Wenn es Abend wird: Wiegenlieder

Wiegen- und Schlaflieder – ein Schatz für Eltern und Kinder
Titelbild
Der Mond ist aufgegangen ...Foto: AP Photo/Nati Harnik
Von 10. November 2012

„Mama, komm singen!“ Thea sitzt auf ihrem Bettchen. Mama weiß, Thea hat es geschafft, die Zähne zu putzen und in ihr Nachthemd zu schlüpfen. Zwei erwartungsvolle Augen blitzen sie an. Mama geht das Herz auf und sie singt. Glücklicher Moment für Mama und Kind, der beide die Unbill des Tages vergessen lässt und vertrauensvolle Bindung schafft, die sie durch das Leben trägt. In den Schlaf gesungen zu werden, zaubert Geborgenheit. Vor dem Einschlafen entstehen Bilder: „Aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar“, oder: „Die Blümelein, sie schlafen schon längst im Mondenschein“. Begleitet von den Bildern fällt sanft das Kind in den Schlaf.

Jahrhundertealtes Kulturgut

Doch leider gehört das Singen in Familien, Kindergärten und Schulen heute nicht mehr zur Selbstverständlichkeit. Auch die Technisierung in unseren modernen Zeiten mit CD-Player und aufziehbarer Spieluhr verdrängt das alte Zu-Bett-Geh-Ritual der Gutenacht-Lieder: Die elementare Fähigkeit des Singens, und mit ihr der erste Kontakt zu jahrhundertealtem tradierten Kulturgut droht auszusterben. Dem möchte der Radiosender SWR2 mit seinem „Wiegenlieder“-Projekt gegensteuern, bei dem die Techniken unserer modernen Zeiten traditionserhaltend eingesetzt werden. Gemeinsam mit dem Carus-Verlag wurde dieses Projekt ins Leben gerufen.

Erstaunlich, was die ersten Töne „Der Mond ist aufgegangen“, gesungen vom Tenor Christoph Prégardien auf der „Wiegenlieder-CD“, beim Hörer auslösen: Ein Stückchen heile Welt, ein Stückchen Erinnerung ans Kindsein und ein Stückchen eigener Kultur. Das Gedicht mit dem Titel „Abendlied“ schrieb Matthias Claudius (1740-1815). Es wurde in der ersten Vertonung von Johann Abraham Peter Schulz 1790 veröffentlicht.

In allen Kulturen gibt es sie, die Wiegenlieder. Sie haben Ähnlichkeit miteinander: langsam wiegende Rhythmen mit sich wiederholenden Teilen und relativ hoher Tonlage. Das beruhigt und erzeugt ein Wohlgefühl. Singen mit Kindern bewirkt noch mehr. Johannes Gaulich vom Verlag Carus betont, dass wissenschaftliche Studien in den letzten Jahren viele wichtige Auswirkungen des Singens mit Kindern belegt haben. „Insbesondere wird das kindliche Hören geschult, beschrieben werden zudem positive Wechselwirkungen mit der Sprach- und Intelligenzentwicklung.“

Besorgt sein um das Singen

Der Initiator des Projekts, Cornelius Hauptmann: „Wenn Kinder die einfachen Schlaflieder hören, kann man sie über die Brücke führen zu den etwas anspruchsvolleren Liedern!“Der Initiator des Projekts, Cornelius Hauptmann: „Wenn Kinder die einfachen Schlaflieder hören, kann man sie über die Brücke führen zu den etwas anspruchsvolleren Liedern!“Foto: SWR/Sven Cichowicz/Carus-Verlag

Hans Bäßler, Professor für Musikpädagogik in Hannover, erklärt, dass wir alle das Bedürfnis haben, uns mit unserer Stimme mitzuteilen.  Diese Anlage kann gefördert werden, wenn ein Kind schon früh erfährt, dass es sich im Singen frei äußern kann, in Worten des Professors ein „Ausdruck der Freiheitlichkeit“. Bäßler erklärt in einem Interview, dass er besorgt sei, dass „das Singen in unserer Gesellschaft ingesamt verloren geht“. Im allabendlichen Ritual „den Tag friedlich zu beschließen“ sieht er eine wichtige Grunderfahrung für die Kinder.

Für einen guten Zweck

52 bekannte professionelle Sängerinnen und Sänger zwischen 8 und 74 Jahren haben sich dem „Wiegenlied-Projekt“ angeschlossen und 52 Lieder aufgenommen. Die Sänger und Begleitmusiker verzichten auf ein Honorar. Für jede verkaufte CD oder Buch gehen zwei Euro als Spende an die Kinderhilfsorganisation „Herzenssache e.V.“

Die Intention ist einfach: Die Initiatoren und die Teilnehmer am Projekt möchten mit Radiosendungen, CDs und Liederbüchern erreichen, dass Eltern wieder häufiger mit ihren Kindern singen.

Im Vorwort des CD-Booklets erfahren wir vom Initiator und Bass-Opernsänger Cornelius Hauptmann über die Entstehung der Projektidee: „Zwei Dutzend Zwölfjährige wurden danach gefragt, ob sie das Lied „Der Mond ist aufgegangen“ kennen. Kaum einer kennt es.“ Das Ergebnis ist traurig und somit war die Idee geboren, denn die Unkenntnis der Kinder wollte er ändern. Seine Kollegen unterstützten die Idee, da auch sie der Meinung sind: „Diese Musik darf nicht aussterben.“

}Wiegenlieder-Projekt

Auf der ersten CD der „Wiegenlieder“- Sammlung befinden sich sechsundzwanzig Lieder, gesungen von bekannten deutschsprachigen Sängern und Sängerinnen wie Cornelius Hauptmann, Christoph Pregardien, Christina Landhamer oder Benoît Haller. Die zweite CD wird ab März 2010 erhältlich sein. Dazu veröffentlichten der Reclam- und Carus-Verlag zusammen eine Liederbuch-Sammlung mit einer zusätzlichen Mitsing-CD und Illustrationen von Frank Walka.

Wiegenlieder:  Texte und Melodien mit Harmonien“ Gebundene Ausgabe, 128 Seiten. ISBN 978-3-89948-131-0 bei Carus Verlag; 19,90€;  Wiegenlieder CD-Box 1, Carus 83.001, 17,90€ ; Wiegenlieder CD-Box II, Carus 83.002


 

Erschienen in The Epoch Times Deutschland Nr. 47/09

 



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