Trump zum Wahlsieg der Union: „Ein großartiger Tag für Deutschland“

Zum möglicherweise ersten Mal hat ein amerikanischer Präsident ein deutsches Wahlergebnis kommentiert.
Donald Trump bezeichnet den Wahlsonntag als „großartigen Tag für Deutschland“. Auf seinem Social-Media-Kanal Truth Social schreibt er: „Ähnlich wie die USA haben die Menschen in Deutschland eine Agenda ohne gesunden Menschenverstand satt, insbesondere in den Bereichen Energie und Einwanderung. Das ist ein großartiger Tag für Deutschland.“ Mit diesem positiven Kommentar über den Wahlsieg der Union streckt der amerikanische Präsident dem wahrscheinlichen designierten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gewissermaßen eine versöhnliche Hand aus Washington entgegen.
Selenskyj: Wahlergebnis „wichtig“ für Europa
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gratuliert der CDU/CSU-Fraktion und Merz zum Wahlsieg mit einem Beitrag auf Deutsch und bezeichnet ihn als „wichtig“ für Europa. E schreibt auf X: „Das ist ein klares Votum der Wählerinnen und Wähler – und wir sehen, wie wichtig das für Europa ist. Wir zählen auf die weitere Zusammenarbeit mit Deutschland, um Leben zu schützen, echten Frieden in die Ukraine zu bringen und Europa zu stärken.“
CNN: Merz „ein Konservativer der alten Schule“
CNN, einer der Hauptnachrichtensender der USA, titelt in einem Onlinebeitrag: „Merz mahnt Europa zur ‚Unabhängigkeit‘ von den USA, nachdem die Konservativen die deutschen Wahlen gewonnen haben – und die Rechtsextremen an Zustimmung gewinnen.“ CNN verwies darauf, dass der neue Kanzler Merz „ein Konservativer der alten Schule“ sei, der jedoch „noch nie zuvor ein Regierungsamt wahrgenommen“ habe.
Das „Time“-Magazin beschäftigt sich kurz vor der Wahl mit den Auswirkungen für Europa. In einem ausführlichen Artikel mit dem Titel „Die deutschen Wahlen könnten Europa grundlegend verändern“ schreibt das weltweit wahrgenommene Wochenblatt Deutschland die tragende Rolle in der künftigen Ausrichtung der Europäischen Union zu.
Die in den USA auflagenstärkste, politisch als links-liberal einzuschätzende Zeitung „New York Times“ (NYT) widmet der Bundestagswahl einen ausführlichen Artikel. Merz habe sich verpflichtet, „eine stärkere Führung in Europa zu übernehmen […] und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem die neue Regierung Trump auf dem Kontinent Unruhe gesät hat, indem sie traditionelle Bündnisse durchkreuzt und sich Russland zugewandt hat“.
Das Wahlergebnis werde nun „ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Reaktion auf die neue Weltordnung von Präsident Trump sein“, schreibt die Zeitung und unterstreicht gleichzeitig, dass die Wahlbeteiligung die höchste seit Jahrzehnten gewesen sei. „Eine Reihe tödlicher Angriffe, die im vergangenen Jahr von Einwanderern, darunter Asylbewerbern, verübt wurden“ hätten „jedoch keinen Einfluss auf das Ergebnis der Wahlen am Sonntag gehabt“, weiß angeblich die NYT.
Zur AfD schreibt das Blatt: Sie „gewann Unterstützung, indem sie versprach, einige Einwanderer abzuschieben und Grenzen abzuriegeln“. Diese Absicht habe „die Zustimmung des Trump-Beraters Elon Musk und Ermutigung von Vizepräsident JD Vance“ erhalten. Merz habe die „Einmischung Washingtons“ kritisiert und auf eine Stufe mit der Einmischung aus Moskau gestellt.
