And the Winner is … „Die Bucht“

Öko-Thriller gewinnt Oscar in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" - Ab 11. März auf DVD
Titelbild
Foto: Ocean Preservation Society
Von 9. März 2010

„Erst mal muss ich loswerden, dass wir versucht haben das Ganze legal durchzuziehen. Ich dachte ständig daran, was alles passieren könnte und das ließ mich kaum schlafen. Was mir Ric ganz am Anfang zeigte, war nur die Spitze des Eisberges…“ Louie Psihoyos erklärt fast entschuldigend zu Anfang des Filmes den Weg, den die Aktivisten gegangen sind.

Louie Psihoyos ist ein bekannter amerikanischer Fotograf und Dokumentarfilmer und Mitbegründer der Oceanic Preservation Society, einer Organisation, die über die Zerstörung der Weltmeere aufklärt.

Zuschauer sind unerwünscht.Zuschauer sind unerwünscht.Foto: Ocean Preservation Society

Auf einer Meeressäugertagung in San Diego, an der 2000 Spezialisten für Meeressäugetiere teilnehmen, fällt ihm beim Studieren des Programmheftes auf, dass der Hauptredner, ein gewisser Ric O’Barry im allerletzten Moment vom Hauptsponsor der Veranstaltung zurückgezogen wurde. Er denkt: „Aha, das ist ja interessant. Wer ist denn der Sponsor? SeaWorld.“ Die Vergnügungspark-Kette SeaWorld  unterhält weltweit Meeres-Parks und Aufzuchtanstalten. SeaWorld betreibt unter anderem auch eine gemeinnützige Organisation, die viele bekannte Meeressäugerspezialisten finanziert, das HubbsSeaWorld Reserach Institute.

„They called him Flipper, Flipper, faster then lightning …“

Doch wer ist dieser Ric O’Barry und warum mögen gewisse Leute nicht, was er zu sagen hat? Die Geschichte nimmt ihren Anfang in den 60er Jahren, als Ric O’Barry einen Delfin-Boom auslöst. Damals war er Trainer von „Flipper“, dem bekannten Fernsehdelfin. Im Laufe der Jahre waren es insgesamt fünf weibliche Delfine, die als „Flipper“ vor der Kamera schwammen, alle wurden von Ric O’Barry selbst gefangen und trainiert. Sein eigenes Haus wurde als Filmhaus der netten Film-Familie Ricks mit den beiden Kindern genutzt. Lange Zeit dachte er nicht weiter über die Dinge nach, an denen er beteiligt war, genoss den Luxus, kaufte sich jedes Jahr einen neuen Porsche, wie er über sich selber sagt. Langsam erkannte er, dass die Delfine in den Betonbecken und den lärmenden Besuchermassen furchtbar leiden. Ihr äußerst sensibles ultraschallartiges Gehör, mit dem sie sich im Meer orientieren, mit dem sie den Herzschlag eines Menschen hören können oder das ungeborene Baby einer schwangeren Frau „sehen“ können, ist ihr Hauptsinn. Viele Delfine starben an dem Stress und Lärm in den Delfinarien. Doch er tat nichts. Jeden Freitag Abend schleppte er den Fernseher samt Kabeln aus seinem Haus zum Ufer des kleinen Salzwassersee herunter und schaute sich zusammen mit Cathy, einer der „Flipper“-Delfine die Serie an. Er begriff einfach nicht.

Ric ORic O’Barrys: „Sie hat so schrecklich gelitten, ich konnte es fühlen …Foto: Ocean Preservation Society

Dann, eines Tages, stirbt Cathy in Ric O’Barrys Armen: „Sie hat so schrecklich gelitten, ich konnte es fühlen, ich konnte es sehen. Sie hat in meinen Armen Selbstmord begangen.“ Ric erklärt, dass Delfine nicht so wie der Mensch automatisch atmen: „Jeder Atemzug den sie machen, ist eine bewusste Handlung. Wenn ihr Leben zu unerträglich wird, können sie ihm ein Ende setzen, indem sie einfach nicht mehr atmen. Deshalb benutze ich das Wort Selbstmord. Cathy hatte es so gemacht. Sie schwamm in meine Arme, sah mir direkt in die Augen und atmete tief ein … und hörte auf zu atmen. Ich ließ sie einfach los … und … sie sank auf den Boden des Beckens, … einfach so runter. Am nächsten Tag bin ich dann im Knast von Bimini gelandet, weil ich einen Delfin aus dem Lerner Meereslabor zu befreien …“

