LITERATURSALON IM KANTKINO BERLIN

Auch beim Literatursalon vertraut Markus Reinefeld seinem Stammpublikum, das ganz bewusst Filme in den Kant Kinos sehen will, die immer eine hohe Qualität aufweisen.
Titelbild
Ähnlich wie früher in den Salons soll es hier im Kant Kino Berlin zu einem regen Austausch kommen. Jeden dritten Dienstag im Monat heißt es dann: Literatur im Kino.Foto: Screenshot vom Flyer
Von 12. September 2015

BERLIN – Die neue Reihe LITERATURSALON IM KANTKINO wird am Dienstag, dem 15. September, um 20 Uhr zum ersten Mal vorgestellt. Der renommierte Literaturagent Johan de Blank lässt die Salonkultur gemeinsam mit dem Programmleiter der Kant Kinos Markus Reinefeld in Berlin wieder aufleben. Und das in den Räumen der Kant Kinos.

Gemeinsam starten sie jetzt monatlich ihren Literatursalon mit Autorinnen und Autoren aus verschiedenen Genres. Romane, Biografien, aber auch Sachbücher werden die politischen und gesellschaftlich relevanten Themen abdecken. Das Motto lautet: Hauptsache spannend und anspruchsvoll. Ähnlich wie früher in den Salons soll es hier zu einem regen Austausch kommen. Jeden dritten Dienstag im Monat heißt es dann: Literatur im Kino.

Literatursalon im Kantkino, Kantstraße 54, Charlottenburg, Eintritt € 7,- erm. € 5,-, Tel. 030 – 3199866, www.kantkinoberlin.de

Den Auftakt für diesen spannenden Abend wird Yorck Kronenberg mit seinem neuen Roman „Tage der Nacht“, erschienen beim dtv Verlag, eröffnen.

In dem Roman geht es um die Spuren und Narben der Kriegsgenerationen, die bis heute sichtbar und spürbar sind. Yorck Kronenberg beschreibt dicht und bezwingend das Fortwirken einer tragischen Kindheit über ein ganzes Leben. Trotz des schweren Themas „Traumatisierung“, gelingt es Yorck Kronenberg trotz allem sehr unaufgeregt zu beschreiben, was Krieg in einem Menschen auslösen kann.

Der pensionierte Literaturwissenschaftler Anton lebt mit seiner Frau an der Küste Englands. Drei Fremde brechen eines Nachts in Antons Haus ein und plötzlich durchlebt- und erlebt der alte Mann auf ein Neues jenen schicksalhaften Morgen in der Nazizeit, an dem drei Unbekannte seinen Vater aus der Wohnung abführten. Diese Erinnerung durchlebt der in die Jahre gekommene Anton in Rückblenden. Aus dem Nebel seiner Erinnerung sieht er sich als kleinen Jungen, der während der Nazizeit erwachsen werden musste.

Johan de Blank konnte keinen besseren für den Auftakt gewinnen. Denn natürlich passt dieses Buch wunderbar auch zum Thema des Jahres 2015, „70 Jahre nach Kriegsende – und heute?“ Dieses Buch wird genug Stoff bieten, mit Zeitzeugen zu diskutieren, aber auch aus aktuellem Anlass die Flüchtlingsproblematik zu diskutieren, über und mit Menschen, die aus Kriegsgebieten fliehen müssen. Diese Spuren oder diese Schatten der Vergangenheit sind ein Teil, womit sich die Gesellschaft auch heute noch auseinandersetzen muss, um zu begreifen, dass jegliche Form von Radikalität und Ausgrenzung von Menschen  einfach nicht noch einmal aufflammen sollte.

Eine alte Tradition kehrt zurück nach Berlin

Gerade Berlin zählte Ende des 18. Jahrhunderts und Anfang des  19. Jahrhunderts zu den Begründern der Literatursalons. Es bot vor allen Dingen den Frauen die Möglichkeit, sich in einer vertrauten Gesellschaft über Literatur, aber auch über Politik sowie gesellschaftsrelevante Themen zu unterhalten. Damals gehörten die Straße und die öffentlichen Gebäude den Männern und waren den Damen nicht vorbehalten. Insofern mussten sich die Frauen etwas überlegen, wie sie am politischen Geschehen und der Kulturszene teilnehmen konnten. Rachel Varnhagen führte den berühmtesten Literatursalon in der Jägerstrasse. Bettina von Arnim, schon zu ihrer Zeit eine der wenigen bekannten Schriftstellerinnen, war immer Gast in den Salons und war z. B. maßgeblich daran beteiligt, den König auf die Misere seines Volkes aufmerksam zu machen.

Nun wird Johan de Blank diese Kultur des Literatursalons wieder aufleben lassen und es wird um sehr viel mehr als Literatur gehen.

Im Dezember zum Beispiel wird es einen Abend zum Thema Flüchtlinge geben. Hier werden mehrere Autoren ihre Texte lesen, und es soll eine rege Diskussion stattfinden. Das Ganze wird musikalisch umrahmt. Die Veranstaltung wird von der Villa Aurora in L.A. unterstützt, die Gelder gehen an den Berliner Verein Flüchtlingspaten.

Auch sollen in Zukunft Matinees, Diskussionsrunden, und Live Moderation den Literatursalon beleben.

