Renaissance: Geld und Kunst in Florenz
„Es ist gut zu wissen, wie man Geld verdient, aber noch besser zu wissen, wie man es ausgibt“, sagte Giovanni Rucellai im Jahre 1475. Als Kaufmann, der in Florenz zum Kunstmäzen wurde, machten er und einige erfolgreiche Familien sich in der Stadtgeschichte einen Namen – nicht wegen des enormen Reichtums, den er angehäuft hatte, sondern weil er sein Geld in Kunst und Kulturschätze investierte.
In der Renaissance entwickelte sich, neben vielen anderen kulturellen Errungenschaften, die bis heute relevant sind, auch das moderne Bankensystem und das Geld begann das Zusammenleben mit allen Vor- und Nachteilen zu bestimmen. Dass das Geld aber auch in die Entwicklung der schönen Künste investiert wurde, war einer der positivsten und unübersehbaren Effekte.
Gemalte Geldbesessenheit
Auf Gemälden, besonders flämischer Meister, wurden jedoch auch die Machenschaften der Wucherer gezeigt. Die Zinswucherer, die Geld zu willkürlich gesetzten Zinssätzen verliehen, waren völlig neue Gestalten in der damaligen Gesellschaft. Auf Gemälden wurde ihre Geldbesessenheit in Form von verzerrten Gesichtern und einer unnatürlich gekrümmten Körperhaltung geschildert – eine unverkennbar hässliche Darstellung die moralisch abschrecken sollte.
In van Reymerswaeles Werk werden Wucherer vor allem mit knochigen Händen und starken Schatten dargestellt. Die Art und Weise, wie sie ihr Geld beobachten, hat etwas Dämonisches und erinnert an den Spruch: „Das Geld ist des Teufels Exkrement.“ Eine halb abgebrannte Kerze begleitet sie als Symbol der Vergänglichkeit.
Das Motiv wird auch in dem Bild „Der Bankier und seine Frau“ dargestellt. Der Geldwechsler und seine Frau wirken insgesamt weniger abstoßend als die Personen auf dem Bild „Die Wucherer“, aber ihre Hände sind in merkwürdigen Haltungen abgebildet. Von der Silhouette her erinnern sie an Tierklauen. Auch hier wird denen, die mit Geld handeln, eine räuberische Natur unterstellt.
Italiens Auffassung vom schmutzigen Geld
Während die nördlichen Künstler ihrem protestantischen Denken entsprechend Wucher hauptsächlich moralisch verurteilten, wurde er von der katholischen Kirche schlicht untersagt. Der Hauptgrund hierfür lag in der Auslegung der Bibel: Arbeit wurde als ein Teil des göttlichen Planes angesehen, die man im Schweiße seines Angesichts verrichten musste. Wucher zu betreiben, indem man Gewinne machte, ohne selbst etwas herzugeben, zählte demnach nicht als Arbeit. So einfach war das.
Anfänglich war in Italien die Einstellung gegenüber Geld stark mit der Vorstellung der Sünde verbunden, wie sie in Dantes „Göttlicher Komödie“ zu finden ist. Hier gibt es Ungeheuer, die Menschen verschlingen und Teufel, die einen Sack voll Geld benutzen, um die habgierigen Sünder auszupeitschen. Unter den beschriebenen Sündern befinden sich auch ein Papst, ein Kardinal und eine Nonne, die den Schaden symbolisieren, den die Kirche seit der Einführung des Geldes durch Korruption erlitten hat.
Thomas von Aquin hingegen brachte den Gedanken auf, Sünden durch eine milde Gabe zu sühnen. Auch begann er, zwischen moralisch verwerflichen Wucherern und anständigen Bankiers zu unterscheiden. Durch seine Idee, unterhalb eines Prozentsatzes von rund fünf Prozent Kredite nicht als Wucher anzusehen, wurde das Kreditwesen gesellschaftsfähig.
Viele Gaben für Gemeinwohl kamen von reichen Kaufleuten und Bankiers, wie zum Beispiel Francesco Datini, der mit 100.000 Gold-Florinen zwei Krankenhäuser bauen ließ. Eines wurde das „Hospital der Unschuldigen“ genannt.
