Corona-Trommlerin freigesprochen: Richterin sieht Bestrafungsaktion durch Berliner Polizisten
Mit einem Freispruch endete heute der Gerichtsprozess einer bayerischen Trommlerin aus Landshut vor dem Berliner Amtsgericht. Der Angeklagten Renate K., wurde zuvor von der Berliner Staatsanwaltschaft vorgeworfen, während einer coronamaßnahmenkritischen Versammlung in Berlin einen Polizisten mit ihren Trommelstöcken tätlich angegriffen zu haben.
Zudem soll sie bei ihrer Festnahme Widerstand geleistet haben.
Die Berliner Staatsanwaltschaft forderte daher eine Strafe von 100 Tagessätzen zu 30 Euro (3.000 Euro) und stellte einen Strafbefehl gegen die 50-jährige Gärtnerin aus. Sie ist Teil der sogenannten Bayerischen Freiheitstrommler. Die Trommelgruppe begleitete während der Corona-Zeit Versammlungen regelmäßig mit ihren Samba-Rhythmen musikalisch.
Bei einer Verurteilung ab 90 Tagessätzen gilt man als vorbestraft.
Richterin sieht Bestrafungsaktion durch Polizeibeamten
Richterin Barbara Lüders vom Amtsgericht Berlin wählte deutliche Worte bei ihrer Urteilsbegründung. Der Freispruch erfolgte in einem Gerichtssaal, der bis auf den letzten Platz besetzt war. Die Pressesitzbank hingegen blieb weitestgehend leer.
„Ein tätlicher Angriff hat so nicht stattgefunden“, verkündete die Richterin; das habe das Video gezeigt. Dabei sei in ihren Augen auch eindeutig, dass das Video die im Polizeibericht angegebene Szene zeige.
„Es gab nichts, was irgendwie missverständlich war“, so Lüders.
Damit sei auch die von dem Zugführer der Berliner Polizei im Anschluss eingeleitete Festnahme der Trommlerin zur Identitätsfeststellung rechtswidrig gewesen.
Es habe für den Polizisten keinerlei Ermächtigungsgrundlage vorgelegen, sie festzunehmen. In ihren Augen war es vielmehr eine „Bestrafungsaktion“ durch den Polizeibeamten K. der als Zugführer „die Schnauze vom Trommeln voll hatte“.
Scharf wandte sie sich auch an die Staatsanwaltschaft und verneinte ein Vorliegen des Paragrafen 113 Strafgesetzbuch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Auf diesen berief sich die Staatsanwaltschaft.
Denn sie sehe eine rechtswidrige Maßnahme: „Der Bürger soll sich auch gegen so etwas wehren“, erklärt die Richterin weiter.
In Absatz 3 des Paragrafen heißt es: „Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.“
Polizist hält Trommelstock fest
Hintergrund: Am 9. September 2022 gab es eine bei der Berliner Polizei angezeigte Versammlung auf dem Platz der Republik direkt vor dem Reichstagsgebäude nahe dem Kanzleramt mit Kritik an den Corona-Maßnahmen.
Die Bayerischen Freiheitstrommler waren zur Teilnahme angereist und vorbei am Brandenburger Tor auf dem Weg zum Versammlungsort.
Auf dem Weg spielten Männer wie Frauen allesamt in bayerischer Tracht zum Aufwärmen und Einüben auf ihren Trommeln.
Dabei wurden sie bereits durch Berliner Polizisten angesprochen.
Laut dem damaligen Polizei-Zugführer K., der als Zeuge geladen war, erhielt er den Auftrag, die Trommelgruppe zum Versammlungsort zu „begleiten“. Wer ihm den Auftrag gab, sagte er nicht.
Er sprach von zivilen Polizeikräften, die an dem Tag unterwegs waren. Und dass ihm gemeldet wurde, eine uniformierte Gruppe sei mit Trommeln marschierend unterwegs.
Er forderte Renate K. auf, das Trommeln zu unterlassen, da sich die Gruppe noch nicht auf der Versammlungsfläche befinde.
Dem folgte Renate K.
Im Video, das als Beweismittel mehrfach im Gerichtssaal abgespielt wurde, hört man, als die Gruppe den Platz der Republik betrat, eine Stimme fragen: „Jetzt sind wir doch auf der Versammlungsfläche?“
Eine Frau in einem grünen Pullover bestätigt dies zeigend auf einen Polizisten mit den Worten: „Er hat dies bestätigt.“
Die Gruppe und auch Renate K. fangen wieder an zu spielen.
Daraufhin tritt K. von hinten an Renate K. heran und hält einen ihrer Trommelstöcke fest.
Er sagt dabei: „Sie hören jetzt auf, ansonsten werden wir Zwangsmaßnahmen durchführen.“ Es gibt einen kurzen Wortwechsel zwischen beiden. Dann zieht Renate K. ihren Trommelstock aus der Hand des Polizisten und geht weiter. Sie sagt danach laut: „Ich fühle mich von dem Herrn massiv bedroht. Er will mir keinen Namen angeben und mir keinen Grund angeben, warum ich nicht spielen darf.“
Laut Aussage von K. soll sie allerdings in dieser Situation die Trommelstöcke hochgerissen und ihm dann auf den Unterarm geschlagen haben.