Den Wahlerfolg der AfD erklärt die NYT folgendermaßen: „Eine neue Gruppe von Influencern, die keine Angst vor Konfrontationen hatte, hat dazu beigetragen, dass die Partei Alternative für Deutschland in den Wahlumfragen auf den zweiten Platz gelangte.“
Großbritannien: „Wahl genau beobachtet“
Der britische Staatssender BBC zitiert Merz mit den Worten, er sei sich der großen Verantwortung bewusst, die jetzt vor ihm liege. Gleichzeitig nennt die BBC Merz den „Risikofreudigen, der mit der extremen Rechten flirtete“. AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel habe den Wahlausgang ein „historisches Ergebnis“ für die Partei bezeichnet. AfD-Co-Vorsitzender Tino Chrupalla wurde von der BBC mit der Aussage zitiert: „Bei der Regierungsbildung könne man 10 bis 12 Millionen AfD-Wähler nicht ausschließen.“
Die einflussreiche britische Onlinezeitung „The Independent“ wies in ihrem Bericht darauf hin, dass die Bundestagswahl „in ganz Europa und in den Vereinigten Staaten genau beobachtet“ worden sei.
Die politisch links ausgerichtete britische Tageszeitung „The Guardian” konzentriert sich auf außenpolitische Aussagen von Merz am Wahlabend: „Die Welt da draußen wartet nicht auf uns und sie wartet auch nicht auf langatmige Koalitionsgespräche und -verhandlungen. Wir müssen jetzt wieder schnell handlungsfähig werden, damit wir im Inneren das Richtige tun können, dass wir in Europa wieder präsent sind, dass auf der Welt wahrgenommen wird: Deutschland wird wieder zuverlässig regiert.“
Die AfD wurde im „Guardian“ als „rechtsradikale“ Partei skizziert. Weidel kam zu Wort mit ihrer Prognose: Eine Dreier-Koalitionsregierung unter Merz sei „instabil“; sie werde vier Jahre nicht überleben. Die AfD steht nach Auffassung der britischen Zeitung „in den Startlöchern“.
Polnische Zeitung glaubt nicht, dass AfD isoliert bleibt
„Friedrich Merz gewinnt die Bundestagswahl. Allerdings riecht das Land nach Weimar“, titelt die größte seriöse polnische Zeitung „Gazeta Wyborcza“.
„Viel hängt davon ab, […] wie Merz in Europa regieren wird. Ein schwaches Deutschland bedeutet eine schwache Europäische Union. Und genau darauf setzen Putin und Trump.“
Die polnische Zeitung „Rzeczpospolita“ schreibt: „Die SPD wurde vor allem […] wegen wirtschaftlicher Probleme abgestraft“. Die CDU/CSU „kann nun jene Koalitionspartner aus dem linken Mainstream wählen, die ihr [am besten] für die Trump-Ära passen. […] Merz rückte die CDU vor allem in Einwanderungsfragen erneut nach rechts. Doch nun muss er sich mit den linken Gruppierungen auseinandersetzen, die auch Teil der aktuellen Regierung des sozialdemokratischen Kanzlers Olaf Scholz waren.“
Über die AfD als „Zweitplatzierten“ sinniert das polnische Blatt: Das Wahlergebnis sei „ein großer Sprung“ für die AfD, aber es „belässt sie in der Opposition, umgeben von einem Sicherheitskordon“. Allerdings schreibt „Rzeczpospolita“, dass dieser Kordon um die AfD „nicht dicht“ sei. Dies habe die Abstimmung zu Migrationsfragen kürzlich im Bundestag bewiesen.
