Wie ein rostiges Rohr die Windkraftlogistik lahmlegt

Der Umschlaghafen Cuxhaven hat derzeit mit der Logistik zu kämpfen: Eine gesperrte Autobahnhauptschlagader behindert den Abtransport von Bauteilen für Windkraftanlagen. Speditionen stehen vor bürokratischen Problemen. Bis Ostern soll die Autobahn saniert sein.
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Der Hafen von Cuxhaven ist bundesweit der wichtigste Umschlagplatz für Bestandteile von Windkraftanlagen. Der Abtransport von Rotorblättern wird derzeit durch eine Autobahnbaustelle behindert.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 7. März 2024

Seit rund zwei Wochen herrscht zwischen Cuxhaven, Bremerhaven und Bremen Ausnahmezustand: Die Autobahn A27, die die drei niedersächsischen Städte verbindet, ist in Höhe des Streckenabschnitts zwischen den Anschlussstellen Uthlede und Hagen im Bremischen wegen eines durchgerosteten Wasserableitungsprofils gesperrt: Der Asphalt drohte abzusinken, die Straße ist somit unpassierbar.

Wahrscheinlich noch bis kurz vor Ostern, also Ende März 2024, können deshalb keine Bauteile für Windkrafträder mehr aus Cuxhaven über die A27 in den Rest der Bundesrepublik geliefert werden: So lange wird die für die Strecke zuständige Autobahn GmbH voraussichtlich für die Reparatur des „Grabendurchlasses“ benötigen.

Bremse für den Ausbau deutscher Windanlagen

Nach Angaben des „Focus“ ist die Region der Dreh- und Angelpunkt der deutschen Importe für die Bauteile der Windenergieanlagen: Bislang seien laut Stiftung Offshore Windenergie vier von fünf der deutschen Anlagen über Cuxhaven angelandet und von dort aus weiter transportiert worden. Arne Ehlers, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Hafenwirtschaftsgemeinschaft Cuxhaven (HWG), befürchtet, dass „der Ausbau der Windenergie an Land in Deutschland zum Erliegen kommen“ könnte.

Nach einer HWG-Pressemitteilung gibt es zwar Ausweichrouten für Schwerlasttransporte, vor deren Benutzung müssten jedoch behördliche Genehmigungsverfahren durchlaufen werden. „Das ist eine große Herausforderung, denn jede Nacht verlassen durchschnittlich bis zu 30 Lkw mit Rotorblättern den Hafen in Richtung Süden“, erklärte HWG-Chef Michael de Reese.

Dem „Focus“ zufolge lagen bereits vor etwa einer Woche rund 1.800 Änderungsanträge der Transportunternehmen vor, um auf Basis früherer Anträge möglichst schnell eine Ausweichroute zugeteilt zu bekommen. Das wolle die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) „unbürokratisch nach Abfahrtdatum“ erledigen, wie der NDR berichtete. Uwe Santjer (SPD), der Oberbürgermeister von Cuxhaven, hatte nach Angaben des „Focus“ an die Behörden appelliert, „pragmatische und schnelle Lösungen“ zu finden.

Die Schwerlastzüge könnten laut HWG bis zu 90 Meter lang sein, je nach Größe der zu transportierenden Rotorblätter. Diese können nach Angaben des „Focus“ bis zu 70 Meter erreichen. Sollten die Umleitungsstrecken dafür nicht ausreichen, so wäre das aus Sicht von HWG-Vize Arne Ehlers „sowohl für den Standort Cuxhaven als auch für den Onshore-Ausbau in Deutschland ein Desaster“.

Drei Umleitungsstrecken ausgewiesen

Bis die A27 wieder freigegeben werden könne, werde der Straßenverkehr „über die U28 und U33 umgeleitet“, wie es in einer Pressemitteilung der Hafenwirtschaftsgemeinschaft Cuxhaven (HWG) heißt. Insgesamt drei Ausweichstrecken für Schwerlasttransporte habe die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) ausgewiesen, heißt es beim NDR.

