Elon Musk: „Hitlergruß“ oder „schmutzige Tricks“?
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Die ganze Welt schaut nach Amerika und die beginnenden politischen Veränderungen mit der Amtsübernahme von Präsident Donald Trump. Insbesondere Elon Musk polarisiert aufgrund seiner vielseitigen Äußerungen zu allen möglichen Themen. Wen verwundert es, dass auf jedes Wort und jede Geste des X-Chefs und Trump-Beraters peinlichst genau geachtet wird. So auch in diesem Fall.
Die Geste von „Mein Herz fliegt euch zu“
Es war ein aufsehenerregendes Ereignis, als der südafrikanisch-kanadische US-Milliardär in einer Dankesrede im Rahmen der Feierlichkeiten zu Donald Trumps Amtseinführung am 20. Januar einen sogenannten „Hitlergruß“ gezeigt haben soll. Nachdem die Bilder um die Welt gegangen waren und reichlich Empörung generiert hatten, reagierte Musk auf X und wies die Kritik zurück: „Ehrlich gesagt, sie brauchen bessere schmutzige Tricks. Der ‚Jeder ist Hitler‘-Angriff ist sooo abgedroschen.“
Während manche politischen Akteure einen Hitlergruß gesehen haben wollen, sind zahlreiche Medien in Europa zurückhaltender, auch in Deutschland. Der WDR schildert beispielsweise den Moment so: Musk habe sich bei den Zuhörern bedankt und dann „ruckartig seine rechte Hand auf seine linke Brust“ gelegt, um diese „direkt danach mit gestrecktem Arm vor sich in die Luft zu recken“. Anschließend habe Musk gesagt: „My heart goes out to you“, was frei übersetzt ungefähr bedeute: „Ich bin mit dem Herzen bei euch.“ Eine andere Übersetzung bringt der „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Mein Herz fliegt euch zu.“ Den Angaben des WDR zufolge sei die Geste von manchen im Netz als Hitlergruß gewertet worden. „Andere – darunter auch Musk-Kritiker – halten das für Unsinn“, fügte der öffentlich-rechtliche Sender einschränkend hinzu. Der Politikwissenschaftler Peter R. Neumann wird zitiert: „Ich glaube nicht, dass es ein Hitlergruß war oder so gemeint wurde. Der Kontext suggeriert etwas anderes.“
Ungeschnitten: Das Musk-Video
Und genau hier scheiden sich auch die Geister. Der Kontext – und, wie viele anführen – der Autismus von Musk bringt eine weitere zu beachtende Ebene in den Fall. Denn dies hat mit der Frage zu tun, ob es einen rechtsextremen Vorsatz in der Handbewegung von Musk gab.
Manche Medien oder Nutzer in den sozialen Medien ließen den Kontext einfach weg, indem sie nur ein Bildschirmfoto und eine Sekunde des Videos der kritisierten Handbewegung zeigten. Doch das Video ist auch in voller Länge im Netz verfügbar.
Hier das ganze Vier-Minuten-Video der emotionalen Dankesrede von Elon Musk an die Trump-Anhänger in der Capital One Arena in Washington, D.C.:
🚨NEW: Elon Musk speaks at the Presidential Parade. „We are going to plant an American flag on MARS. GET EXCITED! Be optimistic!“ 🔥 pic.twitter.com/5GKGRYoeFi
— Autism Capital 🧩 (@AutismCapital) January 20, 2025
Was deutsche Regierungsvertreter sagen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei laut „Kölner Stadt-Anzeiger“ beim WEF in Davos aus dem Publikum heraus nach der Musk-Geste gefragt worden und habe geantwortet: „Wir haben Meinungsfreiheit in Europa und in Deutschland. Jeder kann sagen, was er will, auch wenn er ein Milliardär ist. Und was wir nicht akzeptieren, ist, wenn damit rechtsextreme Positionen unterstützt werden.“ Reaktionen darauf, unter anderem von deutschen Rechtswissenschaftlern, verweisen Scholz mit dieser Aussage an eine anderslautende „klare Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“, während Musk – in seiner ganz eigenen Art – des Bundeskanzlers Aussage in Davos wie folgt kommentierte: „Shame on Oaf Schitz!“
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nahm sich auf X der Sache an: „[…] eine solche Geste mit seiner bereits bekannten Nähe zu Rechtspopulisten in faschistischer Tradition muss jeden Demokraten besorgen.“ Dann fügte Lauterbach einen Teil des Clips an – und wurde prompt kritisiert: „Warum verbreiten Sie einen verkürzten Clip und lassen den Part weg, wo er sagt ‚My heart goes out to you‘?“
Verschiedene Sichtweisen
In den USA schreibt das zum Springer-Verlag gehörende US-Nachrichtenportal „Politico“ unter der Schlagzeile „Politiker und Medien ziehen über den wichtigsten Berater von US-Präsident Donald Trump her“: „Europas Linke überstürzten sich am Dienstag, um Elon Musk zu verurteilen.“
Die französische EU-Abgeordnete und Co-Vorsitzende der Linksfraktion im EU-Parlament, Manon Aubry, habe auf einer Pressekonferenz gesagt: „Lassen Sie uns zunächst die Dinge einfach halten. Ich bin sicher, jeder hat den Nazigruß gesehen. Ich wähle diese Worte mit Bedacht aus: den Nazigruß von Elon Musk.“
Weiter schreibt das Medium, dass Musks Anhänger die Geste jedoch verteidigten und darauf zurückgeführt hätten, dass Elon Musk „autistisch“ sei. Auch der Vertreter des Milliardärs in Italien erklärte demnach: „Elon mag Extremisten nicht!“ Die Geste, die manche für einen Nazigruß gehalten hätten, sei „einfach nur der Ausdruck des Autisten Elon, der seine Gefühle mit den Worten ‚Ich möchte Dir mein Herz schenken‘ ausdrückt“.
