Erhu-Spielerin Xiaochun Qi verzaubert im „Shen Yun Chinese Spectacular“ ihr Publikum

Wie ein Tropfen im Meer der Töne
Titelbild
Epoch Times29. Februar 2008

Sie ist es gewohnt, die Zuschauer mit dem beseelten Klang ihres Instruments zu erreichen. Das ist auch die innere Vorstellung, der Xiaochun Qi konsequent folgt. Die Erhu ist ihre Stimme, sie gibt ihren Gedanken und Empfindungen einen Klang­raum, den man dem zweisaitigen, eher zierlichen Instrument kaum zutraut. Eine Analogie zum Wesen von Xiaochun Qi selbst, die nicht minder zart besaitet wirkt.

Als sie klein war, sei es der Wunsch ihrer Eltern gewesen, dass sie Erhu spiele. Bis heute habe sie nicht damit aufgehört. Und daran tut sie gut, denn wenn sie den Bogen über die beiden Saiten streicht („Er“ bedeutet die Zahl „Zwei“ auf chinesisch und „Hu“ heißt „Instrument“), öffnen sich die Weiten chinesischer Landschaften hinter ihr, als suche sie mit der Stimme ihres Saiteninstruments sehnsüchtig Wege durch Flusstäler, Bergschluchten und Ebenen bis zum Horizont.

ETD: Es gibt Zuschauer, die sagen, Sie können sich in den Tönen Ihrer Erhu wie ein Tropfen im Meer verlieren. Wie erzeugt man eine solche Wirkung?

Qi: Das ist wahrscheinlich die Allgemeinwirkung, die Musik erzeugen kann. Das muss nicht unbedingt Musik sein, die durch die Erhu erzeugt wird. Sicherlich hat das auch damit zu tun, wer die Musik geschrieben hat und wer diese Musik gerade spielt. Meine eigene Erfahrung ist, wenn ich als Erhu-Spielerin auf der Bühne stehe, je mehr Ruhe ich habe, je ausgeglichener ich bin, umso mehr kann ich den Inhalt der Musik zum Ausdruck bringen. Ein Erhu-Spieler sollte zuerst sehr ruhig sein, er sollte aber auch innerlich sehr rein sein.

ETD: Komponieren Sie Ihre Stücke selbst?

Qi: In den vergangenen Jahren habe ich nur eigene Kompositionen gespielt.

ETD: Was möchten Sie bei den Zuhörern mit diesen Kompositionen auslösen?

Qi: Ich denke nicht so viel drüber nach, weder beim Komponieren noch beim Spielen. Die Musikstücke sind eingebettet in die Gesamtheit der Show, und es ist eine der Botschaften der Show, das Schöne, das Reine zu zeigen. Das ist es, was ich den Menschen vermitteln möchte.

ETD: Das heißt, Sie sind eine sehr intuitive Künstlerin?

Qi:
Man kann das so sagen, auf der anderen Seite bin ich auch immer wieder selbst von diesen Musikstücken berührt, weshalb ich davon ausgehe, dass das Publikum ähnliche Gefühle haben wird.

ETD: Von Händel wird der Ausspruch überliefert „Ich sehe den Himmel offen“ als er seinen Messias schrieb. Haben Sie als spiritueller Mensch beim Komponieren ähnliche Empfindungen?

Qi: Es kommt einfach ganz natürlich, ich habe da gar kein besonderes Gefühl. Bei mir geht das alles sehr schnell, ich bin eigentlich eher faul, aber wenn ich Stücke schreibe, dann geht es sehr schnell. Wenn ich wirklich schreiben möchte, dann ist ein Stück in zwei Tagen fertig. Dann hilft mir meine Pianistin noch einmal, das Ganze ein bisschen zu polieren.

ETD: Können Sie uns etwas über Ihr Stück in der diesjährigen Show sagen, inwiefern unterscheidet es sich von dem im vergangenen Jahr?

Qi: Das neue Stück heißt „Die leidvolle Erlösung“. Im Vergleich zum letzten Jahr geht es noch tiefer. Man spürt, dass die Last auch größer ist, es drückt aus, dass man mehr Last zu tragen hat.

ETD: Warum haben Sie dieses Thema gewählt?

Qi: Nicht ich habe dieses Thema gewählt, es hat mich gewählt.

ETD: Wo kommt diese Kraft in ihrem Spiel her?

