Ungewöhnliche Freundschaft: Oper über oberste US-Richter

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Justiz und Oper schließen sich nicht aus: Derrick Wang bringt sein Werk «Scalia/Ginsburg» zur Aufführung.Foto: Matthew Fried/Castleton Festival/dpa
Epoch Times10. Juli 2015
Als oberste Richter sind sie Kollegen und Rivalen zugleich, sie sind befreundet, beide lieben die Oper: Antonin Scalia (79) und Ruth Bader Ginsburg (82) sind in den USA so etwas wie Polit-Popstars.

Die zurückhaltende, fein argumentierende Liberale Ginsburg und der zu dramatischen Aussagen neigende Konservative Scalia stehen als Richter am Supreme Court seit Jahrzehnten in der Öffentlichkeit. Das sei guter Opernstoff, fand der junge Komponist Derrick Wang (31). An diesem Samstag hat sein Werk „Scalia/Ginsburg“ bei dem von Stardirigent Lorin Maazel gegründeten Castleton Festival im US-Bundesstaat Virginia Premiere.

Wang kennt die juristischen Texte der beiden Star-Richter aus eigener Anschauung. Denn er ist sowohl Jurist als auch Komponist. Beim Jurastudium kam er auf die Idee, die Obersten Richter in den Mittelpunkt eines Werkes zu stellen.

„Es war zunächst nur so eine Idee“, die jedoch immer konkreter wurde, sagte Wang, der in Harvard und Yale Musik studierte und danach sein Jurastudium an der University of Maryland absolvierte. Seine Oper bringt beide Interessensgebiete zusammen – und sie reicht in die große US-Politik hinein. Selbst aktuelle Streitthemen der vergangenen Monate, wie etwa die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare, sollten in das Bühnenstück noch einfließen.

Die Freundschaft von Ginsburg und Scalia muss die gegensätzlichen Auffassungen der beiden zu Justiz und Staat aushalten. Denn zu den wichtigsten Aufgaben eines Supreme Court Justice – so der offizielle Richtertitel – gehört es, die Verfassung auszulegen sowie Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

In Wangs Oper geht es genau darum: So singt Scalia: „Ruth, kannst du nicht lesen? Du kennst den Text!“ Und Ginsburg entgegnet: „Du suchst vergeblich nach einer einfachen Lösung für ein schwieriges Problem. Aber das Schöne an unserer Verfassung ist, dass sie sich genau wie unsere Gesellschaft weiterentwickeln kann.“

Scalia hat bereits 28 Jahre auf der Richterbank des Supreme Court verbracht, Ginsburg 21 Jahre. Zusammen haben sie also fast ein halbes Jahrhundert Erfahrung. „Man kann an ihr absolut nichts aussetzen – außer ihrer juristischen Auffassung“, sagte der Konservative Scalia einmal über seine Kollegin. Ginsburg erwiderte, ihr passe Scalias Blick auf die US-Verfassung auch nicht. Gut finde sie aber, dass diese ihn nach wie vor so fessele.

Ginsburg und Scalia sehen sich Berichten zufolge regelmäßig auch privat, waren schon mit ihren Familien gemeinsam im Urlaub. Es gibt Urlaubsaufnahmen, wie sie auf Elefanten reiten.

Von der Idee, Hauptfiguren einer Oper zu werden, hätten sich die beiden Richter angetan gezeigt: „Ich denke, es hat ihnen gefallen, ihre Worte in einer Oper wiederzuerkennen“, sagte Wang, der auch das Libretto geschrieben hat.

In seiner Musik nimmt er Anleihen bei Händel, Mozart, Verdi, Puccini und anderen berühmten Komponisten. „So wie vor Gericht frühere Fälle analysiert werden, um eine neue Entscheidung zu entwickeln, nimmt die Partitur Bezug auf beliebte Opern und verwandelt sie in neue und sprühende Kommentare auf Musik und Gesetz“, schreibt Wang im Internet.

Sopranistin Ellen Wieser und Tenor John Overholt verkörpern nach Angaben des Festivals die beiden Protagonisten. Der von Salvatore Percacciolo dirigierte, gut einstündige Einakter „Scalia/Ginsburg“ wird zusammengekoppelt mit Maurice Ravels Oper „L’heure espagnole“ von 1911. Regie führt Broadway-Schauspielerin Maria Tucci (74).

Das Castleton Festival in der Nähe von Washington wurde von dem 2014 gestorbenen Dirigenten Lorin Maazel und seiner deutschen Frau Dietlinde Turban Maazel gegründet. Die Geschichte der beiden Richter sei eine „absolut geniale Idee“ für eine Oper, sagte Turban Maazel der dpa. „Es geht um die unerwartete Freundschaft dieser beiden Richter, die vom Denken her gegensätzlicher nicht sein können. Ihr Faible für die Oper ist der gemeinsame Nenner.“

(dpa)


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