Wilde Rosen – Von Heinrich Seidel
Wilde Rosen
Ich ging im Wald in schönen Junitagen,
Mit seinen Zweigen stolz und dunkelgrün.
Doch, welch‘ ein Wunder! Nahe seinem Gipfel
Aus seinem Laub, dicht unter seinem Wipfel,
Da sah ich hundert wilde Rosen blühn.
Ich trat hinzu, das Räthsel zu ergründen,
Und seltsam ist es, was ich muss verkünden
Und was ich dort nach langem Suchen fand:
Aus Dorngestrüpp kam eine lange Ruthe,
Die hin und her mit ungebeugtem Muthe
Sich durch des Baumes Aeste aufwärts wand.
Und war es auch in Finsterniss geboren –
Das kleine Reis hat nicht den Muth verloren,
Es strebet tapfer auf zum goldnen Licht,
Es tastet sich empor mit grünem Finger
Und dreht und wendet sich in seinem Zwinger
Und sucht und harrt und hofft und zaget nicht.
O gebe Gott doch Allen die da streben,
Sich aus der Finsterniss an’s Licht zu lieben,
Ein gut Gedeihn für redliches Bemühn,
Und Muth und Kraft und freudiges Vertrauen,
Damit auch sie des Sieges Stunde schauen,
Damit auch ihre Rosen endlich blühn!
Heinrich Seidel (1842 – 1906)
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