Nach Informationen des NDR waren in den vergangenen Tagen auch immer wieder Lastkraftwagen, die eine Umleitungsstrecke benutzten, von der Straße abgerutscht. Am 1. März habe es sogar einen Kranwagen erwischt. Bergungsteams hätten ausrücken müssen.

Der Autobahn GmbH zufolge wird „im Mehrschichtbetrieb und an sechs Tagen die Woche“ gearbeitet. Verzögerungen wegen des Wetters seien aber „nie auszuschließen“. Auch „das Abführen des Grundwassers im Fahrbahndamm“ sei „eine Herausforderung“. Von der Installation einer Behelfsbrücke habe man Abstand genommen: Das würde „keinen zeitlichen Vorteil bringen und sei technisch zu aufwendig“, wie der NDR unter Berufung auf die Autobahn GmbH mitteilte.

Windkraft-Hotspot Cuxhaven

In Cuxhaven unterhält die „Siemens Gamesa Renewable Energy“ laut NDR einen Produktionsstandort für Seeturbinen. Das Unternehmen sei „Weltmarktführer“ für diesen Teil der Offshore-Windkraftanlagen. Der Cuxhavener Hafen schlage jedes Jahr bis zu 5.000 Anlagenteile für die On- und Offshore-Energie um. Außerdem lagerten nach Angaben des Logistikunternehmens Blue Water BREB (BWB) „mehr als 300 Rotorblätter“ vor Ort. BWB dränge ebenso wie die Handelskammer Bremen und die IHK Stade auf einen schnellen Abschluss der Sanierungsarbeiten.

Auch nach dem Willen der Bremer CDU soll sich der Senat beim Bund darum kümmern, dass die Autobahnsperre spätestens bis Ende März aufgehoben wird, wie das „Radio Bremen“-Magazin „Buten un Binnen“ berichtete. Andernfalls drohten „Lieferschwierigkeiten, Umsatzeinbußen und Vertrauensverlust in unseren Hafenstandort“, heißt es in einem entsprechenden „Dringlichkeitsantrag“ der Bremer CDU.

Darin forderten die Bürgerschaftspolitiker, nicht nur weitere Tunnelröhren zwischen Cuxhaven und Bremen schnellstmöglich in Augenschein zu nehmen und gegebenenfalls zu sanieren – auch für die verkehrstechnische Infrastruktur im Umland gehörten „dringend notwendige Sanierungs- und Neubauprojekte“ vorangetrieben. „Besonders gilt dies für die Ertüchtigung und den Neubau der lebenswichtigen Weserbrücken in Bremen, den von Rot-Rot-Grün nicht gewollten Weiterbau der Küstenautobahn A20 und den Ausbau der Schieneninfrastruktur im Dreieck Hannover-Hamburg-Bremen“, betonte Michael Jonitz, Sprecher für Mobilität der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

Windkraftleistung: Deutschland international auf Rang 3

Im Februar 2024 waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Deutschland Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 67 Gigawatt installiert. Damit stehe Deutschland international auf dem dritten Platz der Windkraftleistung. Mehr hätten nur die wesentlich größeren Länder China und die USA zu bieten.

Im Jahr 2022 habe Deutschland mit 28.443 Anlagen eine Bruttostromerzeugung aus Windenergie von über 125.000 Gigawattstunden (GWh) erreicht. Der Löwenanteil von 100.164 GWh sei durch Windräder an Land erzeugt worden. Das habe einem „Anteil an der gesamten Bruttostromerzeugung von rund 22 Prozent“ entsprochen. Im Laufe des Jahres 2023 waren laut „Statista“ 234 neue Landanlagen dazu gebaut worden. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 hatten zu Wasser 1.566 Windenergieanlagen zur Stromerzeugung beigetragen.



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