Mittermeier: Humor ist die beste Waffe

Michael Mittermeier über China, Burma und die Weltpolitik
Titelbild
Mittermeier reist mit offenen Augen durch die Welt - und sagt offen, was er denkt. (Foto: mittermeier.de)
Epoch Times15. Dezember 2007

Ein Bayer nimmt es mit der Welt auf. Am 26. und 27. November nahm Comedian und Miterfinder der deutschen Stand-Up Comedy Michael Mittermeier die Hamburger im CCH mit auf eine „Safari“ durch G8-Grenzkontrollen, bayerische Steppen, rheinische Savannen, afrikanische Wälder, thailändische Tauchgebiete und ostdeutsche Elektromärkte.

Seit 20 Jahren ist der vielfach ausgezeichnete Komiker auf Tour. Die Laufbahn auf der Bühne begann er schon als Fünfjähriger, als er in einem Singspiel einen Hund spielte. Das Kostüm: Ohren an einer Wintermütze, eine Lederjacke mit Fransen als Fell und ein angehefteter Schwanz, der eher zu einer Ratte gepasst hätte. „Optisch eher eine Mutation“, findet Mittermeier, „ein rattiger Esels-Trapper.“ Ab seinem zehnten Lebensjahr spielte er zusammen mit seinem Bruder als „Mittermeier Buam“ Lieder und Sketche. „Meistens hatte ich die Rolle vom ‚Blödschauer‘ oder Freak“, erinnert sich Mittermeier. Später spielte er mit einer Gitarre in Fußgängerzonen. Doch den festen Entschluss, dass er nichts anderes als Künstler sein will, fasste er im Sommer 1987 bei einem U2-Konzert in der Münchner Olympia-Halle: Bono verspielte sich, fragte, wer´s besser könne, unser Michael meldete sich – und prompt zog ihn Bono auf die Bühne, drückte ihm eine Gitarre in die Hand und ließ ihn zusammen mit der Band „People Get Ready“ spielen. Da wusste er: Es gibt keine Alternative! Dieser „U2-Moment“ habe ihn extrem beflügelt und ihm durch die anfangs mageren Jahre geholfen. „Wenn du weißt, dass etwas richtig ist, dann musst Du keine Energie auf das ob verschwenden, sondern irgendwie geht es immer“, sagt Mittermeier.

1996 kam mit „Zapped – Ein TV-Junkie knallt durch“ der große Durchbruch. 400.000 Zuschauer besuchten seine Bühnen-Show, die CD dazu verkaufte sich über 380.000 Mal. Es folgten Auszeichnungen, TV-Auftritte, weitere Shows, CDs, DVDs – und Benefizauftritte für Kinder. Mittermeier unterstützt Waisenhausprojekte in Burma und Schulprojekte in Afrika. Denn der große Erfolg macht ihn nicht blind – und auch ein Komiker findet nicht alles zum Lachen. Heike Soleinsky sprach mit dem Künstler über Burma, China – und „was noch gehen muss in dieser Welt“.

ETD: Herr Mittermeier, Sie setzen sich für Kinder in Burma und in Afrika ein und Sie haben eine spezielle Meinung zu den Olympischen Spielen in Peking.

M.: Ich finde, es ist der Zeitpunkt erreicht, wo man Olympia boykottiert. China und Russland haben eine scharfe UNO Resolution gegen die Militär Diktatur in Burma verhindert. Und die wurden ja nicht verurteilt, es wurde nur zutiefst bedauert, dass da etwas passiert ist. Es werden immer noch Leute umgebracht in Burma. Ich höre mir jetzt seit Jahren an, dass Olympia in China super sei, weil die Menschenrechte in China dadurch gestärkt würden. Ich war nie ein großer Freund dieser Entscheidung. Mit wie vielen Toten in Burma und anderen Ländern erkaufen wir uns, dass wir nächstes Jahr ganz tolle Olympische Spiele im Fernsehen ankucken?

Mit wie vielen Toten erkaufen wir uns, dass wir nächstes Jahr ganz tolle Olympische Spiele im Fernsehen ankucken?

Man hatte es ja gesehen als jetzt der Volkskongress in China war. Was war? Wie vor jedem Volkskongress: sie haben zwei Wochen davor alle Dissidenten verhaftet. Die interessieren sich einen Scheißdreck für die Menschenrechte. Es geht doch am Ende des Tages nur um die Wirtschaft.

