Der zeitlose Troubadour
Angelo Branduardi, nicht nur wegen seiner wilden grauen Haarpracht, auch seiner unvergleichlichen Stimme wegen unverwechselbar, hat an diesem Abend nicht viel zu sagen. So jedenfalls scherzte der Sänger zu Beginn seines Auftritts. Sein Deutsch sei nicht viel besser geworden, es sei immer noch ein Gastarbeiterdeutsch. Aber dafür ist sein italienischer Gesang nicht nur gut, sondern einfühlsam, mal presto, mal adagio und manchmal sogar märchenhaft und mystisch oder alles zugleich.
Es ist ein kühler fast sternenklarer Sommerabend und die Kulisse der Klosterruine Hirsau, im nördlichen Schwarzwald gelegen, liefert das passende Ambiente für einen musikalischen Abend eines italienischen selbst ernannten Troubadours. Da erklingen auch schon seine ersten Geigentöne zu „Si può fare“ – die vierköpfige Band im Hintergrund. Mit seinem sich oft wiederholenden Refrain ein sehr eingängiger Song, als Titel eines Albums im Jahre 1993 erschienen und genau das richtige um in Branduardi-Stimmung zu kommen.
„Musik ist gegen Ängste … Musik ist der beste Ausdruck für Energie und Leben“, sagt der Geiger und Sänger seinen etwa 1000 Fans vor der Freilichtbühne. Als wäre jeder Klang in den tiefsten Tiefen seiner Seele verwurzelt, schließt der Italiener die Augen; „se ne va“ – das Lied Domenica e lunedì ertönt.
Nicht nur seine geschlossenen Augen verraten, wie sehr Branduardi beim Musizieren und Singen in sich geht. Seine Gestik und Mimik sind gleichsam Ausdruck seiner fast schon meditativen Stimmung. Seine Geige und sein Gesang immer wieder im Wechsel.
Die Geiger, so scherzt der 60-Jährige schwarz gekleidete Lockenkopf, seien alle etwas verrückt. Dies läge an der Asymmetrie und daran, dass die eine Hand nicht wisse was die andere Hand tue. Verrückt erscheint der durstige Sänger allerdings an diesem Abend ganz und gar nicht. Immer wieder greift er zum Glas Wasser, geht auf in und mit der Musik.
Die schwarze Geige und das schwarze China-Hemd stehen dem grauhaarigen Musiker nicht nur gut, sondern er wäre ohne sie nicht der Branduardi, den seine Fans kennen. Auch konnte das Outfit des Musikers gar nicht besser zu seinen manchmal taichi-ähnlichen Bewegungen passen.
Der große Gong steht hinter dem Schlagzeuger, gebraucht wird er für die ersten Töne des Sonnengesangs von Franz von Assisi „Il Cantico delle Creature“. Es folgen Lieder über den Franziskanermönch, dem der Sänger ein ganzes Album widmete. Der Schlagzeuger fordert mit einer Geste das Publikum auf mitzuklatschen, das gerne miteinstimmt.
Gegen Schluss dann doch noch die bekannten alten Hits seiner ersten Alben. Beim „Ohohohohoh“ von Cercando l’oro stimmten später auch die Fans mit ein und forderten danach „Angelo“ mit langem Applaus auf, weiterzuspielen. Dieser kam mit Band zurück – natürlich, gerne – und sang ein Lied, auf das die Fans gewartet hatten, es hatte noch gefehlt: La Pulce d`Aqua, der Wasserfloh, ebenfalls einer seiner ersten Hits überhaupt, klar die Menge tobte. Allerdings wurde es fast ohne Gesang aufgeführt, den hob sich der Sänger für das jetzt aber wirklich letzte Stück „Tango“ auf. Diesmal ganz ohne Geige, nur er und seine Gitarre. Direkt von „Tango“ leitete er ein kurzes weltbekanntes „O solo mio“ ein, das nur er so leicht, behutsam und melancholisch singen kann.
So wie er kam, zog er weiter, mit einem „Grazie“ an seine Fans – und folgte damit seinem Zitat am Anfang seines Auftritts: „Ich bin ein Troubadour und wandere durch viele Länder und Städte, jetzt bin ich hier, lasst mich singen, bevor ich weiterziehe“.
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