Vetternwirtschaft? Publizist wittert Probleme rund um RKI und PCR-Laborunterstützer
Mögliche Compliance-Probleme rund um einen führenden Mitarbeiter des Robert Koch-Instituts (RKI) sehen der parteilose Berliner MdA Marcel Luthe und der Publizist Boris Reitschuster. Am Mittwoch, 11. November, machte Reitschuster die zuvor von Luthe beanstandeten Mehrfachfunktionen des Wissenschaftlers Dr. Heinz Ellerbrok zum Thema einer Frage an die Bundesregierung im Rahmen der Bundespressekonferenz. Der Begriff Compliance steht im engeren Sinn für die Einhaltung von Gesetz und Recht.
Erhebliche Fördermittel aus Berlin und Brüssel
Ellerbrok soll, wie bereits im Juli des Jahres auf dem Corona-Blog des Berliner Historikers Artur Aschmoneit erwähnt wurde, Gesellschafter der 1997 gegründeten GenExpress Gesellschaft für Proteindesign mbH sein. Deren Unternehmensgegenstand ist eigenen Angaben zufolge die „Herstellung von Positiv-Kontrollen für die Real-Time PCR bis zu Mutationsanalysen und Sequenzierungen“.
GenExpress sei demnach Teil eines Netzwerks rund um den Biochemiker Olfert Landt, der unter anderem an Unternehmen beteiligt ist, die Test-Kits zur Verwendung bei Pandemien auf den Markt bringt. Auch zahlreiche gemeinsame Projekte mit der Charité, deren Chefvirologen Prof. Christian Drosten und dem RKI soll GenExpress durchgeführt haben, für die auch erhebliche Geldsummen aus dem Bundesforschungsministerium und der EU geflossen seien.
Weltweiter Einsatz für Dr. Ellerbrok
Ellerbrok soll jedoch neben seiner Beteiligung als Gesellschafter am PCR-Testhersteller GenExpress, die das Handelsregister beim Amtsgericht Charlottenburg (HRB 6395 B) ausweist, auch Leiter des Arbeitsbereiches „ZIG 4: Public-Health-Laborunterstützung“ im Zentrum für Internationalen Gesundheitsschutz des Robert Koch-Instituts sein.
Sowohl das Corodok-Blog als auch MdA Luthe gehen davon aus, dass es sich beim jeweils angeführten Heinz Ellerbrok um ein und dieselbe Person handelt. Eine parlamentarische Anfrage habe dies auch bestätigt.
Zu den Aufgaben der ZIG 4 gehören nach eigenen Angaben unter anderem Aufbau und Modernisierung von Laborkapazitäten, Zusammenarbeit beim Aufbau mobiler Labore, Schulungen von Laborpersonal, „Best-Practice“-Management und Unterstützung von Forschungsvorhaben im In- und Ausland. Erst im Oktober führte Ellerbroks Weg nach Namibia.
RKI und Geld mit PCR-Standards: Publizist stellt Fragen nach Compliance-Konformität
Reitschuster nahm die Anfrage Luthes zum Anlass, in der Bundespressekonferenz diese Verbindungen zum Thema einer Frage an Hanno Kautz, den Pressesprecher des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn, zu machen. Der Publizist erwähnte, dass Ellerbrok Gesellschafter der GenExpress GmbH sei, die einerseits PCR-Tests herstelle und Standards in diesem Bereich setze, gleichzeitig aber auch in einer Geschäftsbeziehung mit Christian Drosten stehe.
Drosten gilt, seit er 2003 in Frankfurt am Main die Etablierung eines Hochdurchsatz-PCR-Testsystems für Immundefizienz-Viren und Hepatitis-B-Virus zur Blutspendertestung zum Thema seiner Dissertation gemacht hatte, als weltweit anerkannte Koryphäe auf diesem Gebiet. Im Zusammenhang mit der Corona-Krise hatten jedoch einige Experten in den USA vor Wochen gegenüber der „New York Times“ Zweifel an der alleinigen Aussagekraft dieser Tests bezüglich des tatsächlichen Risikos artikuliert, das von positiv auf SARS-CoV-2 Getesteten ausgeht.
Spahn-Pressesprecher will „abseitiger“ Meldung nachgehen
Reitschuster fragte Kautz, inwieweit er Bedenken habe bezüglich Compliance oder im Hinblick auf Verdachtsmomente, wonach die Verflechtungen, Geldflüsse und Projekte zur Forschungszusammenarbeit „Amigo-Aspekte“ zeitigen könnten – also Züge von Vetternwirtschaft oder sachlich nicht begründbarer Vorteilsnahme. Immerhin, so der Publizist, sei auf diese Weise ein Abteilungsleiter im Robert Koch-Institut, der für „Laborunterstützung“ zuständig sei, gleichzeitig Gesellschafter einer Firma, die mit „Standards für PCR“ Geschäfte mache.
Kautz sprach erst von einer „abseitigen“ Meldung. Auf das Insistieren Reitschusters, wonach es sich bei seinen Darstellungen um bestätigte Fakten handele, sagte der Pressesprecher zu, sich die Angelegenheit „anzusehen“ und gegebenenfalls eine Antwort nachzuliefern.
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