ETD: Sie scheinen ja gut über China informiert zu sein.

M: Na ja, ich lese halt auch mal die Tageszeitung, wo auf Seite sieben und acht zu lesen ist, dass China und Russland die Burma-Resolution verhindern. Vorher stand zwei Wochen lang auf den Titelseite, dass die Leute umgebracht wurden. Und Frau Merkel macht schöne Fotos mit dem Dalai Lama und wird hier als die Mutige gegenüber China hingestellt. Das macht sie doch nur, damit sie gut bei der Bevölkerung dasteht. Und Burma? Warum sollte sie sich für Burma einsetzen? Das ist wirtschaftlich nicht interessant.

Im Grunde ist sie feige, das kritisiere ich grundsätzlich an ihr. Seit sie Kanzlerin ist, zieht sie sich immer aus der Affäre. Wann hat sie mal wirklich eine klare Aussage getroffen? Kaum. Erst wenn schon alles klar ist. Als sie irgendwann nach ein paar Jahren gesagt hat, Guantanamo Bay ist blöd, da war Bush schon mit zwei gebrochenen Beinen in Amerika unterwegs und hatte keine Wählerschaft mehr hinter sich. Im Grunde ist das lächerlich: Sie war für den Krieg im Irak und heute sagt man, sie hätte George Bush die Meinung gesagt! Wann denn? Die Franzosen waren das.

ETD: Haben Sie das auch als Thema in Ihren Shows?

M: Das ist als Thema mit drin, ich habe China mit drin – die Nummern sind natürlich lustig aber wer etwas heraushören will, der wird das auch heraushören.

ETD: Würden Sie sich auch die Olympischen Spiele in Peking zum Thema machen?

M: Sicherlich. Das ist wie eine Fußball-WM ein großes Thema, das alle umgibt. Ich werde da wohl keine rein lustige Nummer machen, weil der Zusammenhang schon schwierig ist. Ich weiß nicht, ich hab so ein ungutes Gefühl, das hatte ich von Anfang an als China das gekriegt hat.

Ich verstehe ja immer, wenn man versucht, Länder etwas zu öffnen. In Burma ist das ja auch so. Ich finde auch, es sollen Touristen rüberfahren – wenn man nicht gerade eine Pauschalreise macht. Wenn du als Individualtourist da rüber fährst, und du sprichst mit den Menschen, dann unterstützt du sie. Das öffnet schon von innen. So auch in China. Natürlich wird auch die Wirtschaftsentwicklung in China immer mehr in Richtung zu mehr Demokratie und Freiheit führen. Trotzdem muss man aufpassen, dass man die Wirtschaftsgläubigkeit nicht über die Menschengläubigkeit stellt.

ETD: Was wissen Sie über die Menschen in China?

M: Ich lese halt die Artikel, die es so gibt. Es ist schon erschreckend, wenn man sieht, wie wohl Millionen von Arbeitern unter Bedingungen arbeiten – solche Arbeitgeber würden hier wohl verurteilt werden. Die Leute beschweren sich hier, dass ein Kinderskianzug statt 3,99 Euro 4,99 Euro kostet. Wissen die eigentlich wer das herstellt und unter welchen Bedingungen? Und dann regen sie sich alle auf, wenn das Spielzeug verseucht ist. – Hallo? Jeder weiß das doch: Die produzieren da drüben so billig, weil sich da keiner um irgendwelche Regeln schert.
Mir ist schon klar, dass das eine schwierige Diskussion ist, weil es hier auch viele Menschen gibt, die können sich nicht viel leisten. Die müssen sich so etwas kaufen. Aber es ist die Pflicht unserer Politiker, die Bürger über die Produktiondbedingungen aufzuklären.

ETD: Würden Sie auch Billigwaren boykottieren wollen?

M: Das ist schwierig, da ich nicht weiß, wo jede Billigware herkommt. Aber ich denke, es ist Pflicht der Regierung, da den Finger drauf zu haben: Wo kommt die Ware her? Wie soll der normale Hartz- IV-Empfänger kontrollieren können, ob etwas durch Kinderarbeit hergestellt wurde? Darum ist es schwierig zu sagen: kauft euch nichts Billiges! Erst recht zu jemandem, der mit 200 Euro sein Kind durchbringen muss. Es ist Pflicht der Politik, den Menschen so viel zu geben, dass sie nicht mehr darauf angewiesen sind, den Skianzug zu kaufen, den Kinder in Pakistan herstellen.

