Wie ein Fisch im Wasser

Wenn man in Hamburg Fisch essen möchte, ist die erste Adresse wohl das Fischereihafen-Restaurant, das direkt am Hamburger Fischereihafen liegt. Das Restaurant mit Weltruf ist an 365 Tagen im Jahr geöffnet und wird häufig von Prominenten besucht.
Titelbild
Foto: Fischereihafen-Restaurant
Epoch Times3. Mai 2010

Die Epoch Times sprach mit dem Inhaber Dirk Kowalke, der zusammen mit seinem Vater Rüdiger Kowalke das Familienunternehmen leitet.

Epoch Times: Können Sie mir etwas über die Geschichte Ihres Restaurants erzählen?

Dirk Kowalke: Es ist das traditionsreichste und bekannteste Fischrestaurant Hamburgs. 1951 gründete Hermann Sellmer das Haus und führte es unter dem Namen „Fischereihafen-Restaurant Sellmer“ inmitten der fischverarbeitenden Industrie am Fischmarkt und den Fischhallen zu einem hohen Bekanntheitsgrad. Damals war es noch rustikaler; es gab gebratene Heringe und Labskaus für die Seeleute. Mein Vater, Rüdiger Kowalke, hat das Restaurant 1981 übernommen. Es wurde damals allerdings seit einigen Jahren nicht mehr von Hermann Sellmer geführt und befand sich trotz seiner Tradition unmittelbar vor der Insolvenz.

Mein Vater hauchte dann dem Betrieb von Grund auf ein neues Leben ein; er wagte den Kontrast zwischen der Fischmarkt-Atmosphäre unten vor der Tür und der stilvollen Eleganz oben im Restaurant. So erwachte das damals fast brachliegende Geschäft innerhalb kürzester Zeit zu neuem Glanz und Ruhm und bekam einen noch viel höheren Bekanntheitsgrad.

Epoch Times: Was war sein Erfolgsrezept?

Kowalke: In erster Linie stellte er das Küchenkonzept um und spezialisierte sich auf Fisch, Schalen- und Krustentiere. Sein Vorgänger war unter anderem Hobbyjäger und hatte eine gemischte Speisekarte auch mit Wild angeboten. Mein Vater nutzte die Tatsache, dass er sich inmitten eines Einkaufsparadieses für frische Meeresfrüchte befand. Zum Zweiten bot er einen Top-Service an, den er von Anfang an selbst leitete. Es bildete sich schnell eine sehr geschulte und hervorragend funktionierende Mannschaft. Außerdem betrieb er stets eine hervorragende Öffentlichkeitsarbeit, die zu einer überproportionalen Entwicklung des Unternehmens führte.

Wenn der Vater mit dem Sohne: Inhaber Dirk Kowalke, mit seinem Vater Rüdiger Kowalke.Wenn der Vater mit dem Sohne: Inhaber Dirk Kowalke, mit seinem Vater Rüdiger Kowalke.Foto: Fischereihafen-Restaurant

Epoch Times: Wer leitet heute das Unternehmen?

Kowalke: In rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht bin ich seit dem 1. Juli 1997 alleiniger Inhaber des Fischereihafen-Restaurants. Mein Vater hat mich allerdings all die Jahre weiter begleitet und unterstützt. Jede Entscheidung im Unternehmen liegt seit 1997 allein bei mir. In der Außendarstellung betreiben wir das Restaurant wie gleichberechtigte Partner:

Er ist der Senior, ich bin der Junior; wir verstehen uns nach wie vor als Familienbetrieb. Ein Konstrukt, das bei den Gästen gut ankommt: einer von uns beiden ist in den Hauptgeschäftszeiten eigentlich immer selbst zugegen; so entsteht eine gute persönliche Beziehung zu sehr vielen unserer Kunden.

Epoch Times: Welche Änderungen gab es, seitdem Sie eingestiegen sind?

