Der Samurai, der Korbflechter sein wollte

Lebenswerk des Flechtmeisters im Japan des 19. Jahrhunderts
Titelbild
Fischblumenkorb, Ende 19.Jhd. (Stanislaw Rowinski, Hamburg)
Epoch Times23. September 2009

Die feine Flechtkunst aus jahrhundertelanger Tradition Japans zeigt das Museum für Kunst und Gewerbe anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft Hamburg-Osaka. Es sind über 100 Korbflechtarbeiten aus Bambus ausgestellt. Im Mittelpunkt stehen 50 handsignierte Arbeiten von Hayakawa Shôkosai I. (1815-1897), der als Wegbereiter der modernen Bambusflechtkunst in
Japan gilt.

Die kunsthandwerkwerklichen Arbeiten aus den 1880er- und 1890er-Jahren aus der kostbaren Sammlung, die der Gründungsdirektor Justus Brinckmann zwischen 1885 und 1898 erwarb, gehören zur weltweit größten noch erhaltenen historischen Sammlung des frühen Flechtmeisters aus Osaka.

Shôkosai I. wurde 1815 als Hayakawa Tōgorō in der Stadt Sabae in der Provinz Echizen nordöstlich von Kyōto geboren. Obwohl aus einer Samurai-Familie stammend, interessierte er sich für den als rangniedriger angesehenen Beruf des Korbflechters, den er auf einer zehnjährigen Wanderschaft durch verschiedene Provinzen erlernte. 1845 ließ er sich als Korbflechter in Ōsaka nieder. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Osaka nationales Handelszentrum und die vermögendste Stadt Japans.

Leben im Umbruch – selbst gewählte Armut, Härten – und endlich der Erfolg

Der Lebensweg von Shôkosai I. ist beispielhaft für die Durchmischung der Gesellschaftsschichten im Japan des 19. Jahrhunderts. Er gab die Zugehörigkeit zum Feudalstand auf, um seine selbst erwählten Ziele zu verfolgen. Die modernen, heute allgegenwärtigen Konzepte der „Selbstverwirklichung“ waren zu dieser Zeit noch nicht denkbar. Shôkosai lebte in einer von politischer Unsicherheit und gesellschaftlichem Wandel geprägten Zeit. Nach dem Sturz der Shôgunats-Regierung 1886 folgte eine Epoche der rapiden Modernisierung nach westlichem Vorbild.

Handarbeit: Die fragilen Körbe und Objekte wurden für die Präsentation von Blumengestecken (Ikebana) oder Früchten, als Behälter für Holzkohle im Rahmen von Teezeremonien oder als Schmuck in den Räumen von Gelehrten genutzt. Schlanke und schwellende Formen, beinahe transparente Objekte und Körbe, die Tierformen zum Vorbild haben, entstanden durch unendliche Variationen des Bambusflechtens. Keines dieser zarten Objekte gleicht dem anderen.
Handarbeit: Die fragilen Körbe und Objekte wurden für die Präsentation von Blumengestecken (Ikebana) oder Früchten, als Behälter für Holzkohle im Rahmen von Teezeremonien oder als Schmuck in den Räumen von Gelehrten genutzt. Schlanke und schwellende Formen, beinahe transparente Objekte und Körbe, die Tierformen zum Vorbild haben, entstanden durch unendliche Variationen des Bambusflechtens. Keines dieser zarten Objekte gleicht dem anderen.

Mit der Abschaffung des Samurai-Standes zu Beginn der Meiji-Zeit verloren zahlreiche Kunsthandwerker ihre feudalen Auftraggeber. Die Flechtmeister für Körbe im chinesischen Stil waren davon weniger schwer betroffen. Ihre Abnehmer, Anhänger der sencha-Teezeremonie, waren im 19. Jahrhundert vielfach wohlhabende Kaufleute. Sie hatten den gesellschaftlichen Umbruch besser verkraftet als andere Bevölkerungsgruppen. Dennoch war das Leben für Shôkosai hart, und am Anfang blieb er ohne Anerkennung. Später antwortete er auf die Frage des japanischen Innenministers Shinagawa Yajirô, ob er keinen Nachfolger für sein Werk einsetzen wolle: „Es ist ein erbärmlicher Beruf. Um ein ernst zu nehmender Korbflechter zu werden, braucht es fünf Jahre, um die Technik zu erlernen; weitere fünf Jahre, um die Augen an zahlreichen Werken der vorherigen Korbflechter zu schulen; und noch fünf Jahre, um das Hirn zu trainieren. Zusammen dauert es 15 Jahre, bis man sich selbstständig machen kann; aber um ein Meister zu werden, gar als einer zu gelten, braucht es noch weitere Jahre Übung.“ Die harte und beschwerliche Ausbildung und die Armut, die notwendig sei, um gute Werke zu schaffen, wollte er seinen Kindern nicht zumuten. Zwei seiner Söhne folgten dennoch dem väterlichen Beispiel.

Das Flechtwerk für die Teezeremonie und ein Körbchen für die Kaiserin

Shôkosai war schon über 60 Jahre alt, als er mit seinem Deckelkorb für das Zubehör der sencha-Teezeremonie auf der ersten Nationalen Industrieausstellung 1877 in Japan den ersten Preis gewann. Das Ausstellungsstück wurde in die kaiserliche Sammlung integriert. Die Kaiserin Shôken soll den kleinen aus Rattan geflochtenen Korb direkt von der Ausstellung in den Palast mitgenommen haben. Diese Episode begründete Shôkosais Ruhm in seinen späten Jahren. Einen weiteren Preis erhielt er 1881 auf der zweiten Industrieausstellung in Tokio für einen kleinen Blumenkorb. Ein Korb gleicher Art befindet sich in der Sammlung des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe.

Die Ausstellung „Kagoshi – Japanische Meister der Bambusflechtkunst“ ist im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg noch bis zum 10.1.2010 zu sehen. Dienstag bis Sonntag 11 – 18 Uhr, Mittwoch und Donnerstag 11 – 21 Uhr. Eintritt: 8 € / 5 €, Mittwoch und Donnerstag ab 17 Uhr immer 5 €. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren frei. (aw)

Erschienen in The Epoch Times Deutschland Nr. 36/09



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