Mit Leib und Seele

Das Erfolgskonzept der Café-Reise-Bar
Titelbild
Die zweistöckige Café-Reise-Bar hat Platz genug für eine großzügige Raucher-Lounge. (Wen Jiang/ET)
Epoch Times21. Oktober 2008

Selami Albayrak ist viel gereist und kennt die Welt. Er ist Touristiker – mit Leib und Seele, wie er sagt. Dennoch hat er seit sechs Jahren selbst keinen Tag Urlaub mehr gemacht. Anfang 2002 eröffnete er in Hamburg-Ottensen ein Reisebüro und eine stimmungsvolle Café-Bar in einem: die Café-Reise-Bar. Im Interview mit The Epoch Times verrät er die Erfolgsgeheimnisse dieses in Deutschland bisher einmaligen Konzepts.

Epoch Times: Wie kamen Sie auf die Idee für die Café-Reise-Bar?

Albayrak: Ich hatte einen Traum: Ich wollte ein Konzept auf dem deutschen Markt umsetzen, das es noch nicht gibt. Die Idee kam nach dem 11. September 2001. Dieses Ereignis hat das gesamte Finanzkapital der Reisebranche getroffen! Ich musste damals mein Schiff retten. Der Pauschalreisende ist in den letzten Jahren vorsichtiger geworden: Terroristische Anschläge, Naturkatastrophen wie der Tsunami und so weiter.

Die Dominikanische Republik und Barbardos sind ein wenig teuer, in die europäischen Ländern wird oft mit dem eigenen Auto gereist – da bleibt nicht mehr viel übrig, wohin man reisen kann.

Epoch Times: Warum haben Sie sich für die Kombination aus Reisebüro und Café-Bar entschieden?

Albayrak: Die Reisebranche ist ein Jahresgeschäft. In der Praxis reist ein Pauschalreisender nur einmal im Jahr, und damit das Geschäft läuft, muss man viel Geld in Werbung und ins Marketing investieren. Die Gastronomie hingegen ist ein Tagesgeschäft.
Außerdem war meine Idee, dass der Reisende sich in entspannter Atmosphäre bei Kaffee, Cocktails oder Sushi Informationen holen kann. Nach dem Motto: Der Urlaub beginnt beim Buchen.

Epoch Times: Finden Sie, dass das Konzept aufgeht?

Albayrak: Man kann sagen: es läuft gut. Die Kombination hat ihre Vorteile: Wenn der Kunde öfter ins Café kommt, kennt man sich, und ich weiß, welche Reisen ich ihm anbieten kann. Ich kann meine Produkte besser vermarkten, und meine Kunden erhalten eine bessere Dienstleistung. Dienstleistung ist für mich mehr als eine Person, die im Computer nachschaut. Vielmehr gehört dazu die kleine Sympathie: ein Lächeln, Augenkontakt, ein „Na, wie geht’s Dir?“ – eben der menschliche Kontakt und Anteilname. Wir könnten hier im Laden wie viele andere auch Tresen-Verkauf machen: eine Servicekraft einsparen und dafür den Kaffee billiger verkaufen. Aber ich versuche da, ein bisschen klassisch zu bleiben: Wenn man einen Kaffee trinken geht, gehört es dazu, sich bedienen zu lassen. Es soll Spaß machen. Wir wollen die Menschlichkeit nicht durch Technik ersetzen, sonst machen wir die schönsten Seiten des Dienstleistungsgewerbes und das Geschäft kaputt.

Vorteilhaft sind auch die Synergie-Effekte zwischen der Café-Bar und dem Reisebüro. Wer beim Buchen seiner Reise Lust auf einen Ouzo aus Griechenland oder einen Rioja aus Spanien bekommt, lässt den Reiseberater den Drink beim Barkeeper bestellen. Das ist ein besonderer Service.

Epoch Times: Welche weiteren Perspektiven haben Sie für Ihr Konzept?

Albayrak: Das Reisegeschäft hat sehr viel mit der Gastronomie zu tun. Jedes Land hat seine eigene Küche und seine Kultur. Ich möchte die Café-Reise-Bar zu einem Erlebniscenter machen, in dem man die unterschiedlichen Kulturen der Länder erleben kann. Dazu stellen wir unsere Räumlichkeiten den Touristikern zur Verfügung. Sie können Folklore und ihren Koch mitbringen und ihr Produkt vermarkten.

