Die kleine Blonde mit dem weiten Blick
Bei den Milizionären des spanischen Bürgerkriegs erregte Sie Erstaunen und Bewunderung. Die Spanier nannten sie liebevoll „die kleine Blonde“, eine „sehr schöne, sehr elegante Frau, die sich wagemutig in Gefahr brachte“, ist von ihrer Biografin Irme Schaber zu hören. Das war schon höchst ungewöhnlich: stürzt sich da eine Reporterin mitten unter die Kämpfenden und kommt dabei auch noch mit hochhackigen Schuhen daher.
Die in Paris lebende Gerda Taro hieß mit bürgerlichem Namen Gerta Pohorylle und führte als junges Mädchen in Stuttgart dank der finanziellen Hilfe ihrer Tante ein mondänes Leben. Dann kam Sie mit Ihren Eltern nach Leipzig und erlebte als Jüdin die existenzielle Bedrohung durch die Nationalsozialisten. Erst klebte sie noch Plakate gegen Hitler, doch 1933 floh sie nach Paris ins Exil. Sie wurde nicht mit offenen Armen empfangen – sie musste Hunger erleiden. Ihre Freundin Ruth Cerf erinnerte sich an Wochenenden, die sie liegend auf dem Bett verbrachten, nur um keine Energie zu verschwenden.
Schließlich widmete sie sich der Fotografie – eine Möglichkeit Geld zu verdienen. André Friedmann, ihr Lebensgefährte wurde ihr Lehrer. Sie inspirierten sich gegenseitig. Gerta kümmerte sich um sein Image und erfand sich und André neu. In Anlehnung an den Filmstar Greta Garbo und den Regisseur Frank Capra nannten sie sich Gerda Taro und Robert Capa. Sie arbeiteten unter dem gemeinsamen Label „Reportage Capa & Taro“ und gründeten eine Fotoagentur.
Zusammen mit Capa brach sie 1936 nach Spanien auf, um über den Kampf der Republikaner gegen Francos Faschisten zu berichten. Die zierliche, elegante Fotografin fotografierte dort mit großem Erfolg für verschiedene internationale Zeitungen. Nie zuvor hatte die internationale Gesellschaft unmittelbar am Kriegsgeschehen über bebilderte Reportagen teilnehmen können. Gerda Taro lag in Schützengräben und fotografierte, während die Bomben um sie herum nieder gingen. Die Fotos versah sie gleich selbst mit Pressetexten. Taro war in Tuchfühlung mit den Menschen im Krieg, sie lebte parteiische Anteilnahme. Ihr früher Tod unterstrich auf tragische Weise die Authentizität ihrer Bilder. Die unmittelbar erlebten Angriffe von Hitlers Legion Condor hatten ihr nichts anhaben können. Sie fotografierte die Kampfszenen und stürzte unglücklich, als sie auf das Trittbrett eines Sanitätswagens sprang. Die Besatzung des dahinter fahrenden republikanischen Panzers bemerkte sie nicht und der Panzer überrollte sie. Am 26. Juli 1937 – einen Tag später – erlag Gerda Taro mit 27 Jahren ihren Verletzungen.
Mit Ihrem Tod wurde sie von der linken Presse zur selbstlosen, sich aufopfernden Heldin im antifaschistischen Kampf hochstilisiert. Ihr Begräbnis auf dem Père Lachaise in Paris war für die in sich zerstrittene französische Volksfront eine Gelegenheit, in kollektiver Trauer Geschlossenheit zu zeigen.
Ihr Werk geriet schnell in Vergessenheit, ihr Lebensgefährte Robert Capa wurde berühmt. Mit dem Fund ihrer Negative konnte nun erstmals das Werk von Gerda Taro neu bewertet werden. Nur knapp ein Jahr hatte Gerda Taro als Bildreporterin gearbeitet. Taros Aufnahmen in der Ausstellung „Gerda Taro – Krieg im Fokus“ zeigen die Bewohner der katalanischen Haupstadt. Paare im Café mit Gewehr in der Hand, Frauen beim Waffentraining am Strand oder Kinder in Milizkleidung, die auf verlassenen Barrikaden spielen. Als italienische und deutsche Truppen eingreifen, verändern sich die Bilder. Jetzt zeigen sie Elend, Flüchtlinge, Kampfgefechte, Verwundete und Tote. 85 Werke und begleitende Materialien sind noch bis zum 16. Mai im Kunstmuseum Stuttgart zu sehen. (ak)
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