Kowalke: Es kam zu wesentlichen Umbaumaßnahmen. Mein erstes Projekt gleich zu Anfang war die Oyster-Bar, eine kleine gemütliche Bar im englischen Stil, die im Zentrum des Restaurants integriert wurde. Diese knapp 20 Quadratmeter sind in nur wenigen Monaten nicht nur zum beliebten Treffpunkt, sondern eigentlich zum neuen Mittelpunkt des Restaurants avanciert: Hier kommt man seit einigen Jahren zusammen, hier startet man in den Abend, hierher kommt man oft auch gern zum Absacker, wenn man nicht gleich einen der beiden Bartische zum Essen gebucht hat.

Das zweite entscheidende Großprojekt war der Bau der herrlichen Balkonterrasse, was dem Lokal das einbrachte, was ihm ein halbes Jahrhundert gefehlt hatte:

50 traumhafte Außenplätze, die bei schönem Wetter heiß begehrt sind. Im Zuge dieser Veränderung gab es einen Wandel hin zur Moderne und somit hin zur nächsten Generation. Kleine Fenster mit plüschigen Gardinen und Fensterbänken mussten einer neuen bodentiefen Glasfassade weichen. Es entstanden riesige Panoramafenster mit meterbreiten Schiebetüren, die seither eine ganz neue Offenheit und Transparenz bieten. Die Atmosphäre auf dem Balkon ist bei schönem Wetter wirklich einmalig. Gleichzeitig ergab sich für mich auch die Gelegenheit, den Innenraum grundlegend zu modernisieren. Dies geschah größtenteils sofort, später in noch drei weiteren Bauabschnitten. Heute kann ich sagen, dass kaum noch ein Ausstattungsmerkmal so ist wie vor 13 Jahren: Vom kleinsten Besteckteil bis zur Küchen-Kompletterneuerung wurde der gesamte Betrieb in den letzten Jahren renoviert bzw. modernisiert. Alle Maßnahmen erfolgten allerdings immer unter der Prämisse, den Stil des Hauses und unser Understatement beizubehalten.

Epoch Times: Welche Prominenten kommen in Ihr Lokal?

Kowalke: Hier verhält es sich wie allgemein mit unserem Publikum: Es ist ein interessanter Mix aus verschiedenen Gesellschaftsbereichen und Branchen. Im Einzelnen handelt es sich um Lokalprominenz wie Mike Krüger und Uwe Seeler, Sportler wie die Klitschko-Brüder, Franz Beckenbauer oder Muhamed Ali, Schauspieler wie Iris Berben und Götz George, Topmusiker wie Udo Jürgens, Gianna Nanini und Simply Red, Politiker wie Angela Merkel, Helmut Kohl und Michail Gorbatschow bis hin zu internationalen Superstars wie Pierce Brosnan, Will Smith, Siegfried und Roy, Tina Turner und die Rolling Stones.

Epoch Times: Was bestellen diese Prominenten?

Kowalke: Das ist völlig unterschiedlich. Die meisten verlassen sich gern auf eine persönliche Empfehlung am Tisch, sehr viele haben aber auch ihre persönlichen Vorlieben und Leibgerichte. Bei Franz Beckenbauer ist es z. B. Räucheraalfilet auf Kräuterrührei und geröstetem Schwarzbrot, unser Klassiker in Sachen Vorspeisen. Er braucht gar nicht mehr zu bestellen, wenn er kommt,  setzt er sich und es wird sofort serviert.

Epoch Times: Würden Sie Ihr Lokal als Prominentenrestaurant bezeichnen?

Kowalke: Nein, wir sind ein Lokal für jedermann und viele Gelegenheiten. Hier soll sich jeder herzlich willkommen fühlen, der Gast ist König. Neben vielen Geschäftsessen finden bei uns  auch immer wieder romantische Abende zu zweit statt oder es werden Geburtstage, Familienfeste und Hochzeiten gefeiert.