Zugführer ordnet Festnahme an
K. geht dann zu einem Polizeigruppenführer und weist eine Festnahme von Renate K. zur Identitätsfeststellung an. Dies bestätigt der Polizist im Zeugenstand.
Die Trommlerin bekommt dies mit und versucht den Polizisten, die sich ihr dann von mehreren Seiten nähern, auszuweichen.
Schließlich wird sie eingekreist und festgehalten.
Während der Gruppenführer sie am linken Oberarm festhält, wendet Zugführer K. bei der rechten Hand den schmerzhaften Beugegriff bei Renate K. an. Dabei wird das Handgelenk nach vorn überbeugt.
Renate K. schreit vor Schmerzen auf und wird zum Ort für die Personalienaufnahme abgeführt. Schließlich werden ihr die Trommelstöcke abgenommen, ihr werden Handschellen angelegt. Ihre Handtasche wird gegen ihren Willen auf Personalien durchsucht.
Sie fragt dabei immer wieder nach einer Rechtsgrundlage für die Maßnahme.
Schließlich wird sie nach eigenen Angaben in einen Polizei-Lkw gebracht, mit kleinen Zellen, in den sie für 20 Minuten eingesperrt wird.
Danach wird ihr ein Polizeibericht übergeben. Sie bekommt ihre Handtasche und ihre Trommel wieder und wird aus der Polizeimaßnahme entlassen. Die Trommelstöcke werden als Beweisstücke einbehalten, berichtet sie.
Im Polizeibericht, der Epoch Times vorliegt, heißt es, sie habe mit den Trommelstöcken in Richtung des Polizeihauptkommissars K. geschlagen und bei der Festnahme Widerstand geleistet. Sie wollte daraufhin mit den betroffenen Polizisten sprechen, jedoch hieß es durch die Polizei, „die wären jetzt schon weg“. So ihre Schilderungen vor Gericht.
Die von der Verteidigung geladenen Zeugen sprechen bei ihrer Befragung im Gericht von „Polizeigewalt“ gegenüber Renate K. Sie waren über die „Härte“ verwundert, mit der die Polizisten „brutal“ gegen die Angeklagte vorgingen.
Keiner habe etwas von einem Schlag oder Angriff gesehen, den Renate K. gegenüber Polizist K. ausgeführt haben soll. Hingegen sahen sie, wie der Polizist die Angeklagte bedrängt hätte.
Verteidiger froh über Videobeweis
Auch Verteidiger Gregor Samimi (59) zeigt sich erschüttert über das Verhalten der Berliner Polizei und ist froh, dass ein Beweisvideo aufgetaucht ist, das seiner Mandantin zum Freispruch verhalf: „Ohne den Videobeweis hätte die hohe Wahrscheinlichkeit bestanden, dass die Mandantin verurteilt worden wäre.“
Und weiter: Ihn mache als Anwalt nachdenklich, dass die betroffenen Polizeibeamten, obwohl sie ganz genau wüssten, dass sie von Kameras beobachtet würden, solche Anzeigen schreiben. Dann komme solch ein Strafverfahren in Gang und im schlimmsten Fall werde der Mandant erstinstanzlich dann vielleicht noch verurteilt.
„Das Landgericht muss sich die Arbeit machen und den Mandanten freisprechen“, so Samimi weiter.
Im jetzigen Fall allerdings habe die Vorsitzende Richterin erklärt, dass hier gar nichts geschehen sei.
Schulbuchmäßig habe die Richterin erklärt, dass der Bürger und in diesem Fall auch seine Mandantin das Recht haben, sich gegen willkürliche, rechtswidrige Maßnahmen zur Wehr zu setzen, führt er weiter aus.
„Aber in diesem Falle ist dies gar nicht geschehen. Da muss man der Mandantin noch ein Riesenkompliment machen, dass sie sich selbst gegen willkürliche Maßnahmen nicht gewehrt hat.“
Freigesprochene kündigt Rechtsmittel-Eingabe gegen Polizisten an
Gegen die Polizisten hatte Renate K. einen Strafantrag gestellt. Dieser wurde von der Staatsanwaltschaft abgewiesen. Und kurz danach habe sie trotz der Videobeweise, die jetzt zum Freispruch geführt haben, einen Strafbefehl über 3.000 Euro erhalten.
Sie kündigte an, erneut Rechtsmittel gegen den Zugführer K. einzulegen, sobald der Freispruch rechtskräftig ist.
K. hielt auch, nachdem ihm das Beweisvideo im Gerichtssaal gezeigt worden war, an seinem Vorwurf fest, dass er durch Renate K. tätlich angegriffen worden sei.
Die Staatsanwaltschaft ließ nach der Beweisaufnahme den Vorwurf des tätlichen Angriffs fallen, hielt aber weiter an dem Vorwurf der Widerstandshandlung durch Renate K. fest und forderte 50 Tagessätze zu 30 Euro.
Der Freispruch ist noch nicht rechtskräftig. Gegen ihn kann die Berliner Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegen.
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