Epoch Times: Muss man in der Café-Reise-Bar mehr für seine Reisen zahlen?

Albayrak: Nein, der Preis ist gleich, sie bekommen aber besseren Service.

Epoch Times: Welche Erfahrungen haben Sie während der Entwicklung gemacht?

Albayrak: Durch Energie und die Kräfte positiver Gedanken kann man das alles schaffen, auch wenn man im Prozess Fehler macht. Die Energie ist wichtig, die kleine Kraft, mit wenig Geld und freundschaftlicher Hilfe. Eigentlich muss ich dem 11. September indirekt danken, denn durch dieses Ereignis habe ich zu meiner Kraft gefunden, das ist viel wichtiger als das Kapital, und das kann jeder schaffen. Der Mensch kann alles schaffen. Natürlich muss man mit den Beinen auf dem Boden bleiben. Man muss einschätzen, was man mit seinen Kräften und Möglichkeiten erreichen kann.

Man braucht gute Freunde, die helfen, ohne Geld zu verlangen. Man arbeitet 14 Stunden täglich, sechs Jahre lang ohne einen Tag Urlaub. Ich habe bis drei Uhr nachts gearbeitet. Die Möbel, die Sie hier sehen,
habe ich selbst getragen, nicht in Auftrag gegeben. Das macht mir einfach Spaß.

Epoch Times: Sind Sie viel gereist?

Albayrak: Ja, natürlich. Als Touristiker sollte man das Land, die Menschen und die Kultur kennen, damit man sein Produkt gut verkaufen kann. Wenn ich was erlebt habe, dann kann ich die Stimmung und Atmosphäre lebendiger weitervermitteln.

Epoch Times: Sie haben die Café-Reise-Bar in den letzten Jahren immer wieder leicht verändert, hat das einen Grund?

Albayrak: Seit sechs Jahren verändern wir immer wieder unser Konzept während des Tagesgeschäfts. Wir haben hinten eine Werkstatt. Nach jeder Änderung beobachten wir, wie sich das Tagesgeschäft und das Publikum verändert. Bis jetzt hatten wir Gäste zwischen 80 und 18 Jahren, aber seit den letzten Änderungen bemerken wir, dass die meisten über 30 sind. Das ist auch unsere Zielgruppe, denn die jüngeren Leute buchen selbst kaum Reisen, sondern fahren noch mit ihrer Familie.

Epoch Times: Die Änderungen haben Wirkung auf das Publikum?

Albayrak: Ja, das hat mit dem Licht zu tun, mit der Helligkeit, mit der Musik. Das beeinflusst das Publikum. Diesmal haben wir den Boden geschliffen, die Wände hell gestrichen, die Spiegel abgenommen, dadurch ist es insgesamt heller geworden. Wir haben neue Sessel, kleine Tische, an denen man zum Kaffeetrinken nahe zusammensitzen kann und große Tische, an denen man gut essen kann. Im Hintergrund spielt Lounge-Musik. Obwohl die Musik laut ist, kann man sich gut unterhalten. Das liegt nicht nur an der guten Anlage, sondern an der Akustik. Wir haben eine Schallschutzdecke. Viele denken, das Wichtige sei die Anlage, aber wenn man keine gute Akustik hat, dann hört man nur Geräusche und das macht viel aus.

Sehen Sie den Tisch da unten am Fenster? Im Sommer war er immer besetzt. Im Winter neben der Glasfront und den schmalen Stühlen ist er meist leer. Da muss man sich fragen, warum. Wirkt der Tisch im Winter kalt, ungemütlich? Am Ende sieht man den Erfolg seines Konzepts am Umsatz.

Das Interview führten Nina Hamrle und Detlef Kossakowski.

Zur Person: Selami Albayrak kam Ende 1979 aus der Türkei zum Studium nach Deutschland und arbeitet seit den 1980er Jahren in der Reisebranche. Seit 1989 ist er selbstständig und hat in den letzten 20 Jahren drei Reisebüros aufgebaut.

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 43/08

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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