Elegant: Inmitten der fischverarbeitenden Industrie am Fischmarkt und den Fischhallen liegt das Fischereihafen-Restaurant.Elegant: Inmitten der fischverarbeitenden Industrie am Fischmarkt und den Fischhallen liegt das Fischereihafen-Restaurant.Foto: Fischereihafen-Restaurant

Epoch Times: Hier im Lokal herrscht eine vertraute Atmosphäre, fast wie in  einem großen Wohnzimmer.

Kowalke: Ja, es ist sehr interessant, dass Sie das so empfinden. Genauso möchten wir das darstellen. Das hängt aber nicht nur mit der Aufmachung und der Einrichtung des Restaurants zusammen, sondern vielmehr mit der persönlichen Note, die die einzelnen Mitarbeiter einbringen. Wenn ich von Familienbetrieb spreche, meine ich nicht nur Vater und Sohn, sondern auch unsere hervorragenden Mitarbeiter. Nur weil sie alle jeden Tag den Top-Service-Gedanken leben, kann letztlich die Wohnzimmer-Atmosphäre entstehen. Wir alle zusammen bilden am Ende des Tages die Familie, die der Gast genießt.

Epoch Times: Was zeichnet Ihr Restaurant in Hinsicht auf die Küche aus?

Kowalke: Das ist nach wie vor die Spezialisierung auf die Meeresfrüchte und die Frische der Produkte.

Außerdem haben wir eine gute Balance zwischen ca. 50  Prozent klassischen Gerichten, die der Gast also immer bei uns voraussetzen kann und einem zweiten großen Bereich ständig wechselnder Gerichte, die für die nötige Innovation sorgen.

Epoch Times: Welches ist das beliebteste klassische Gericht bei Ihnen?

Kowalke: Eindeutig das Mittelstück vom Nordsee-Steinbutt. Ich bin auch ein wenig stolz darauf, so ziemlich das einzige Hamburger Restaurant zu sein, das konsequent die großen (5 – 6 Kilogramm schweren) Fische anbietet. Dieser Steinbutt an der Gräte, entweder gekocht mit zerlassener Butter und Sahnemeerrettich oder gebraten mit Pommery-Senfsauce und Gurkensalat, ist wirklich ein  königliches Gericht. Wir verarbeiten pro Monat mehr als eine Tonne Steinbutt – allein das beschreibt seinen Beliebtheitsgrad.

Epoch Times: Welchen Stellenwert haben Tages- bzw. saisonale Gerichte?

Kowalke: Beides hat einen hohen Stellenwert. Eine Tageskarte, die parallel zur großen Speisekarte jeden Mittag zwischen 11:30 und 15:00 Uhr aufgelegt wird, bieten wir seit vielen Jahren im Fischereihafen-Restaurant an. Die Tageskarte wird wöchentlich neu geschrieben und orientiert sich am aktuellen Marktangebot. So kann ich auch dem regelmäßigen Stammgast immer wieder neue Gerichte anbieten –  und das zu einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis. Saisonale Produkte finden selbstverständlich auch immer Anklang bei uns:

Es gibt ab September verschiedene Austernsorten  und im Winter Grünkohl, der sich auch sehr gut mit Fisch kombinieren lässt. Rund um die Weihnachtszeit bieten wir Karpfen an, im Frühjahr den Skrei (eine hochwertige Kabeljauart) und seit einigen Jahren auch wieder den Elbstint. Im Mai gibt es natürlich Maischollen mit frischem Stangenspargel, der sich ideal mit verschiedenen Fischarten kombinieren lässt. Zurzeit freue ich mich auch wieder ganz besonders auf die Matjes-Saison, die im Juli beginnen wird. Dann präsentieren wir wieder eine erlesene Auswahl köstlicher Matjesgerichte.

Das Interview führte Alexander M. Hamrle

Foto: Fischereihafen-Restaurant


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