Als suche sie mit der Stimme ihres Instruments sehnsüchtig Wege durch Täler und Schluchten bis zum Horizont. (NTDTV)Als suche sie mit der Stimme ihres Instruments sehnsüchtig Wege durch Täler und Schluchten bis zum Horizont. (NTDTV)

Qi: Mein Zustand auf der Bühne ist eher ruhig, ich denke da nicht viel. Ich glaube, dass die Zuschauer so sind wie die Musiker, jeder hat den Wunsch etwas Schönes zu finden, und wenn etwas Schönes da ist, gibt es automatisch ein Echo. Der Wunsch etwas Schönes zu erleben, ist wie die zwei Saiten einer Erhu. Es muss nur eine Hand geben um darauf zu spielen, damit eine Vibration erzeugt wird. Ich stelle mir vor, dass es einen Faden gibt zwischen dem Musiker und dem Zuschauer, das ist ein Faden wie eine Schicksalsverbindung. Wenn man es schafft den zu berühren, sind die Zuschauer auch berührt.

ETD: Auf so einer langen Tournee, finden Sie noch Zeit zum Üben?

Qi: In diesem Jahr ist die Herausforderung etwas größer als im vergangenen Jahr, weil auch das Orchester mitspielt. Ich spiele auch im Orchester mit.

ETD: Die chinesische Gesangsweise kennt 13 Vokale gegenüber 5 Vokalen und 6 Umlauten im Westen, und zusätzlich noch besondere Arten, wie man diese erzeugt. Gibt es dieses Phänomen auch beim Erhu-Spielen?

Qi: Es gibt Unterschiede, aber andere Unterschiede als beim Gesang. Es hat auch mit dem Instrument zu tun. Wenn man die Erhu mit westlichen Saiteninstrumenten vergleicht, etwa der Geige, so drückt der Klang etwas anderes aus. Im Klang der Erhu steckt immer etwas Leidvolles. Auch wenn man fröhliche Stücke spielt, gibt es im Hintergrund immer etwas leicht Bedrückendes.

ETD: Sind Chinesen besonders schmerzempfindlich?

Qi: Ganz im Gegenteil. Die Chinesen haben viel zu viel Leid ertragen müssen.

ETD: Für die westlichen Menschen ist es schwer zu verstehen, dass man mit diesem Instrument, so viel ausdrücken kann. Die Geige hat 4 Saiten, das Klavier hat sehr viel mehr Saiten. Die Erhu hat nur 2 Saiten. Ist das alles, was man braucht, um alle Gefühle auszudrücken?

Qi: Etwas Einfaches bietet dennoch mehr Möglichkeiten. Ein banales Beispiel dafür ist das Essen mit Stäbchen. In westlichen Ländern braucht man Gabel, Löffel, Messer zum Essen. Chinesen brauchen nur zwei Stäbchen, vom Kochen bis zum Essen, die ganze Prozedur hindurch braucht man nur zwei Stäbchen. Damit möchte ich zum Ausdruck bringen, es ist zwar einfach, aber das Einfache hat auch unbegrenzte Möglichkeiten.

ETD: Es gibt schwere, schmerzvolle Lieder. Der Schmerz hat unterschiedliche Nuancen, wie bringen Sie diese zum Ausdruck?

Qi: Ich denke nicht viel darüber nach, ich versuche immer, diese Ruhe zu verbreiten und zu vermitteln. Aber trotzdem fühlen sich die Zuschauer auf unterschiedliche Art und Weise berührt. Tief im Herzen gibt es wahrscheinlich eine Stelle, die sehr empfindlich auf solch eine Musik reagiert.

ETD: Das Klavier ist ein westliches Instrument und Sie spielen Erhu, ein chinesisches Instrument. Sie spielen mit Klavierbegleitung auf der Bühne. Was erreicht man mit und was ohne Klavier?

Qi: Ich selbst liebe die westliche Musik. Natürlich kann man auch andere Instrumente wählen, um zusammen zu spielen. Aber das Klavier ist ein Instrument, das mich auch leicht in die richtige Stimmung bringt. Und die Musik wird dadurch noch reichhaltiger.

ETD: Wer komponiert die Klavierbegleitung?

Qi: Die Begleitung hat die Pianistin geschrieben. Sie hat das ganz toll gemacht. Sie hat die Erhu-Musik wunderbar ergänzt. Sie hat zwar nie chinesische Musik gespielt, aber sie ist in der Lage, durch die Begleitung den Charakter des Musikstückes nicht zu verändern, es nur von den Tönen her reicher zu machen. Alles bleibt noch naturgetreu. Die Pianistin hat die Begleitung für alle Sänger geschrieben und auch für mich.

ETD: Vielen Dank.

Qi: Gerne

Das Gespräch führten Lea Zhou, Florian Godovits und Daniel Joshua Solomon

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 9 (27.Feb.- 4.Mrz. 2008)


Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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