Im Jahr 2021 gab der Tech-Unternehmer bekannt, dass er am Asperger-Syndrom leidet, einer Krankheit, die heute unter dem Begriff Autismus-Spektrum-Störung zusammengefasst wird.
Der deutsche „NIUS“-Reporter Julius Böhm kommentierte die Kritik an Musks Handgeste so: „Einem socially awkward Autisten im Freudenrausch zu unterstellen, den Hitlergruß zu zeigen, während er ‚My Heart goes out to you‘ ruft, ist deutlich näher an Behindertenfeindlichkeit aka. „Ableismus“ als die USA & @elonmusk am vierten Reich. Deutlich.“
Die „Jüdische Rundschau“ in Deutschland gibt ihre eigene Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen Musk auf X ab: „Nur Idioten glauben, das sei der Nazigruß gewesen.“
Andere, wie der jüdische US-amerikanische Studentenführer Eyal Yakoby erinnerten an Musks letztjährige Auschwitz- und Israel-Reise mit dem US-Kommentator Ben Shapiro, „um mehr über den Holocaust und die jüdische Geschichte zu erfahren“.
„Wer ihn als Nazi darstellen wolle, führe die Öffentlichkeit bewusst in die Irre. Es war eine dumme Handbewegung, kein absichtlicher Nazigruß.“
Elon Musk just last year traveled with Ben Shapiro to Auschwitz and then Israel to learn about the Holocaust and Jewish history.
Anyone trying to portray him as a Nazi is intentionally misleading the public. It was a stupid hand gesture, not an intentional Nazi salute. pic.twitter.com/rUOZ0HWHNR
— Eyal Yakoby (@EYakoby) January 20, 2025
Ein halbernster Interpretationsversuch kommt angeblich von einem Tesla-Ingenieur, welcher „mathematisch präzise nach[weist], warum es sich bei Elon Musks Geste nicht um den N*zi-Gruß handelt.“
— Künstliche Intelligenz (@1234Fit) January 22, 2025
Beginnt hier ein politischer Klassenkampf?
In Deutschland fordert bereits die Linke von der Bundesregierung, eine Einreisesperre gegen den Milliardär zu verhängen. Laut der Nachrichtenagentur dts sagte deren Bundesgeschäftsführer Janis Ehling der „Rheinischen Post“ (Donnerstagausgabe): „Wer faschistische Symbolik nutzt, darf hier nicht willkommen sein.“
„Ein Einreiseverbot muss nun dringend geprüft werden“, so der führende Linken-Politiker. Mit der Geste von Musk sei „eine rote Linie“ überschritten worden. „Nur weil Milliardäre wie Musk offenbar glauben, alles zu dürfen, sollte dies nicht automatisch so hingenommen werden“, so Ehling.
Auf ihrer Website zur Bundestagswahl 2025 arbeitet die Linke bereits mit dem Handgestenfall in Klassenkampfmanier. So sagte demnach Linken-Co-Chef Jan van Aken: „Jeder Milliardär ist eine Gefahr für die Demokratie.“ Die Linke rät, das „Sharepic“ zu teilen und schlägt als Text dazu vor: „Es sollte keine Milliardäre geben.“
Meinungsmache oder Faktencheck?