ETD: Was heißt für Sie, Olympia boykottieren. Als Sportler und Zuschauer nicht hinzugehen?

M: Ja, klar. Aber eigentlich ist es Aufgabe der Politik. Es ist ja ein Trauerspiel. Es war ja vorher auch schon so mit dem ganzen Sudan-Thema, dass man sich auch immer gefragt hat: wie kann ein Land wie China oder Russland die Regierung im Sudan weiterhin unterstützen und härtere UNO Schritte gegen die verhindern? – Und dann reden wir darüber, wie in Peking ein neues Olympia-Stadion gebaut wird. Auch unter Bedingungen, bei denen wahrscheinlich die Arbeiter da drüben keine Freude haben.

Es ist ja Realsatire: Ich habe vorgestern einen Artikel gelesen, dass in China herauskam, dass für die Sportler der Olympischen Spiele extra Bio-Schweine gezüchtet werden, damit die Dopingtests der Sportler nicht anschlagen, nur weil sie Schweinefleisch gegessen haben. Wenn nun aber extra für die Olympia-Sportler Fleisch gezüchtet wird, das gesund ist, dann fragen sich natürlich ein paar Millionen Chinesen: Hallo, und was ist dann mit uns? Sind wir die Vollidioten der Nation.

ETD: Flachen auch unsere ethischen Grundsätze ab?

M: Na ja, flach sind sie eh schon. Wirtschaft und Politik machen schon immer die Augen zu. Hauptsache Profit.

Es ist ja auch immer so, wenn einem nichts mehr einfällt, gibt es ein Embargo. Wie in Burma. Nützt das? Die Leute verhungern. Ein Embargo kann nur dann funktionieren, wenn es einstimmig durchgesetzt wird. Die Militärs werden unterstützt von China, Russland und Indien. Die haben ihre eigenen Regeln. Die Wirtschaft hat natürlich auch ihre eigenen Regeln aber ich könnte so nicht arbeiten.
Wir müssen alle mehr zusammenrücken. Ich glaube schon irgendwie an das Gute im Menschen und bin schon ein kleiner Idealist. Ich denke, dass wir noch ein bisschen mehr herausholen können aus der Welt. Ich bin kein vergeistigter Pazifist, der im Jutesack herumläuft und sagt: Oh, wie schön doch alles ist. Aber ich glaube es geht ein bisschen noch ‚was! Es geht nicht alles aber es geht etwas.

ETD: Was geht nicht?

M: Na ja, es wird nicht von heute auf morgen gehen, dass sich die Welt liebt und in Frieden miteinander lebt. Du kannst einem Menschen nicht sagen: So, von jetzt an bist Du friedlich! In den verschiedenen Ländern sind ja auch die verschiedensten Herrschaftsstrukturen. Du kann nicht einfach unseren Maßstab auf ein anderes Land anwenden. Das funktioniert in Pakistan ja auch nicht – ein Desaster für Amerika! Nun haben wir Jahre lang den Musharraf Puder in den Arsch geblasen für seinen Kampf gegen den Terror – und nun stehen wir da: Wenn es knallt und die Islamisten hinkommen, dann hätten wir uns die ganze Diskussion sparen können, dann haben sie die Atombombe. Wenn man nur mal zehn Meter weiter denken würde!

Das ist ja auch kontrovers: Ich unterstütze einen Diktator, damit er uns hilft, die Demokratie und die Freiheit zu verteidigen?! Einen Diktator, wohlgemerkt.

ETD: Zum Abschluss etwas anderes: Ich hoffe, Sie werden sich wohl fühlen in Hamburg, wenn Sie da sind.

M: Sicher! Hamburg mag ich gerne. Da komme ich immer wieder gern hin. Ich habe eine lange Geschichte mit dem Quatsch-Comedy-Club in Hamburg, da bin ich persönlich sehr hineingewachsen. 1992 war ich schon im Live-Club auf der Reeperbahn. Das waren ja noch Zeiten als es noch nicht diesen Comedy-Boom gab. Das war Jahre lang wie eine Quatsch-Familie.

ETD: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Ich wünsche Ihnen alles Gute.

M: Ja ebenso. Alles Gute!

Die Fragen stellte Heike Soleisky

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Printausgabe Nr. 14

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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