Der Fall Lelmo Balduccis, eines florentinischen Bankiers, war einzigartig. Ihm wurde unterstellt, ein Wucherer zu sein, doch gab er das von ihm angehäufte Geld für den Bau des St. Matthäus-Krankenhauses aus, das heute die Kunstakademie beherbergt. Er gründete dieses Krankenhaus vor allem zur Behandlung von Hauterkrankungen, da man seinerzeit glaubte, dass das Berühren von Geld zu Hauterkrankungen führt. Die Idee, dass Geld etwas Schmutziges ist, war damals sehr stark ausgeprägt; sie wurzelte im Moralischen.
Die großen Mäzene von Florenz
Zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert stieg die Anzahl der von florentinischen Bankiers in Auftrag gegebenen Kunstwerke beträchtlich. Enorme Summen wurden in die Errichtung von Kirchen und Klöstern investiert, Paläste erbaut und mit Statuen und Gemälden geschmückt. „Beim Tod von Lorenzo dem Prächtigen im Jahre 1492 hatten die Medici das dreifache Erbe ihres Großvaters Cosimo allein für Gebäude, Gemälde und Skulpturen ausgegeben, die sie ihren Mitbürgern spendeten“, schreibt der berühmte italienische Archäologe und Kunsthistoriker Salvatore Settis.
Außer Schönheit aus Reue zu finanzieren oder ein „herrliches Kunstwerk“ in Auftrag zu geben, das die eigene Macht und Bedeutung verkündete, wirkten in Florenz aber noch andere Faktoren. Alle Bürger hatten eine sehr große Liebe zur Kunst und es war ihr Stolz, ihre Stadt zu verschönern. Schönheit war dementsprechend ein kollektiver Wunsch und nicht nur das Bedürfnis einiger reicher Leute.
Die adligen Paläste aus dieser Zeit veränderten das architektonische Profil der ganzen Stadt. Eine Anekdote von der Grundsteinlegung des Palazzo Strozzi berichtet zum Beispiel, wie glücklich der Bauherr Filippo Strozzi war, als ein Lebensmittelhändler eine Münze auf den Stein warf. Diese Anekdote charakterisiert den Adeligen und den gewöhnlichen Mann als ebenbürtige gesellschaftliche Kräfte.
Die Ästhetik von Florenz wurde in gewisser Hinsicht aber auch von einem „demokratischen“ Geist geformt. In der Strenge und Gleichmäßigkeit der Fassaden ging es um Schönheit und Geradlinigkeit und es gab nichts, was als pompös empfunden werden konnte. Läden definierten das Straßenbild, denn Florenz war eine Republik, die sich aus einer Stadtgemeinde entwickelte.
Sogar die Medici, die durch ihren großen politischen Einfluss lange Zeit Herren der Stadt waren, wollten nie zu sehr herausragen. Sie drückten in ihren Bauwerken einen Geist von Einfachheit und Mäßigung aus. Und viele der Arbeiten, die durch sie bestellt wurden, bekam die Öffentlichkeit gar nicht zu sehen, weil es private Aufträge waren, die zum Beispiel für Schlafzimmer gedacht waren.
Warten auf die göttliche Eingebung
„Ich denke immer nach und plane. Und wenn mir Gott die Gelegenheit gibt, hoffe ich, in der Zukunft große Werke zu schaffen“, sagte Filippo Strozzi, als er 1466, nach langem Exil in seine Heimatstadt Neapel, zurückkehrte. Ein Ausdruck dessen, wie sehr er sich eine „göttliche Eingebung“ wünschte, ohne die damals keiner etwas erschaffen wollte. Schließlich wurde der Glaube als die wichtigste Inspirationsquelle für Meisterwerke angesehen, erst danach kam die Ratio. Auf einer rein vernunftbezogenen Basis wären Werke wie diejenigen Fra Angelicos oder Botticellis nicht möglich gewesen.
Und auch die Auftraggeber der Werke, die als harte Männer ihre Rolle in der Historie spielten, hatten ein Seelenleben. Lorenzo de‘ Medici zum Beispiel erscheint als ein sehr kalter Mann, wenn man sich seinen Kampf gegen den dominikanischen Ordensbruder Savonarola vor Augen führt. Doch er besuchte jede Woche mehrmals ein Kloster und hat sich, laut seiner Memoiren, nachts oft selbst gegeißelt. Eines ist sicher: Wie auch immer die Menschen dachten, die in einer der größten Kunstepochen der Geschichte lebten und sie miterschufen, sie erlebten die Welt und ihr Leben sehr viel anders als wir.
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