Corona-Armband: Kieler entwickeln App-Ersatz für Menschen ohne Smartphone

In Kiel haben Forscher ein Corona-App-Armband entwickelt, das für Bürger ohne Smartphone einen Ersatz darstellen soll. Das Gesundheitsministerium will das Projekt mit 100.000 Euro fördern.
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Ältere Menschen sind Zielgruppe für das neue Corona-Armband, da sie oftmals nicht über ein Smartphone verfügen. Symbolbild.Foto: iStock
Von 24. November 2020

Die Corona-Warn-App der Bundesregierung, die im Juni mit großem Aufwand beworben wurde, hat bis dato nicht den Grad an Verbreitung gefunden, den das Kabinett sich gewünscht hatte. Einer der Gründe dafür ist, dass ältere Menschen und sozial Schwächere über kein Smartphone verfügen. In Kiel haben Forscher nun eine preisgünstige mögliche Alternative entwickelt: ein Armband mit ähnlichen Funktionen zur Kontaktprotokollierung wie die ursprüngliche App.

Über den Arbeiter-Samariter-Bund sollen nun Armbänder an ältere Menschen verteilt werden, damit möglichst noch im Dezember ein dreimonatiges Projekt dazu beginnen kann. Das Bundesgesundheitsministerium hat nach Angaben der „Welt“ im Oktober einen positiven Förderbescheid für ein Jahr über 100.000 Euro an die Universität in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt erteilt. Nun sollen bis zu 1.000 Armbänder getestet werden.

„Selbstschutz der Bürger fördern“

Wie die „Kieler Nachrichten“ berichten, hatte sich Informatikprofessor Olaf Landsiedel von der Christian-Albrechts-Universität mit Benjamin Walczak vom Bündnis gegen Altersarmut und dem Geschäftsführer des Internetproviders Addix, Björn Schwarze, zusammengefunden, um eine Alternative zu entwickeln, mit der man die Corona-Warnapp auch ohne Smartphone verwenden kann.

So will man einen Beitrag leisten, „die Pandemie einzudämmen und den Selbstschutz der Bürger zu verbessern“, erklärt Walczak. Da es möglich sei, das Armband bereits für maximal 35 Euro zur Verfügung zu stellen, müssten Menschen ohne oder mit älterem Mobiltelefon keine teuren neuen Geräte erwerben, um die App herunterzuladen. Mit Förderung sei es sogar möglich, die Armbänder noch zu einem deutlich günstigeren Preis abzugeben.

Neben älteren, behinderten oder sozial schwachen Mitbürgern könnten auch arbeitende Menschen mittels des Armbandes ihre Kontakte besser protokollieren. In vielen Unternehmen sei das Mitführen von Smartphones am Arbeitsplatz nicht gestattet – mit der Folge, dass Kontakte, zu denen es dort käme, durch die herkömmliche Corona-App unberücksichtigt blieben.

Armband funktioniert nach ähnlichem Prinzip wie App

Das Prinzip, nach dem das Armband funktioniere, sei ähnlich wie das der App. Um Kontakte zu protokollieren, werden über Bluetooth Zahlenfolgen ausgetauscht, die nachvollziehbar machen, welcher App-Nutzer sich wo und zu welcher Zeit in der Nähe des verwendeten Smartphones – oder künftig eben auch in der Nähe des Armband-Besitzers – befindet. Was Programmierung und Funktionen anbelangt, ist das Warn-Armband der offiziellen Corona-App nachgebildet und mit dieser kompatibel. Ein Smartphone, das mit der App ausgestattet ist, erkennt das Armband und umgekehrt.

Sollte einer der Nutzer angeben, dass er positiv auf COVID-19 getestet worden sei, würde das Armband dies unter Matching der zuvor generierten Zufallscodes über einen Server per Warnung an alle protokollierten Kontakte weitermelden.

Da das Armband allerdings nicht stetig mit dem Internet verbunden ist, sollten eigene Lesegeräte geschaffen werden, die an bestimmten öffentlichen Punkten – etwa beim Einkaufen oder beim Bäcker – über öffentliches WLAN einen Datenabgleich ermöglichten, erklärte Walczak. Zum anderen würden Daten ausgetauscht, sobald die Pfleger mit einem Diensthandy in der Nähe sind und darüber eine Internetverbindung herstellen.

Anders als bei der Corona-App könnten Nutzer des Armbandes nicht selbst mittels TAN oder QR-Code einen positiven Testbefund melden, sodass hier eine Kooperation mit dem Gesundheitsamt angebahnt werden müsse.

Pilotprojekt auf der Kieler Segelwoche

Regierungsbehörden begegnen dem Projekt mit Wohlwollen. Wie die „Welt“ berichtet, hat sich die Bundesregierung bereit erklärt, einen Probegalopp mit dem Bluetooth-Armband an bis zu 1.000 Probanden zu ermöglichen. Addix selbst testete einen Prototyp der App während der Kieler Segelwoche mit 800 Freiwilligen.

Ein aussagekräftiges Ergebnis erbrachte der Testlauf nicht, weil es keinen Corona-Fall gab, der es ermöglicht hätte, die Funktionsfähigkeit in Echtzeit zu testen. Die Kontaktverfolgung selbst habe aber funktioniert, hieß es vonseiten des Kieler IT-Unternehmens.

Corona-App von knapp 27 Prozent der Bevölkerung genutzt

Im Frühjahr hatte die Corona-App der Bundesregierung starken Gegenwind von Kritikern erfahren, die eine Aushöhlung des Datenschutzes befürchteten. Die Bundesregierung reagierte mit Nachbesserungen in diesem Bereich, die jedoch zu Lasten der Funktionalität der App gingen.

Um die Corona-Pandemie zu stoppen, müssten, so das Bundesgesundheitsministerium, etwa 60 Prozent der Bevölkerung die App nutzen. Erste Wirkungen seien bei einem Nutzungsgrad von 15 Prozent zu verzeichnen. Derzeit gehen Experten von 22 Millionen Downloads der App und einem Verbreitungsgrad von 26,9 Prozent aus.



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