Und die polnische Zeitung verwies darauf, dass die AfD „auch als Favoritin der neuen amerikanischen Regierung“ angetreten sei. „Zum ersten Mal hatten Amerika und Russland bei den deutschen Wahlen denselben Favoriten“, stellt „Rzeczpospolita“ fest und gab sich besorgt über die Regierungsbildung in Berlin: „Das Schließen einer Koalition dauert in Deutschland in der Regel mehrere Monate. Und das gerade jetzt bei den Aktionen von Donald Trump. Dies könnten entscheidende Monate für die Zukunft Europas werden.“
Italien: „Gut gemacht, Alice Weidel“
„Corriere della Sera“, die meistgelesene italienische Tageszeitung, widmet der Bundestagswahl mehrere ausführliche Artikel mit Grafiken über das Wahlergebnis sowie Ergebnisse der deutschen Wahlkreise.
Ein Beitrag befasst sich mit der Reaktion der italienischen Politik auf das deutsche Wahlergebnis. So schreibt das Blatt: „Die 20 Prozent weit rechts lassen das Herz des [stellvertretenden italienischen Premierministers] Matteo Salvini höher schlagen“. Salvini, Vorsitzender der konservativen Partei Lega, wird mit den Worten zitiert: „Der Wandel siegt auch in Deutschland! AfD verdoppelt ihre Stimmen trotz Angriffen und Lügen von links: Schluss mit illegaler Einwanderung und islamischem Fanatismus, genug mit Öko-Wahnsinn, Vorrang für Frieden und Arbeit, Europa muss sich radikal verändern.“ Und: „Gut gemacht, Alice Weidel, weiter so!“
Der italienische Außenminister Antonio Tajani wird hingegen zitiert mit der Aussage: „Die CDU/CSU hat gewonnen: Die Volkspartei wird an der Spitze der neuen deutschen Regierung stehen“ und „der Siegestrend der EVP-Parteien hält an“. Ziel müsse es sein, dass Europa „politisch, wirtschaftlich und militärisch zu einer Einheit wird. […] Das können wir gemeinsam mit Deutschland unter einer Führung von Merz schaffen.“ Seine Partei Forza Italia, die von Berlusconi gegründet wurde, sei „zur Zusammenarbeit bereit.“
Spanien: „El País“ mit 15 Artikel zur Wahl
Auch die spanischen Zeitungen berichten breit und ausführlich über die Bundestagswahl. Das spanische Leitmedium „El País“ veröffentlicht am Wahltag dazu über ein Dutzend Onlineartikel und zahlreiche Videobeiträge und sei hier stellvertretend zitiert. Den Wahlsieg von Merz bezeichnet „El País“ als bittersüß, da er unter 30 Prozent lag.
Und weiter: „Die beiden großen deutschen Parteien CDU und SPD wurden von den Wählern abgestraft. Zwar haben die Konservativen der CDU die Wahlen zum Kanzleramt in Deutschland gewonnen, aber es war nicht der umfassende Sieg, den sie erwartet hatten. Sie haben nicht einmal 30 Prozent der Stimmen erreicht und 830.000 Wähler verloren, die für die extreme Rechte gestimmt haben. Ihr Parteiführer Friedrich Merz hat nicht ganz überzeugt.“ Er habe sich 20 Jahre lang aus der Politik zurückgezogen. Und es sei nicht bekannt, ob er ein guter Bundeskanzler werden wird. Die hohe Wahlbeteiligung von 84 Prozent spiegele indes das Bedürfnis der Bürger nach einer stabilen, vertrauenswürdigen Regierung wider.
Die als links-liberal einzustufende Zeitung zitiert Weidel mit den Worten, dass sie „den Willen des Volkes, den Willen Deutschlands“ erfüllen wolle, als sie am Wahlabend ihre Bereitschaft erklärte, sich an der Regierungsbildung zu beteiligen. Die Zeitung erklärt ihren Lesern, dass die AfD „im Januar 2024 mehr als 1 Million empörte Menschen gegen sich auf die Straße brachte, als ein dunkles Projekt durchsickerte, das von Massenabschiebungen von Migranten – und sogar Deutschen ausländischer Herkunft – sprach“. Nun habe sie aber „etwas erreicht, was vor ein paar Jahren noch wie ein Hirngespinst ausgesehen hätte: Sie ist die zweitgrößte Partei im Bundestag geworden. Dies sei in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht vorgekommen.
