Zahl der Erstsemester im selben Zeitraum um sieben Prozent auf 398.200 gesunken.

Viele deutsche Medizinstudenten zieht es auch ins Ausland, oft um die Zulassungsbeschränkungen des Studienfachs hierzulande zu umgehen, wenn ihre Abiturnote nicht den hohen deutschen Maßstäben des Numerus clausus (NC) entspricht. Ein Student aus Österreich sieht sich selbst als „NC-Flüchtling“, denn anders als in Deutschland braucht man in Österreich keinen NC.

Allein in Österreich studierten in den Jahren 2021/22 rund 2.600 Deutsche Humanmedizin. Doch auch dort herrscht Ärztemangel. Dass ausländische Studenten nach ihrem Studium wieder in ihr Heimatland zurückgehen, stößt beim österreichischen Bildungsminister Martin Polaschek auf Unverständnis. Gegenüber dem „Bayerischen Rundfunk“ äußerte er, dass die Länder, in denen die jungen Ärzte dann arbeiten, die Kosten für das Studium ersetzen sollten. Laut BR 60.000 Euro pro Student und Jahr.

Im Jahr 2022 waren Ärzte die Berufsgruppe mit den zweitmeisten Anerkennungen ausländischer Abschlüsse; bei rund 5.500 wurde der Abschluss voll anerkannt. Unter ihnen waren rund 1.300 Deutsche, die ihren Abschluss im Ausland absolviert hatten. Die meisten ausländischen Ärzte kamen aus Syrien (rund 400).

Fast jeder vierte Arzt kommt aus dem Ausland

Das Gesundheitswesen hat im vergangenen Jahr vom Zuzug ausländischer Ärzte profitiert. In der Human- und Zahnmedizin arbeiteten 2023 insgesamt 115.000 aus dem Ausland zugewanderte Ärzte, das war knapp ein Viertel (23 Prozent) der gesamten Ärzteschaft.

Ein Teil von ihnen besitzt inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft. 46.000 (40 Prozent) der zugewanderten Ärzte waren weniger als zehn Jahre in Deutschland. Ob die Zugewanderten in der Human- und Zahnmedizin ihre Ausbildung bereits vollständig im Ausland abgeschlossen hatten, ist nicht bekannt.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion