Barenboim und das West-Eastern Divan Orchestra begeistern in der Waldbühne Berlin

Titelbild
Daniel Barenboim und das West-Eastern Divan Orchestra am 24. August in der Waldbühne Berlin vor 20.000 Zuschauern.Foto: Kai Heimberg / semmel soncerts
Von 25. August 2014

Trotz des schon frühherbstlichen Spätsommerabends strömten fast 20.000 Menschen in die Berliner Waldbühne, um das Abschlusskonzert des West-Eastern Divan Orchestra am Sonntagabend, dem 24. August, zu erleben. Unter der Leitung seines Gründers Daniel Barenboim feierte es das 15-jährige Jubiläum und beendete eine erfolgreiche Tournee (Buenos Aires, Luzern, London, Salzburg) unter Jubelstürmen.

Während im Nahen Osten die Feindseligkeiten zwischen Israeli und Palästinensern in den letzten Wochen wieder eskaliert sind, musiziert ein großartiges Orchester, in dem junge Künstler aus Israel, Palästina, diversen arabischen Ländern und Spanien friedlich nebeneinandersitzen. Das Programm richtete den Blick indes nicht – wie letztes Jahr mit Uraufführungen eines Jordaniers und einer Israelin – auf den Nahen Osten, sondern auf Spanien. Sevilla ist die Residenz des Orchesters, wo es sich jeweils auf seine Tourneen vorbereitet.

Als Anfang August die Reise nach Argentinien losgehen sollte, tobte der Krieg am Gaza-Streifen. Es führte so weit, dass sich einige Orchestermitglieder auf Facebook verbal bekämpften, aber Daniel Barenboim gelang es zum Glück, die Musiker zum Dialog und gegenseitigen Zuhörens zu bewegen und friedlich zu stimmen.

Daniel Barenboim wechselte in seiner Führung des Orchesters publikumswirksam zwischen Laisser-faire und energischem Eingreifen. Beim eingangs erklingenden 27. Klavierkonzert  B-Dur KV 595 von W.A. Mozart, das er, Dirigent vom Klavier aus, als meisterhaft phrasiertes lyrisches Klanggebilde interpretierte, herrschte bemerkenswertes Einvernehmen zwischen ihm und dem Orchester.

Mozarts letztes Klavierkonzert, in seinem Todesjahr 1791 vollendet, ist ein gesanglich geprägtes Opus in sehr fein abgestimmten Wechseln zwischen Dur und Moll. Herrliche Dreiklangmotive im 1. Satz „Allegro moderato“, gefolgt von dem romanzenhaften „Larghetto“, das Daniel Barenboim unmittelbar in das lebendige Rondo „Allegro moderato“ übergehen ließ. Das Thema des letzten Satzes im B-Dur-Konzert hatte Mozart in seinem Folge-Opus KV 596 in seinem populären Volkslied „Sehnsucht nach dem Frühling“ (bekannt als „Komm, lieber Mai…“) verwandt. Daniel Barenboim ist seit 50 Jahren ein herausragender Mozart-Interpret, der weiß, wie er mit Perfektion und Liebe ein Meisterwerk dem Publikum darzubieten hat.

In der Pause der Sonnenuntergang und langsam heraufziehende Kühle. Zum Glück hatte es den letzten schweren Regenschauer eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung gegeben.

 Eine außergewöhnliche Leistung junger Künstler

Der zweite Teil des Programms war ausschließlich Werken von Maurice Ravel gewidmet. Die „Rapsodie espagnole op. 54 verlangt enormes Können von den Instrumentalisten. Alle vier Sätze weisen eine vielschichtige Textur auf, die sich stets wandelt und die mit wenig einprägsamen Melodien aufwartet. Die Musiker des Divan-Orchesters spielten hellwach und realisierten ihre jeweilige Position in diesem wogenden Gefüge sehr genau.

Auch in „Alborada del Gracioso“ und in der „Pavane pour une Infante défunte“ bewies der Klangkörper, dass er nicht nur wegen seiner ethnischen Zusammensetzung, sondern auch unter rein ästhetischen Kategorien zu bestehen vermag.

Im abschließenden „Boléro“ ließ der Maestro die Musiker anfänglich völlig selbständig spielen und griff erst richtig ein, als die Violinen, bevor der Höhepunkt erreicht wird, mit dem Arco-Spiel begannen. Genauso hätte sich Maurice Ravel die Interpretation seines Werks gewünscht, in der Spieldauer von 14 Minuten, die das West-Eastern Divan Orchestra nur um wenige Sekunden überschritt. Eine vergleichbare Zeitpräzision erlebt man ganz selten. Eine außergewöhnliche Leistung junger Künstler unter der Leitung eines erfahrenen Meisters.

Der tosende Applaus wurde mit einem halbstündigen Zugaben-Parcours, unter anderem mit Sätzen aus Bizets „Carmen-Suite“, quittiert. Zu der Carmen-Ouvertüre wurde geklatscht und gepfiffen, wie sonst zur „Berliner Luft“ bei Waldbühnenkonzerten. In Buenos Aires wurden die jungen Musiker in das Tangospiel eingeführt und brillierten zum Abschluss mit einem grandiosen Stück, das sicherlich allergrößte Professionalität verlangt.



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