Türkische Nachrichtenagentur bleibt neutral
Die türkische Nachrichtenagentur „Anadolu“ konzentriert sich auf die Absage von Merz, mit der AfD eine Koalition zu bilden, und zitiert aus einem Interview, das Merz am Wahlabend dem ZDF gegeben hatte. „Anadolu“ gibt Merz mit den Worten wieder: Die AfD habe hinsichtlich der Ukraine kein einziges kritisches Wort über Russland verloren. Der CDU-Chef sei bestrebt, eine schnelle Regierungsbildung herbeizuführen.
Australien: Skepsis über Merz
Auch in Australien haben seit den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im vergangenen Jahr deutsche Wahlen sichtlich an Interesse gewonnen. Im Vorfeld berichtet etwa die beiden öffentlich-rechtlichen Sender „Australian Broadcasting Corporation“ (ABC News) und „Special Broadcasting Service“ (SBS) kritisch über Themen im deutschen Wahlkampf, die mit der AfD in Verbindung gebracht werden. Die Schlagzeilen lauten „Deutsche Flüchtlinge sind verunsichert, während die AfD im Vorfeld der Wahlen auf dem Vormarsch ist“ (ABC) und „Die Wirtschaft und die rechtsextremen Ansichten der AfD gehören zu den Schlüsselthemen“.
Die weitreichenstarke private australische Onlinezeitung „news.com.au“ konzentriert sich in einer ersten Reaktion auf das Wahlergebnis nahezu gänzlich auf Merz: „Deutschlands Wahlsieger Friedrich Merz hat geschworen, die größte Volkswirtschaft Europas zu regieren, indem er zu den konservativen Wurzeln seiner christdemokratischen Partei zurückkehrt, die Beschränkungen für Unternehmen lockert und hart gegen irreguläre Einwanderung vorgeht.“
Merz wird mithilfe der weltweit bekannten einstigen Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärt. Dabei zeichnet das Onlinemedium kein positives Bild von ihm: Er gehöre derselben Partei an wie Merkel, habe mit ihr in früheren Jahren rivalisiert und habe nun „ihre Politik der offenen Tür für Einwanderer angegriffen und ihren Zorn auf sich gezogen für die Annahme der Unterstützung der rechtsextremen AfD in einer strittigen Abstimmung im Parlament“.
Durch seine Tätigkeit beim Vermögensverwalter BlackRock sei er Millionär geworden. Über Führungserfahrung in der Regierung verfüge er indes nicht. Der Artikel weiter: „Dennoch versucht der kämpferische Redner, eine staatsmännische Persönlichkeit zu vermitteln“. Zudem habe Merz „zum Ausdruck gebracht, dass er mit dem launischen US-Präsidenten Donald Trump klarkommen wird, den er als ‚vorhersehbar unberechenbar‘ bezeichnet hat“.
Führungsrolle erwartet
Der ungewöhnlich breiten und intensiven Berichterstattung weltweit lässt sich entnehmen, welche Bedeutung Deutschland für Europa, möglicherweise sogar in der Welt beigemessen wird. Erst wenn man die Fülle an Reaktionen und das enorm hohe Aufkommen an Presseberichten in der ganzen Welt sieht, kann man ungefähr ermessen, dass die Wahrnehmung deutscher Politik im Ausland um ein Vielfaches höher ist, als hierzulande wahrgenommen wird.
Ob es die Deutschen mögen oder nicht: Was in Berlin politisch entschieden wird, hat Auswirkungen, die in der deutschen Bevölkerung oft unterschätzt werden. Viele Staaten erwarten von Deutschland eine echte Führungsrolle – zumindest in Europa.
Zum Autor:
Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C. und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für die Epoch Times.
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