EZB bleibt auf Inflationskurs

Energiepreisschock und Güterknappheit treffen auf einen sehr großen „Euro-Geldmengenüberhang“ und genau das wird die Güterpreisinflation weiter antreiben. Zinserhöhungen sind dringend nötig, um die Preisinflation wirksam einzudämmen.
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Die Europäische Zentralbank hält an ihrem Inflationskurs fest.Foto: Nicolas Armer/dpa/dpa
Von 30. Oktober 2021

Am 28. Oktober 2021 hat der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) beschlossen, die Zinsen unverändert zu lassen: den Leitzins bei 0 Prozent, den Bankeneinlagenzins bei minus 0,5 Prozent.

Zugleich scheint der EZB-Rat eine vertrauensbildende Maßnahme ergreifen zu wollen: Er stellt in Aussicht, seine Anleihekäufe (unter dem „PEPP“) „moderat“ zu verringern; es sollen zwar weiter Anleihen gekauft und mit „aus dem Nichts“ geschaffenen Euro bezahlt werden, aber eben nicht mehr ganz so viele wie im zweiten und dritten Quartal 2021 geschehen.

EZB hält unbeirrt an ihrem Kurs fest

Der EZB-Rat ist sich vermutlich darüber im Klaren, dass die Inflationserwartungen an den Märkten mittlerweile in die Höhe schnellen und dass nun vor allem auch die Inflationserwartungen der Konsumenten stark in die Höhe steigen – die Zweifel an der Verlässlichkeit der EZB wachsen also. Um dem entgegenzuwirken, vermutlich also der Hinweis des EZB-Rates auf künftige geringere Anleihekäufe und Geldmengenvermehrungen.

Gleichzeitig wies EZB-Präsidentin Christine Lagarde Spekulationen über Zinserhöhungen für das Jahr 2022 zurück. Ein unübersehbares Signal, wohin die geldpolitische Reise, das Schicksal der Euro-Kaufkraft, tatsächlich geht.

Denn zusammengefasst ist festzustellen, dass der EZB-Rat unbeirrt an seinem Inflationskurs festhält. (Zur Erinnerung: Die jährliche Konsumpreisinflation in Deutschland wird im Oktober 2021 bei schätzungsweise 4,5 Prozent liegen – der harmonisierte Index deutet sogar auf 4,6 Prozent hin –, im Euroraum lag sie im September 2021 bei 3,4 Prozent, in Spanien im Oktober 2021 voraussichtlich bei 5,5 Prozent. Zudem ziehen die Häuserpreise stark an, beispielsweise sind sie in dritten Quartal 2021 in Deutschland um 13,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.)

Es wirken derzeit besondere und gewaltige „Kostenschubeffekte“ (aufgrund von hoher Knappheit bei Energie, Vorerzeugnissen, Transport, Logistik etc.), die sich in steigenden Jahresänderungsraten der Preisindices zeigen.

Das eigentliche Problem

Das eigentliche Problem ist jedoch, dass die preistreibenden Angebots- und Nachfrageeffekte auf einen sehr hohen „Euro-Geldmengenüberhang“ treffen: Seit Anfang 2020 ist die Euro-Geldmenge M3 dank der EZB um etwa 17 Prozent angestiegen, während die nominale Wirtschaftsleistung nahezu unverändert geblieben ist. Zudem wächst die Geldmenge M3 weiter stark an.

Im September 2021 stieg M3 zwar mit 7,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr etwas weniger als im Monat August (+7,9 Prozent), doch die dreimonatsdurchschnittliche, auf das Jahr hochgerechnete Rate war mit 6,8 Prozent (nach 6,4 Prozent im Vormonat) immer noch sehr hoch. Vor dem Hintergrund des bereits aufgelaufenen Geldmengenüberhangs dürfte das folglich die Preisinflation weiter antreiben – wenn die EZB nicht die Zinsen anhebt.

Doch ein Umdenken, eine baldige Abkehr von der inflationären Geldpolitik ist leider nicht in Sicht. Vor allem auch deshalb nicht, weil die Politik des sich verschuldenden und ausgabefreudigen Staates wieder en vogue ist, und eine erhöhte Preisinflation kommt manchen Regierungen sogar zupass: Sie verringert die Staatsschulden in realer Rechnung und treibt einen konjunkturellen Scheinaufschwung an.

Die Kosten werden ausgeblendet

Die Kosten der Inflation – steigende Staatsausgaben, politisch-soziale Spannungen etc. – werden dabei geflissentlich ausgeblendet (oder vielleicht sogar wissentlich in Kauf genommen).

In einem Umfeld weiter negativer Realzinsen und erhöhter Güterpreisinflation verursacht das Halten von Euro-Geld, von Bankguthaben, von Geldmarktfonds und Rentenpapieren Verluste; auf tröstende, beschwichtigende Worte, die Preisinflation werde in 2022 schon wieder nachlassen, sollte man sich nicht verlassen.

Eine Möglichkeit, dem geldpolitisch verursachten Euro-Kaufkraftschwund zu entgehen, ist für langfristig orientierte Anleger das Halten von physischem Gold und Silber. Wer einen Anlagehorizont von 3, 5 oder mehr Jahren hat, für den sind die aktuellen Preise sogar eine attraktive Einstiegsgelegenheit, wie wir meinen.

Auch die Kurse auf den Aktienmärkten werden angesichts der weitergehenden Geldflutung durch die Zentralbanken vermutlich noch weiter in die Höhe getrieben.

Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt und Ökonom bei der Degussa. Hier weitere Informationen: Degussa-Goldhandel.de



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