Aktivismus unter Lebensgefahr

Im April 1970 gründet Ric O’Barry sein Dolphin Project, um all jene Delfine zu befreien, die in Freiheit überlebensfähig wären. Zehn Jahre lang hat Ric O’Barry diese Industrie mit aufgebaut und seit nun fast 40 Jahren bekämpft er sie. Aus dem einstigen Boom wird ein Milliardengeschäft. Ric O’Barry will anfangs kein Aktivist werden, doch eins kommt zum anderen: „Ich fühle mich irgendwie dafür verantwortlich, weil es die ‚Flipper‘-Serie war, die dieses Multi-Milliarden-Dollar-Geschäft ins Rollen gebracht hat“, gesteht O’Barry. Schon oft wurde er verhaftet, weil er Delfine befreien wollte. Seine Arbeit ist gefährlich: „Ein Delfin am richtigen Ort kann pro Jahr eine Million Dollar einbringen. Da steckt eine Menge Geld drin. Wenn man ihnen in die Quere kommt, und ich komme ihnen in die Quere, dann kann das sehr, sehr gefährlich werden.“ Im Jahr 2006 versucht er mit einer Kollegin den russischen Delfinfang durch einen Hungerstreik zu unterbinden. O’Barry bricht nach zehn Tagen zusammen, wird bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert. Seine Kollegin macht weiter – und wird damit zum Hauptziel. Sie wird später erdrosselt aufgefunden. Sie ist bereits das zweite Opfer in O’Barrys Crew. Einige Jahre zuvor wurde die Delfin-Aktivistin Jane Tipson in der Nähe ihres Hauses erschossen.

Das doppelte Spiel mit dem Tod

Das Delfintreiben in Taiji findet von September bis März statt. Taiji ist der weltweit größte Delfin-Lieferant für Meeresparks und „Schwimmen mit dem Delfin“-Programme. Pro Delfin werden bis über 150.000 US$ gezahlt. Doch was geschieht mit den Delfinen, die nicht verkauft werden können? O’Barry berichtet, dass man in Taiji ins Walmuseum gehen und sich eine Delfinshow ansehen und dabei gleichzeitig Delfinfleisch essen könne. Für einen toten Delfin bekämen die Fischer immerhin noch 600 Dollar gezahlt.

Es gibt keinen großen Markt für Delfinfleisch, da es aufgrund der Verschmutzung der Weltmeere als schwer quecksilberbelastet gilt. Dr. Tetsuya Endo von der Gesundheitswissenschaftlichen Universität Hokkaido untersuchte Delfinfleisch, gekauft in Taiji:  „Der empfohlene Quecksilbergehalt in Meeresfrüchten in Japan liegt bei 0,4 ppm. Das hier ist Delfinfleisch. Es enthält 2.000 ppm Quecksilber, sehr, sehr hoch giftig.“ Doch diese Tatsachen werden von der Regierung vertuscht, Rick O’Barry nennt es einen „Medien-Blackout“. Erinnerungen an die Minamata-Krankheit werden wach: Mitte der 50er Jahren erkrankten etwa 17.000 Menschen an Quecksilbervergiftungen durch illegal eingeleitete Industrieabwässer, etwa 3.000 von ihnen starben. Als Spätfolgen zeigten sich bei den Neugeborenen schwere Behinderungen.

