Auf das Trinkglas eines verstorbenen Freundes – Von Justinus Kerner

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Titelbild
Doch wird mir klar zu dieser Stund', wie nichts den Freund vom Freund kann trennen.Foto: iStock

Auf das Trinkglas eines verstorbenen Freundes

Du herrlich Glas, nun stehst du leer,

Glas, das er oft mit Lust gehoben;
Die Spinne hat rings um dich her
Indes den düstren Flor gewoben.

Jetzt sollst du mir gefüllet sein
Mondhell mit Gold der deutschen Reben!
In deiner Tiefe heil’gen Schein
Schau‘ ich hinab mit frommem Beben.

Was ich erschau‘ in deinem Grund
Ist nicht Gewöhnlichen zu nennen.
Doch wird mir klar zu dieser Stund‘,
Wie nichts den Freund vom Freund kann trennen.

Auf diesen Glauben, Glas so hold!
Trink‘ ich dich aus mit hohem Mute.
Klar spiegelt sich der Sterne Gold,
Pokal, in deinem teuren Blute!

Still geht der Mond das Tal entlang,
Ernst tönt die mitternächt’ge Stunde.
Leer steht das Glas! Der heil’ge Klang
Tönt nach in dem kristallnen Grunde.

Justinus Kerner  (1786 – 1862)

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Dietrich Fischer Dieskau, Bariton; Hertha Klust, Piano



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