Das nach eigenen Angaben „gemeinwohlorientierte Medienhaus“ „CORRECTIV“ ging in ihrem aktuellen Newsletter auch dieser Frage nach. Allerdings wurde das Thema weder in der Faktencheck-Rubrik von „CORRECTIV“ behandelt, noch ging Chefredakteurin Anette Dowideit im Newsletter auf Wahrheitssuche. Stattdessen beteiligte man sich an der Stimmungsmache:
„Liebe Leserinnen und Leser, als ich gestern am späten Abend noch einmal aufs Handy schaute, war in den sozialen Netzwerken die Empörung mal wieder groß. Diesmal aber, fand ich, zurecht: Bei der Antrittsfeier für Donald Trump hatte kurz zuvor Milliardär und X-Chef Elon Musk eine Rede gehalten, dabei hatte er wie aufgeputscht gewirkt. Und dann machte er diese Geste. Am besten schauen Sie einmal selbst, damit Sie wissen, wovon die Rede ist.“
„CORRECTIV“ sieht „ziemlich eindeutigen Hitlergruß“
Im Weiteren ging „CORRECTIV“ auf die vielen „vorsichtigen Versuche“ deutscher Nachrichtenseiten ein, die Geste zu interpretieren. Die „CORRECTIV“-Chefredakteurin erklärte den Newsletter-Lesern, wie man das richtig zu verstehen hat – und stellte sich gleichzeitig als Hassopfer dar:
„Dass die deutschen Medien so vorsichtig sind, mag damit zusammenhängen: Wenn man auf Musks eigener Plattform X schreibt, was man sieht (einen ziemlich eindeutigen Hitlergruß), dann bekommt man von den Leuten, die sich dort immer noch tummeln, ordentlich eins übergebraten. Auch ich bekam wieder mal jede Menge Hass- und Hetz-Kommentare ab, als ich dort den Video-Schnipsel teilte.“
Vielleicht hatten sich manche der besonders als „Fakten-Checker“ bekannten Plattformen mehr Neutralität erwartet. Doch „CORRECTIV“ geht noch weiter …
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„CORRECTIV-Newsletter zur Musk-Geste. Foto: Screenshot privat
Das Recherchekollektiv, das sich aus Spenden, Regierungsgeldern und Stiftungsmitteln und Aufträgen als Fakten-Checker auf Social Media finanziert, hat auch finanziell das Nachsehen angesichts der neuen Entwicklung in den sozialen Medien.
„CORRECTIV“ fragt im Newsletter nach dem Tumult um die Musk-Geste: „Aus diesem Anlass heute Thema des Tages: Braucht irgendwer noch X, oder kann das weg? Und die Frage an Sie, die Schwarm-Intelligenz: Soll ich meinen Account noch behalten oder löschen?“ Auch auf X wird das gepostet.
Musk: „Eine Plattform kann alles verändern.“
Im November 2024 hatte Musk zum Thema Zensur in den sozialen Medien gesagt: „Sobald ein Unternehmen aus der Reihe tanzt und bereit ist, auf seiner Plattform tatsächlich die Wahrheit zu diskutieren, zwingt es die anderen Plattformen, ehrlicher zu sein und nicht zu zensieren. Denn ihre Zensur wird eklatant offensichtlich.“
Elon Musk: One platform can change everything.
“As soon as any company steps out of line and is willing to actually have the truth debated on their platform, it forces the other platforms to be more truthful, to not censor.
Because their censorship becomes glaringly obvious.” pic.twitter.com/TUhiCpd6H8
— ELON CLIPS (@ElonClipsX) January 22, 2025
Zuckerberg: „Um Menschen eine Stimme zu geben“
Anfang Januar erklärte dann Meta-Chef Mark Zuckerberg das Ende der Fakten-Checker auf Facebook und Instagram zugunsten eines Community-Notes-Konzeptes, wie es Musk auf X favorisiert.
In einer Videobotschaft erklärte Zuckerberg, dass es zukünftig auf den Meta-Plattformen „einfachere Regeln“ und „weniger Restriktionen“ geben werde. Das Ziel sei es, „zu den Wurzeln der freien Meinungsäußerung“ zurückzukommen, so Zuckerberg, der rückblickend sagte: „Ich begann, soziale Medien aufzubauen, um den Menschen eine Stimme zu geben.“ Doch die Regierung und die etablierten Medien hätten immer mehr auf Zensur gedrängt.
BREAKING NIUS: Es ist eine historische Ansprache und ein Alptraum für das links-grüne Milieu! Mark Zuckerberg verkündet das Ende der Zensur und die Rückkehr der Meinungsfreiheit auf META, also bei Facebook und Insta. Die Faktenchecker (wie Correctiv und dpa) schmeißt Zuckerberg… pic.twitter.com/yq9fXXwTEX
— Julian Reichelt (@jreichelt) January 7, 2025
Über die Fakten-Checker sagte der Facebook-Chef, dass diese politisch zu voreingenommen gewesen seien und „mehr Vertrauen zerstört als gewonnen“ hätten. Die neuen Community-Faktenchecker sollen in unterschiedliche politische Lager eingeteilt werden, um Ausgewogenheit zu gewährleisten.
Zuckerberg hatte auch über den extremen Druck der Regierung Biden auf die Plattformen gesprochen, während der Corona-Zeit Inhalte zu zensieren und „Dinge zu entfernen, die wirklich wahr waren“, sagte Zuckerberg kürzlich in einem US-Interview.
Unterdessen zeigen Meta und X ihren guten Willen an einer engeren Zusammenarbeit mit der EU-Kommission im Kampf gegen echte Beleidigungen und Hassrede im Netz.
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