Die Taten sind sichtbar.Die Taten sind sichtbar.Foto: Ocean Preservation Society

Unterdessen plant der Bürgermeister von Taiji eine Kampagne, bei der Delfinfleisch landesweit kostenlos an japanische Schulen verteilt werden soll. Als das Team um O’Barry während seiner Ermittlungen herausfindet, dass in den Geschäften Delfinfleisch unter dem Etikett von teurem Walfleisch verkauft wird, dämmert es ihnen, wohin all das Fleisch von jährlich etwa 23.000 abgeschlachteten Delfinen verschwindet …

Man kann das Zusammentreiben der Delfine vom Ufer aus beobachten und filmen, alles läuft relativ normal ab: passende Tiere für Meeres-Parks werden eingefangen und in Booten abtransportiert. Doch dann verschwinden die kleinen Boote in einer geheimen Bucht, die von drei Seiten von Felsen abgeschirmt wird, um sich um die nicht verkauften Delfine zu kümmern. Man kann sie von Land aus nur durch mehrere Tunnels erreichen. Hier gibt es Tore und hohe Zäune aus Stacheldraht …

In der Antike Griechenlands galten der Delfin als Tier der Demeter, der dreifachen Muttergöttin. Schon damals wurde von Delfinen berichtet, die Menschen das Leben retteten. Ric O’Barry erzählt, dass man im alten Griechenland hingerichtet wurde, wenn man einen Delfin tötete. Im Interview berichtete ein australischer Surfer von einer Begegnung mit einem Tigerhai, der, nur zwei Meter von ihm und seinem Freund entfernt, in der Welle schwamm. Plötzlich kam von rechts ein Delfin angeschwommen und „…rammt den Hai seitlich und stößt ihn von mir und meinem Kumpel weg. In diesem Moment hatte ich den deutlichsten Beweis meines Lebens, dass eine Verbindung besteht.“

Eine „zahnlose“ Organisation: die IWC

Die Internationale Walfangkommission (IWC) hat seit 1986 den kommerziellen Walfang verboten. Bereits zehn Jahre später errang Japan eine Richtungsänderung durch Stimmenkauf. Ein Schlupfloch wurde geschaffen und noch heute fahren Walfangnationen unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Forschungszwecke, jagen und töten Wale. Der Stimmenkauf in der IWC wird dort mit einer Offensichtlichkeit betrieben, die man sonst nur vom Wirken Chinas in der UN-Menschenrechtskommission kennt. Japan versucht ständig, die Stimmen kleinere Staaten, vor allem kleiner Inselnationen, wie Antigua und Barbuda, Dominica oder Grenada zu kaufen. Der ehemalige australische Minister für Umwelt und Kulturerbe Ian Campbell erklärt die Vorgehensweise wie folgt: „Die japanische Regierung und ihre Behörden gehen zu kleinen und armen Nationen und bieten ihnen Finanzspritzen an. Sie bieten soviel sie eben brauchen. Dadurch treten sie zunächst der IWC bei und sobald dies geschehen ist, sollen sie für Japan abstimmen. So funktioniert der Walfang im 21. Jahrhundert.“ Außerdem fühlt sich die IWC nicht zuständig für das Abschlachten der „kleinen“ Wale, wie Delfine und Tümmler, weil einige ihrer Mitgliedsnationen ein Interesse an dieser „Nichtzuständigkeit“ haben.

Mission possible

Jahrelang versuchten Aktivisten das Treiben in Taiji aufzudecken. Ric O’Barry brachte die Medien vor Ort, die BBC, die London Times, das Times Magazin. Doch sie alle mussten mit leeren Händen wieder abziehen. Ric O’Barry sieht nur noch eine Chance: eine Geheimaktion. Ein Team von Spezialisten aus Freitauchern, HighTech-Experten und Abenteurern mit Herz wurde zusammengestellt. Mit 47 Taschen machten sie sich auf den Weg nach Japan. In mehreren Aktionen versteckten sie in der geheimen Bucht Kameras und akustische Aufnahmegeräte für Unterwasser. Was sie filmten, waren erschütternde Aufnahmen …

Foto: Ocean Preservation Society

Infos zur DVD:

Im Jahr 2009 gewann der Dokumentarfilm „Die Bucht“ auf dem bekannten Sundance Film Festival und nachfolgend auf anderen Filmfestivals vielen Preise. Er gilt als einer der heißen Favoriten für einen Dokumentarfilm-Oscar, der am 07. März verliehen wird. Ab dem 11. März kommt die DVD/Blue Ray Disc in den Handel. Foto: Ocean Preservation Society

Foto: Ocean Preservation Society


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