Ännchen von Tharau – Von Simon Dach
Ännchen von Tharau
Ännchen von Tharau ist’s, die mir gefällt,
Ännchen von Tharau hat wieder ihr Herz
Auf mich gerichtet in Lieb‘ und in Schmerz.
Ännchen von Tharau, mein Reichthum, mein Gut,
Du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut!
Käm alles Wetter gleich auf uns zu schlahn,
Wir sind gesinnt, beieinander zu stahn.
Krankheit, Verfolgung, Betrübnis und Pein
Soll unsrer Liebe Verknotigung sein.
Recht als ein Palmenbaum über sich steigt,
hat ihn erst Regen und Sturmwind gebeugt,
So wird die Lieb‘ in uns mächtig und groß
Durch Kreuz, durch Leiden und traurigem Los.
Würdest du gleich einmal von mir getrennt,
Lebtest da, wo man die Sonne kaum kennt;
Ich will dir folgen durch Wälder und Meer,
Eisen und Kerker und feindliches Heer.
Ännchen von Tharau, mein Licht, meine Sonn,
Mein Leben schließ‘ ich um deines herum.
Was ich gebiete, wird von dir getan,
Was ich verbiete, das lässt du mir stahn.
Was hat die Liebe doch für ein Bestand,
Wo nicht ein Herz ist, ein Mund, eine Hand?
Wo man sich peiniget, zanket und schlägt,
Und gleich den Hunden und Katzen begeht.
Ännchen von Tharau, das wolln wir nicht tun;
Du bist mein Täubchen, mein Schäfchen, mein Huhn.
Was ich begehre, begehrest du auch,
Ich lass den Rock dir, du lässt mir den Brauch.
Dies ist dem Ännchen die süßeste Ruh‘,
Ein Leib und Seele wird aus Ich und Du.
Dies macht das Leben zum himmlischen Reich,
Durch Zanken wird es der Hölle gleich.
Simon Dach (1605 – 59)
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