Die Zeit – von Gabriele von Baumberg
Aus der Reihe Epoch Times Poesie – Gabriele von Baumberg ist eine österreichische Dichterin, die schon zu Lebzeiten größere Berühmtheit erlangte. Sie galt als deutschsprachige Sappho und wurde unter anderem von Johann Wolfgang von Goethe verehrt. Mozart als auch Schubert vertonten Gedichte von Ihr.
Die Zeit
Die Zeit zerstört und baut Paläste,
Streut bunte Blumen auf die Flur:
Verschlingt des Nachruhms Ueberreste,
Und lässt dem Enkel keine Spur:
Mit unersättlichem Behagen
Nagt sie am Denkmal mancher Gruft;
Zwar mildert sie des Unmuths Klagen
Durch sie zerfliesst der Gram in Luft.
Oft nährt, oft löschet sie die Flamme,
Die Leidenschaft im Busen birg’t;
Oft untergräbt sie schlau am Damme
Womit Vernunft entgegen wirkt.
Sie kann, was Menschen selten können,
Sie setzet Schranken jedem Schmerz,
Vereint oft, was die Menschen trennen,
Giesst Balsam in das wunde Herz.
Zwar wieget sie die stärksten Triebe
In Schlummer ein, nach Sturm und Braus;
Doch die Erinnrung Erster Liebe
Tilgt selbst die Ewigkeit nicht aus! –
Gabriele von Baumberg (1768 – 1839)
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