Kant Kino – mehr als ein Filmtheater

Der Programmleiter Markus Reinefeld vom Kant Kino bezeichnet sich nicht umsonst auch als Theaterleiter. Hier zeigt sich schon, dass es ihm um mehr geht, als nur Filme abspulen zu lassen. Zudem ist es ja auch nicht abwegig, in einem Filmtheater mehr als nur Filme zu zeigen. Gerade die Anfänge des Films also der Stummfilm, wurde von einem Live Orchester begleitet, eingeblendete Schrifttafeln unterbrachen in regelmäßigen Abständen die Szenen, um die Zuschauer auf die Handlungsabläufe hinzuweisen. Das war im Prinzip schon die erste Form von Intermedialität.

Während der Vorführung eines Stummfilmes ging es beileibe nicht so ruhig zu wie heute. Da wurde geredet, sich ausgetauscht und seinen Emotionen freien Lauf gelassen. Diesen regen Austausch zwischen den Menschen möchte er mit dem Literatursalon wieder aufleben lassen, eine Kultur, die es auch schon in den siebziger und achtziger Jahren gab.  Hier waren es vor allen die Musik Events, die die Menschen anlockten. Auch vertraut Markus Reinefeld seinem Stammpublikum, das ganz bewusst die Filme in den Kant Kinos sehen will, die immer eine hohe Qualität aufweisen. Markus Reinefeld wählt ganz bewusst Filme mit Themen aus, die unsere heutige Gesellschaft widerspiegeln und betreffen.

Literatursalon im Kantkino, Kantstraße 54, Charlottenburg, Eintritt € 7 erm. € 5, 3199866, www.kantkinoberlin.de

Der kleine, aber sehr gut sortierte Buchladen Godolt aus Charlottenburg wird mit von der Partie sein. Hier werden zu jedem Salonabend die Bücher zu kaufen sein, und natürlich kann man sich sein Buch von der jeweiligen Autorin oder dem Autoren signieren lassen.

Auszug aus dem Buch „Tage der Nacht“ von York Kronenberg, erschienen im die dtv Verlag

„Während andere Hausbewohner die nächtlichen Gänge in den Keller bald nur noch widerwillig antraten, weil sie die Gefahr nicht mehr ernst nahmen, zeugte Mamas Gesicht bei jedem neuen Sirenenalarm von wahrem Schrecken. Sie weckte Toni mit einem Kuss; manchmal zog sie ihn an, bevor er die Augen öffnete. Das Geräusch der Sirenen ist ihm noch heute so gegenwärtig, als hätte er es vor Minuten gehört. Vater nahm die Geige mit in den Keller: Unter dem Applaus der Nachbarn improvisierte er zum Sirenengeheul kurze Melodien.

Die Schule fiel über Wochen aus, in dieser ersten Zeit gab es kaum nennenswerte Einschläge. Einmal fuhren Mama und Toni mit dem Bus bis zur Endstation, um ein Haus zu besichtigen, das von einer Bombe getroffen worden war: Eine Traube von Schaulustigen hatte sich gebildet; im obersten Stockwerk war die Vorderwand eingerissen, sodass man durch die klaffende Lücke ein Sofa und ein Teetischchen sehen konnte. Ein Handwerker erschien und beugte sich weit über den Rand des ehemaligen Wohnzimmers ins Freie. Der Mann fuhr mit der Hand über die Bruchstelle in der Wand; Staub und Steinsplitter lösten sich und rieselten an den tiefer gelegenen Stockwerken vorbei bis auf die Straße. Eine Frau neben Toni unterdrückte einen Schrei. Als der Handwerker vom Abgrund zurücktrat, atmete sie laut hörbar auf.“

Vorausschau

Der Schriftsteller und Pianist Yorck Kronenberg eröffnet am Dienstag, den 15 September, um 20.00 Uhr die neue Reihe LITERATURSALON IM KANTKINO. In seinem vierten Roman „Tage der Nacht“ (dtv, 2015) erzählt er dicht und bezwingend von dem Fortwirken einer tragischen Kindheit über ein ganzes Leben.

Bernhard Viel hat ebenfalls eine Premiere am 20. Oktober, ebenfalls um 20:00 Uhr, mit seiner Biographie über den Vater der Biene Maja, Waldemar Bonsels (Matthes & Seitz Berlin, 2015).

Die bekannte Schriftstellerin und Schauspielerin Katerina Poladjan liest im Rahmen des Lesemarathons Stadt Land Buch am 17. November aus ihrem zweiten Roman „Vielleicht Marseille“ (Rowohlt Berlin, 2015). Sie erzählt sechs Tage im Leben von vier Menschen, von ihrer Sehnsucht, alles hinter sich zu lassen.

Am 15. Dezember veranstaltet das KANT KINO eine Benefizlesung für Flüchtlinge in Berlin mit acht bekannten Autoren: Tanja Dückers, Cecilia Barbetta, Zehra Cirak, Annett  Gröschner, Ahne, David Wagner, Peter Wawerzinek und Jakob Hein. Das Ganze wird musikalisch umrahmt. Die Veranstaltung wird von der Villa Aurora in L.A. unterstützt, die Gelder gehen an den Berliner Verein Flüchtlingspaten.

Am 19. Januar 2016 liest Michael Rutschky aus seinem neuen Buch „Mitgeschrieben“ (Berenberg Verlag, 2015). Unbekannte und bekannte Menschen zwischen West-Berlin, München und der nordhessischen Provinz  bevölkern diese Notizen aus der Zeit zwischen 1981 und 1984, die Zeit des langen Sommers der Theorie. Danach diskutiert er mit dem Schriftsteller und Freund David Wagner.



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